Jedes Jahr schreibe ich einen Artikel unter der Überschrift „Nuts & Bolts“ bzw. „Das kleine Einmaleins“, der sich an Leser wendet, die Interesse daran haben, ihre eigenen Magic-Sets zu entwickeln (die anderen sechs Artikel liegen leider nur auf Englisch vor). Es handelt sich dabei um einen Blick hinter die Kulissen unseres Designvorgangs, der tendenziell eher auf die Erläuterung einiger praktischer Anwendungen abzielt. Selbst falls ihr keine eigenen Magic-Karten machen solltet, hoffe ich trotzdem, dass diese Reihe euch einen besseren Einblick dahingehend eröffnet, wie man im Design seine Ziele umsetzt. Fangen wir doch damit an, dass ich die bisherigen sechs Artikel zum „kleinen Einmaleins“ in aller Kürze noch einmal zusammenfasse.

Nuts & Bolts #1: Card Codes

Der erste Artikel befasste sich mit den Kartencodes, die wir zum Erstellen unserer Ordner verwenden. Er ging zwar sehr ins Detail, enthielt aber Informationen, die dringend erklärt werden mussten, damit man später weiter darauf aufbauen konnte.

Nuts & Bolts #2: Design Skeletons

Der zweite Artikel behandelt eines der wertvollsten Werkzeuge zum Erstellen eines Designordners – nämlich etwas, was als Designskelett bekannt ist.

Nuts & Bolts #3: Filling in the Design Skeleton

Der dritte Artikel erläutert, wie man das Skelett in Fleisch zu kleiden beginnt, indem man sich zunächst auf die häufigen Karten konzentriert.

Nuts & Bolts #4: Higher Rarities

Der vierte Artikel legt seinen Schwerpunkt dann auf die anderen Seltenheiten.

Nuts & Bolts #5: Initial Playtesting

Der fünfte Artikel handelte davon, wie man sein Set am besten am Spieltisch testet.

Nuts & Bolts #6: Iteration

Der sechste Artikel erläutert das Konzept der Iteration. Das ist der Prozess, mithilfe dessen man das Set mit der Zeit immer weiter verbessert.

Womit wir nun also bei diesem Artikel hier wären. Heute werde ich wieder einen kleinen Schritt zurück machen und über die übergeordnete Gesamtstruktur des Magic-Designs sprechen. Bei dem kompletten Prozess geht es im Grunde darum, das nackte Designskelett mit Karten zu versehen, Testpartien zu spielen und Iterationen durchzuziehen, doch nebenbei läuft ein noch größerer Prozess ab. Ich möchte den heutigen Artikel darauf verwenden, euch zu erklären, was dieser Prozess ist und wie er einem dabei helfen kann, sich darüber klar zu werden, wo man sich gerade in seinem Design befindet.

Die ganze Welt ist eine Bühne

Als vor einigen Jahren Mark Gottlieb unser Designmanager wurde, kam er zu mir und meinte, er wäre daran interessiert, den Designprozess in seine Einzelschritte herunterzubrechen. Um unser Team zu schulen und abteilungsfremden Leuten, die nichts mit Design am Hut haben, unsere Vorhaben präziser darlegen zu können, wollte er den Designprozess in Phasen gegliedert haben. Anstatt das Design einfach als riesige Blackbox zu akzeptieren, die am Ende eben irgendwelche Dinge ausspuckt, wollte er besser erklärt sehen, was wir machen und wie wir das anstellen.

Also setzten wir uns zusammen und ich ging mit ihm Schritt für Schritt durch, wie das Design eines Sets meiner Meinung nach funktioniert. Im Zuge unseres Gesprächs stellte sich heraus, dass es drei deutlich voneinander unterscheidbare, aber in etwa gleich lange Phasen gab: Wir bezeichnen sie inzwischen als die Visionsphase, die Integrationsphase und die Verfeinerungsphase. Da das Design eines großen Sets ungefähr ein Jahr dauert, ist jede dieser drei Phasen etwa vier Monate lang. Mein Ziel heute besteht darin, euch zu erklären, wie jede dieser drei Phasen funktioniert, welche Teile des Designs in ihnen jeweils stattfinden und welchen Einfluss jede Phase auf Änderungen des Kartenordners, Testpartien und Iterationen hat.

Abzan-Vorteil | Bild von Winona Nelson

Die Visionsphase

In dieser ersten Phase geht es darum, eine Vision für das Set zu entwickeln. Worum genau dreht sich das Set? Was sind seine Themen? Was sind seine Mechaniken? Welche emotionale Wirkung soll das Set entfalten? Welche Geschichte muss das Set untermauern? In dieser ersten Phase wird definiert, worauf das Set abzielt, und man arbeitet seine Struktur heraus, damit man die besten Grundsteine für den späteren Verlauf legen kann.

Bevor nun das eigentliche Design beginnt, machen wir vor vorher noch etwas, was wir Erkundungsdesign nennen. (Früher einmal nannten wir es noch Vorlaufsplanung und ihr könnt hier alles darüber lesen.) Beim Erkundungsdesign geht es nicht um das Finden von Antworten, sondern um das Stellen von Fragen. Es ist für uns wichtig, alle Beschränkungen zu kennen, die für uns gelten, sobald wir uns an ein Design machen. Das Erkundungsdesign verschafft uns den Luxus, die Probleme, die wir zu lösen haben werden, schon frühzeitig zu erkennen – lange bevor wir sie tatsächlich in Angriff nehmen müssen. Das Team fürs Erkundungsdesign liefert außerdem eine Menge Ideen, welche Mechaniken wir näher ausloten könnten. Daher starten wir auch nie ganz bei null, wie es die meisten von euch wahrscheinlich tun werden.

Diese Vision erfüllt sechs Ziele:

#1 – Sie gibt ein klares Ziel vor

Einem Designteam stehen zahlreiche Ressourcen zur Verfügung, doch wenn nicht alle Beteiligten an einem Strang ziehen, kann es vorkommen, dass viel Arbeit umsonst gemacht wird. Das erste Ziel der Vision besteht also darin, dass alle im Team sich in dieselbe Richtung bewegen. Dies gilt im Grunde nicht nur für das Designteam, sondern für das gesamte Unternehmen. Von den Kreativen und der Entwicklung über die IT-Leute und die Jungs vom Organized Play bis hin zum Marketing: Man will unbedingt, dass alle, die an dem Set beteiligt sind, auf das gleiche Ziel hinarbeiten.

#2 – Sie erzeugt Ideen

Mein Mantra lautet: „Grenzen fördern die Kreativität.“ Wenn man sein kreatives Potenzial voll ausschöpfen will, hilft es sehr, sein Hirn in seinen Gewohnheiten herauszufordern. Ein Großteil beim Erschaffen einer Vision dreht sich darum, neue Bereiche des eigenen Denkens auszuloten. Bei jedem Design ist eines meiner Ziele, dass das Designteam die neue Aufgabe in irgendeiner Art und Weise so angeht, wie wir sie bei früheren Designs noch nicht angegangen sind.

#3 – Sie legt fest, was wichtig ist

Wenn alles gleich wichtig ist, dann ist nichts wirklich wichtig. Eine Vision hilft dem Team dabei, Prioritäten zu setzen. Sie verrät dem Team, welche Richtung es einschlagen soll, wenn ihm mehrere Entscheidungspfade offenstehen.

#4 – Sie legt ein Fundament

Der schwerste Teil beim Bau eines Kartenhauses sind die ersten beiden Karten, da es nichts gibt, woran man sie anlehnen könnte. Mit dem Vorgeben einer Vision stellt man bildlich gesprochen seinem Team diese ersten beiden Karten auf, damit der Bau des Hauses beginnen kann.

Zu Zeiten gewirkt | Bild von Zoltan Boros & Gabor Szikszai

#5 – Sie spart Zeit

Vor Beginn eines Designs steht man vor unendlich vielen Möglichkeiten. Das kann ziemlich einschüchternd sein. Jede Entscheidung, die man anhand der Vision trifft, legt nicht nur eine Richtung fest, sondern schließt auch weite Bereiche des vorhandenen Designraums aus. Das ist in der Frühphase des Designs von entscheidender Bedeutung, da man so die Chance verringert, unfassbar viel Zeit mit Unnötigem zu vergeuden.

#6 – Sie schafft Vertrauen

Die Leute sind immer zufriedener, wenn derjenige, dem sie gerade hinterherlaufen, einen Plan hat. Es gibt ihnen die Zuversicht, dass die von ihnen aufgewendete Zeit und Energie am Ende nützlich und produktiv sein wird.


Schauen wir uns nun einmal an, wie diese Phase die verschiedenen Designkomponenten beeinflusst:

Kartenordner

Dies ist der Zeitpunkt im Design, an dem man alle häufigen und in der Regel auch alle nicht ganz so häufigen Karten macht. Das Ziel dieser Phase ist es, an einen Punkt zu kommen, an dem man mit den Testpartien beginnen kann – erst mit allen Commons, und dann kommen nach und nach die Uncommons dazu. Das ist auch die Phase, in der man herauszufinden beginnt, welche Mechaniken das Set haben wird. Am Ende dieser Phase ist zwar noch nichts komplett fertig, aber man hat sich üblicherweise bei der Hälfte der Mechaniken festgelegt, wenn nicht gar bei allen. Das soll nicht heißen, dass sie schon ihren endgültigen Zustand hätten, doch man weiß zumindest, wo man sich ungefähr bewegt.

Am Ende dieser Phase sollte man natürlich seine Vision haben: Man sollte wissen, wie das Thema aussieht, in welchem Bereich man in Sachen Spielmechanik unterwegs ist und wie die Grundstruktur beschaffen sein wird. Das heißt für gewöhnlich, dass man aus dieser Phase mit einem sehr gut ausdefinierten Designskelett herausgeht. Man hat zwar noch nicht seine ganzen seltenen und sagenhaft seltenen Karten gemacht (obwohl beim Erstellen der häufigen und nicht ganz so häufigen Karten auch welche der selteneren Karten entstanden sein dürften), aber man hat eine klare Vorstellung davon, was man in dieser Hinsicht brauchen wird.

Testpartien

Mit den Testpartien kann es losgehen, sobald man seine häufigen Karten ins Designskelett übertragen hat. Denkt daran: Viele der Karten, die ihr so früh erschafft, sind eher dazu da, Themen und Mechaniken auszutesten, was bedeutet, dass sie sich mit der Zeit noch dramatisch verändern werden. In dieser Phase finden Testpartien ungefähr alle zwei bis drei Wochen statt, mit teils umwälzenden Änderungen am Ordner zwischen den einzelnen Partien. Das ist die Zeit zum Experimentieren. Scheut nicht davor zurück, für eine Testpartie auch mal etwas völlig Irres auszuprobieren, um so mehr Informationen zu sammeln. Die Testpartien in dieser Phase sind nahezu ausnahmslos Sealed.

Außerdem empfehle ich an diesem Punkt, mehrfache Testpartien mit demselben Kartenordner durchzuführen. Das Ziel ist, jede einzelne Karte kennenzulernen, um herauszufinden, was alles funktioniert und was nicht. Vergesst nicht, von Testpartie zu Testpartie unterschiedlichen Farben und Themen den Vorzug zu geben. Hier geht es nicht ums Gewinnen, sondern darum, das Set in seiner Gesamtheit zu begreifen. Zu guter Letzt würde ich für die frühen Testpartien auch noch vorschlagen, etwas zu beachten, was wir „die Regel der Zwei“ nennen. Sofern ihr nicht gerade ein Thema austestet, das Duplikate braucht, solltet ihr nicht mit mehr als zwei Exemplaren einer Karte spielen, und wenn ihr euch zwischen dem zweiten Exemplar einer Karte und einer Karte, die ihr noch nie gespielt habt, entscheiden könnt, solltet ihr immer Letztere wählen.

Gründliches Überdenken | Bild von Anthony Francisco

Iteration

In dieser ersten Phase wollt ihr längere Iterationen mit großen Änderungen zwischen den einzelnen Testpartien. In diesen frühen Testpartien lernt ihr eine ganze Menge. Habt also keine Angst vor Änderungen, um alles, was ihr in Erfahrung gebracht habt, auch entsprechend umzusetzen. Meine einzige Warnung ist: Schüttet nicht das Kind mit dem Badewasser aus. Damit meine ich Folgendes: Nur weil manche Karten einer Mechanik oder eines Themas nicht funktionieren, heißt das nicht, dass die ganze Mechanik oder das komplette Thema gestrichen werden muss. Bei einem Großteil der frühen Iterationen geht es darum, herauszufinden, welche Aspekte einer Mechanik oder eines Themas bereits funktionieren, damit ihr mehr Karten in diesen Designraum verlagern könnt.

Bitte denkt daran, dass die R&D diese Phasen auf vier Monate begrenzt, weil wir mit einer Deadline arbeiten. Wir können uns den Luxus nicht leisten, Dinge auf die lange Bank zu schieben. Ihr schon. Bleibt unbedingt in der Visionsphase, bis ihr eure Vision habt. Falls ihr an diesem Punkt nicht so recht zum Ausdruck bringen könnt, worum es in eurem Set geht und was seine Hauptthemen bzw. -mechaniken sein sollen, seid ihr noch nicht dazu bereit, diese Phase hinter euch zu lassen. Wenn ihr euer Fundament nicht ordentlich anlegt, kann euch später die komplette Struktur eures Sets auseinanderfallen, was unermesslich viel schwerer wieder hinzubiegen ist.

Die Integrationsphase

Wo die Visionsphase das Wie festlegt, legt die Integrationsphase das Warum fest. In der Integrationsphase sieht man zum ersten Mal, wie sich die Dinge zusammenfügen – und zwar sowohl intern vom Design her als auch durch externe Faktoren, wenn man darüber nachzudenken beginnt, wie das Design wohl mit anderen Teilen der R&D und dem Rest von Wizards interagieren wird. Man verlässt die Visionsphase immer mit vielen unterschiedlichen Komponenten. Die Integrationsphase ist dazu da, herauszufinden, wie diese Komponenten sich ergänzen und was man noch dazutun oder weglassen muss, damit alles funktioniert.

Die Integration leistet Folgendes:

#1 – Sie prüft Mechaniken auf Herz und Nieren

Während der Visionsphase sucht man sich Mechaniken, die die Themen des Sets betonen. Während der Integrationsphase tüftelt man aus, wie diese Mechaniken genau funktionieren. In dieser mittleren Phase geht es nur darum, Dinge mithilfe des eigentlichen Spielens zu verbessern.

#2 – Sie schafft Verbindungen zwischen Komponenten

Beim Hinzufügen von Komponenten im Zuge der Visionsphase kümmert man sich größtenteils nur darum, dass diese Komponenten auch zur Vision passen. Während der Integrationsphase muss man auch anfangen, darüber nachzudenken, wie sie miteinander interagieren. Der Umstand, dass sie durch die Vision vereint werden, bedeutet in der Regel, dass schon eine gewisse inhärente Synergie zwischen ihnen existiert, doch das ist nicht immer zwingend der Fall. Die Integration zeigt euch entweder Wege auf, wie man die Komponenten zum Zusammenarbeiten bringt, oder ob eine oder mehrere von ihnen über die Klinge springen müssen.

#3 — Sie ergänzt das Set

Bei der Weiterentwicklung eures Sets werdet ihr irgendwann feststellen, dass es Lücken gibt. Mechaniken und Themen wechseln hin und her, wobei sie oft Löcher in eure Struktur reißen, die es zu stopfen gilt. Eine Menge des Materials, das während der Integrationsphase hinzugefügt wird, dient dazu, diese Bereiche auszufüllen.

#4 — Sie wirft unnötigen Ballast ab

Wenn ihr weiter mit eurem Set spielt, wird euch auffallen, dass manche Komponenten nichts Nützliches zum großen Ganzen beitragen und entfernt werden müssen. Oft handelt es sich bei diesen Elementen um Designs, die für sich allein betrachtet innerhalb eines Vakuums gut funktionieren, aber keine nennenswerte Funktion für das Set an sich erfüllen. Bringt eine Karte das Set als Ganzes nicht weiter, muss sie rausfliegen, ganz egal, wie gut ihr Design auch sein mag. Magic ist ein hungriges Monster. Für eine gut designte Karte gibt es sicher noch irgendwann in der Zukunft mehr als genug Platz.

#5 – Sie unterzieht Schwachstellen einem Stresstest

Bei der Integration geht es nicht nur darum, festzustellen, was in einem Set funktioniert, sondern auch darum, auszumachen, wo ein Set am verwundbarsten ist. Manchmal bedeutet dies die Beseitigung von Schwachstellen, aber da eben jedes Set seine Schwachstellen hat, liegt das Augenmerk üblicherweise eher darauf, sich zu überlegen, wie man das Set gerade trotz dieser Schwachstellen im Ordner zum Laufen bringt.

#6 — Sie wirft im Vorfeld ein Schlaglicht auf kommende Probleme

Bevor ein Set in Druck gehen kann, muss man es erst mit der Realität konfrontieren. Ein Teilaspekt der Integration besteht darin, sich mit anderen Abteilungen des Unternehmens kurzzuschließen, damit man deren Bedenken berücksichtigen kann, solange Änderungen noch einigermaßen leicht möglich sind. Beispielsweise bekomme ich während der Integrationsphase ein erstes, vorläufiges Okay, was die Regeln für neue Mechaniken anbelangt, sowie eine Rohversion der fertigen Karte. Wird diese eine Mechanik tatsächlich so funktionieren, wie ich das gerne hätte? Wie wortreich muss der Text auf der Karte ausfallen? Die Antworten auf diese Fragen haben einen gewaltigen Einfluss darauf, wie eine Mechanik am Ende beschaffen ist.


Untersuchen wir jetzt doch einmal rasch, wie sich diese Phase auf das Design auswirkt:

Temur-Runenzeichen | Bild von Ryan Alexander Lee

Kartenordner

Diese Phase beginnt mit allen häufigen Karten und einem Großteil oder gar allen der nicht ganz so häufigen Karten. Diese Phase endet mit einem kompletten Kartenordner. Das heißt nicht, dass es jede einzelne Karte auch unbeschadet durch die nächste Phase schaffen wird, aber der Ordner befindet sich nun in einem Zustand, in dem echte Testpartien möglich sind. In dieser Phase geht es um Nachbesserungen, weshalb sich der Ordner auch ständig ändern wird. Je weiter die Phase voranschreitet, desto mehr sollten diese Nachbesserungen kleine Korrekturen an Karten anstelle von kompletten Ersetzungen sein.

Am Ende dieser Phase habt ihr den ersten Rohentwurf eures vollständigen Ordners. Jede Karte sollte einen Zweck erfüllen und für eine Komponente stehen, die man unbedingt in seinem Set dabeihaben will. Es spricht absolut nichts dagegen, gewisse Notizen in eurem Ordner zu hinterlegen, falls ihr wisst, dass einige Elemente noch weiterer Nachbesserung bedürfen. Im Idealfall sind zum Ende der Integrationsphase alle Entscheidungen in Sachen Mechaniken gefällt.

Testpartien

Im Zuge dieser Phase finden Testpartien alle zwei bis drei Wochen statt, wobei tendenziell zwischen Limited und Constructed gewechselt wird. Im Constructed wird in der Regel erst dann gespielt, sobald man eine ausreichend große Zahl an seltenen Karten fertig hat. Das Spiel konzentriert sich hierbei auf den Deckbau innerhalb des Sets, mit einem Schwerpunkt auf dessen Themen. Der Grund, weshalb Constructed-Testpartien so wichtig sind, ist der, dass sie einem Lücken aufzeigen, die im Limited nicht weiter wichtig sind. Eine der besten Methoden, um Dinge zu finden, die im Ordner noch fehlen, ist das Bauen von Decks und dabei festzustellen, dass man noch einen wichtigen Baustein brauchen könnte, damit das Deck wie geplant spielbar wird.

Die Limited-Testpartien während dieser Phase beginnen zunächst als Sealed-Deck, doch in der zweiten Hälfte kann man dann zum Draft übergehen. Man will nicht draften, bis die Themen des Sets so fest zementiert sind, dass die Spieler sich dementsprechend für Karten entscheiden können. Draft-Testpartien sind ungemein wichtig, weil sie eure Themen einem Stresstest unterziehen und garantieren, dass das Spiel im Limited genügend Tiefe hat.

Iteration

Im Verlauf dieser Phase werden eure Änderungen zwischen den einzelnen Testpartien weniger werden. Das bedeutet nicht, dass keine großen Änderungen mehr möglich wären, sondern viel eher, dass ihr auf weniger Dinge stoßen werdet, die noch einmal großartig überarbeitet werden müssten. Da die Änderungen weniger werden und weil ihr mehr Formate zu testen habt, werden eure Testpartien häufiger werden.

Aus der Visionsphase wollt ihr mit einer Vision herausgehen. Die Integrationsphase wollt ihr mit einem vollständigen Set hinter euch lassen. Es ist noch nicht fertig, da ihr ja noch eine ganze Phase vor euch habt, aber es ist trotzdem die erste Rohfassung dessen, was ihr am Ende irgendwann drucken wollt.

Die Verfeinerungsphase

Ihr beginnt diese letzte Phase mit eurer ersten Rohfassung des vollständigen Ordners, den ihr vier Monate lang ständig überarbeitet. Ungefähr nach der Hälfte dieser Zeit beginnt das „Entwign“: Ab jetzt hält auch die Entwicklungsabteilung Meetings zu dem anstehenden Set ab und gibt den Designern umfangreiches Feedback. In dieser Phase geht es darum, viele kleine Änderungen vorzunehmen, um das Set auf die Übergabe an die Entwicklungsabteilung vorzubereiten.

Die Verfeinerung übernimmt folgende Hauptaufgaben:

#1 — Sie findet die beste Umsetzung

Zu Anfang des Designs ist das Ziel, das Set ganz grob dorthin zu bugsieren, wo man es gerne haben möchte. Mit der Verfeinerung bringt man das Set dann in seine optimale Position. Am Anfang des Designs geht es um Makromanagement, denn man stellt sich die ganz großen Fragen. Die Verfeinerung ist dementsprechend das Mikromanagement, bei dem man jede Entscheidung ganz genau unter der Lupe nimmt, um jeden noch so kleinen Spielraum für Verbesserungen zu entdecken.

#2 — Sie behebt Probleme

Die Metapher, die ich an dieser Stelle gerne anbringe, ist die Bildhauerei. Wenn man die Arbeit an einer Skulptur beginnt, steht man vor einem riesigen Felsklotz und damit vor der Aufgabe, alles davon wegzumeißeln, was nicht zum fertigen Kunstwerk gehört. Wir fuhrwerken ständig im unberührten Designraum herum, um Dinge zu tun, die Magic bislang noch nie getan hat. Und selbst wenn wir auf ältere Themen zurückgreifen, mischen wir sie mit anderen Themen als beim letzten Mal. Dies sorgt für eine Menge Chaos im System, und ein Teil der Aufgabe des Designs (und später auch der Entwicklung) besteht darin, dieses Chaos wieder zurechtzustutzen.

#3 — Sie feinjustiert die kreativen Verbindungen

Während des gesamten Designs kommuniziert unser Team mit den Entwicklern, doch zu Beginn werden da eher die übergeordneten Fragen besprochen. Zu dem Termin, da es an die Verfeinerung geht, ist es an der Zeit, sich mit konkreten kreativen Elementen zu befassen: Charakteren, Orten, Plotelementen. Zum Beispiel machen wir während dieser Phase unsere legendären Kreaturen oder Planeswalker (an denen dann noch häufig während der gesamten Entwicklung herumgetüftelt wird).

#4 — Sie nimmt letzte Änderungen vor

Beim Design geht es in vielerlei Hinsicht in erster Linie um das Ausloten von Grenzen und das Ausprobieren neuer Dinge. Man kommt jedoch zwangsläufig an einen Punkt, an dem man sich ein neues Element ganz nüchtern und ganz genau anschauen muss, um sich zu vergewissern, dass man es auch tatsächlich umsetzen kann. Wenn Geschichten über uns im Umlauf sind, dass wir etwas völlig Verrücktes ausprobieren wollten und es doch irgendwann bleiben lassen mussten, dann passiert Letzteres sehr häufig während der Verfeinerung. Bei der Verfeinerung nimmt man das Set genau ins Auge und vergewissert sich, dass man es auch tatsächlich wie geplant umsetzen kann.


Und so beeinflusst diese Phase das Design:

Kartenordner

Diese Phase beginnt mit der ersten Rohfassung des Designordners und schließt mit der endgültigen Fassung ab. Während dieser Phase räumen wir unseren Ordner auf und sorgen dafür, dass alles so läuft, wie es laufen soll. In den letzten Jahren ist die Designabteilung dazu übergegangen, einige der Karten, die gegen Ende des Designs rausfliegen, im Ordner zu lassen und als potenzielle 66er im Designskelett zu markieren. Auf diese Weise hat man ein bisschen Ersatz parat, falls die Entwicklung ein paar Karten eliminieren muss.

Testpartien

Während dieser Phase gibt es jede Woche Testpartien. Traditionell trifft sich ein Designteam zweimal die Woche, und das bedeutet, das wir bei einen Treffen Testpartien spielen und dann beim anderen Treffen die Ergebnisse diskutieren und die nötigen Änderungen am Ordner machen. Auftragen. Polieren. Und von vorn. Die Änderungen, die während dieser Phase anfallen, sind natürlich nicht mehr sehr gravierend, vor allem nicht, je näher wir dem Ende der Phase kommen. Hier nehmen wir kleinere Anpassungen wie Veränderungen der Manakosten oder der Stärke bzw. der Widerstandskraft vor. Es ist wichtig, dass in dieser Phase möglichst viele Leute von außerhalb des eigenen Designteams eigene Testpartien spielen. Sobald die Entwicklungsabteilung während des Entwigns einsteigt, schließt sie sich uns oft für wöchentlich stattfindende Testpartien an. Im Zuge dieser letzten Phase testen wir auch nach wie vor für Constructed und Limited (für Letzteres wird dann überwiegend nur noch gedraftet).

Belohnung der Ehre | Bild von Izzy

Iteration

In dieser Phase erfolgt die Iteration am raschesten, da sich die Dinge jede Woche ändern. Bei den Testpartien ist es üblich, dass jemand Notizen macht und genau festhält, wann und wie eine problematische Karte auftaucht. In dieser Phase interessiert uns vorrangig, wie individuelle Karten sich auf die Spielumgebung als Ganzes auswirken, und wenn man jetzt noch eine Karte ändert, muss man oft noch ein paar andere gleich mit ändern.

Und dann ist das Design einfach so vorbei (na schön, immerhin nach einem ganzen Jahr), und der Ordner geht an die Entwicklungsabteilung. Im Zuge dessen erstellt der Chefdesigner ein „Designphilosophie“-Dokument, um die Entwickler Schritt für Schritt durch die Vision zu führen und ihnen alle Entscheidungen zu erläutern, die ins Design eingeflossen sind.

„Spiel, Set und Sieg“

Ich hoffe, dank des heutigen Artikels habt ihr ein besseres Verständnis für die größeren Belange des Designs und durch welche unterschiedlichen Phasen es sich weiterentwickelt. Wie oben bereist erwähnt, solltet ihr euch bitte nicht sklavisch an diesen Ablaufplan unserer R&D halten. Wir haben neben wesentlich mehr Ressourcen und Erfahrung auch noch eine sehr strenge Deadline, um zu garantieren, dass wir die Dinge auch rechtzeitig geschafft kriegen.

Wie immer bin ich auf jede Form von Feedback gespannt, und zwar nicht nur zu diesem Artikel, sondern auch darüber, welche „Nuts & Bolts“-Artikel ihr in Zukunft gerne sehen würdet. Ihr könnt mir eine E-Mail schreiben oder mir über eines meiner Social-Media-Profile (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram) antworten.

Seid auch nächstes Mal wieder dabei, wenn es dann Drachen gibt.

Möget ihr bis dahin beim Erschaffen eurer eigenen Sets genau so viel Spaß haben wie wir beim Erschaffen unserer.

„Drive to Work #212 – Technology“

In diesem Podcast geht es um die technischen Mittel, die die Designabteilung (und der Rest der R&D) zum Einsatz bringt, um ihre Arbeit zu machen.

„Drive to Work #213 – 10 Things Every Game Needs #4 – A Catch-Up Feature“

Das ist der vierte Teil meiner zehnteiligen Reihe „10 Things Every Game Needs“.