Willkommen zur Ausschlachten-Woche, in der wir uns mit der Lieblingsmechanik von Silumgar und seiner Anhänger beschäftigen wollen. Während der Preview-Wochen habe ich schon ein wenig darüber erzählt, wie Ausschlachten entstanden ist und wie wir beim Design von Aufmarsch bereits mit einer ähnlichen Mechanik experimentiert hatten. Ich glaube, einen Eindruck davon vermittelt zu haben, wie die beiden Designs miteinander verknüpft waren – nämlich insofern, als wir diese Mechanik beim Aufmarsch-Design entwickelt, aber dann nicht verwendet haben, um sie schließlich für Drachen von Tarkir wieder aus der Schublade zu holen. Die Wahrheit ist, dass die Erschaffung beider Mechaniken von einem jeweils vollkommen anderen Ausgangspunkt aus geschah und ihre Verbindung reiner Zufall ist. Dieses Phänomen nennt man Paralleldesign, und es kommt ziemlich häufig vor. Ich möchte also die heutige Kolumne dazu nutzen, dieses Phänomen zu erklären, seine verschiedenen Ausprägungen vorzustellen und aufzuzeigen, was wir daraus mitnehmen können, sobald wir auf es stoßen.

Paralleldesign kann auf verschiedene Arten und Weisen funktionieren: Schauen wir sie uns doch einmal alle nacheinander an!


Paralleldesign 1: Gleicher Input

Wer entwarf eigentlich die Sturmangriff-Mechanik? Das war ich. Und Sam Stoddard. Haben wir zusammengearbeitet? Nein. Interessanterweise haben wir sie gleichzeitig, aber unabhängig voneinander entworfen. Ich möchte das gern erklären: Während des Designprozesses verteilt der Chefdesigner Hausaufgaben ans Designteam, an denen seine Mitglieder in ihrer Freizeit arbeiten und das Ergebnis dann zum nächsten Designmeeting vorstellen können. Der Chefdesigner hat in der Regel sehr genaue Vorstellungen davon, was er möchte. Manchmal – abhängig davon, in welchem Stadium des Designs man sich befindet – muss eine bestimmte Lücke gefüllt werden, manchmal mag es um Designs in einem weiter gefassten Bereich gehen.

Goblin-Fersenschlitzer | Bild von Jesper Ejsing

Für die erste Hausaufgabe zu Drachen von Tarkir wollte Mark Gottlieb, der Chefdesigner, dass wir uns Fraktionsmechaniken vornehmen. Es ist zu beachten, dass das Design zu Drachen von Tarkir etwa vier Monate nach dem zu Khane von Tarkir und viele Monate vor dem für Schmiede des Schicksals begann, weshalb wir damals gerade auf der Suche nach fünf Fraktionsmechaniken und einer Morphvariante waren. Schmiede des Schicksals sollte sich später zwei davon ausleihen (nämlich Sturmangriff und Kräftigung, wie sich schließlich herausstellte). Die erste Hausaufgabe spezifizierte, was genau wir suchten. Khane von Tarkir hatte bereits seine Fraktionsmechaniken, und unsere Aufgabe war es nun, dafür zu sorgen, dass die jeweilige Begleitmechanik gut zu ihrer Fassung aus Khane passte.

Also standen Sam und ich vor derselben Zielsetzung: eine Mechanik für die rot-schwarze Fraktion (mit Tendenz zu Rot) zu entwerfen, die gut zu Rot passte. Dass wir nun auf dieselbe Mechanik kamen, ist keine große Überraschung. Wir arbeiteten ja innerhalb derselben Parameter und wandten dieselbe Logik an. Das soll nun nicht bedeuten, dass zwei Designer nicht trotz desselben Inputs auf zwei verschiedene Entwürfe kommen können, doch die Tatsache, dass wir gelegentlich parallel designen, ist nicht wirklich ungewöhnlich.

Diese Art von Paralleldesign ist die wohl häufigste. Wir arbeiten kollaborativ, das heißt, wir verbringen jede Menge Zeit in der Gruppe und versuchen herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Ähnliche Gedankengänge spiegeln also jenes Gruppendenken wider, das sich unvermeidlich ergibt, wenn man ständig mit derselben Gruppe interagiert.

Meine liebste Anekdote zu dieser Art von Paralleldesign trug sich während des Designs zu Innistrad zu. Ich begann damit, mein Team Karten entwerfen zu lassen, die auf Horrormotiven basierten. Für das erste Meeting gab ich ihnen noch keine Motive vor, sondern ließ sie einfach das entwerfen, was ihnen in den Sinn kam. Bei diesem Meeting nun saßen wir zusammen und schauten uns an, was jeder so ausgetüftelt hatte. Jedes einzelne Teammitglied hatte sich nicht nur einen Holzpflock ausgedacht, nein, er machte auch noch dasselbe: Er war Ausrüstung, die die Stärke der damit ausgerüsteten Kreatur erhöhte und jeden Vampir, dem die Kreatur Schaden zufügte, tötete. Immer, wenn mich jemand fragt, wer den Holzpflock entworfen hat, ist meine Antwort also: „Alle.“

Paralleldesign 2: Selbe Idee, andere Zeit

Als Weltenerwachen erschien, schrieb ich einen Artikel mit Geschichten zu einzelnen Karten („Woldwake Me Up Before You Go-Go“), in dem es unter anderem um eine Karte namens Tierplage ging.

Viele Jahre vorher erschuf ich, inspiriert durch eine Karte namens Flammenkegel (aus dem SetWetterlicht) etwas namens Cone of Creatures, das einen 1/1-, einen 2/2- sowie einen 3/3-Spielstein ins Spiel brachte. Ich versuchte, diese Karte in verschiedensten Sets unterzubringen, doch drei unterschiedliche Varianten von Spielsteinen stifteten Verwirrung, und deshalb wurde die Karte jedes Mal wieder gestrichen. Ich habe 2002 sogar einmal öffentlich über diese Karte gesprochen – in einem Artikel, der sich um Spielsteine drehte („Tokens of My Affection“).

Die Karte erschien zu guter Letzt in Weltenerwachen (dadurch begünstigt, dass man nun auch Spielsteinkarten in Boostern finden konnte). Also schilderte ich in meinem Artikel meine jahrelangen Versuche, diese Karte in einem Set unterzubringen, und wie ich irgendwann damit aufgegeben hatte. Ich dachte nun, Ken Nagle, der Chefdesigner des Sets, hätte diese Herausforderung an- und Cone of Creatures in sein Set aufgenommen. Nachdem ich den Artikel abgegeben hatte, bekam ich eine Anmerkung von meinem Lektor (damals war das noch Kelly Digges, der zwischenzeitlich in die Redaktion gewechselt war und nun zum Kreativteam gehört, wo eine seiner Aufgaben ist, sich um „Uncharted Realms“ zu kümmern). Kelly meinte, ich hätte da etwas falsch verstanden. Er hätte diese Karte erschaffen. Er hätte auch noch nie von Cone of Creatures gehört. Wie sich herausstellte, war Kelly beim Design einen ähnlichen Weg gegangen – nur eben zehn Jahre später und ohne irgendwelche Anregungen meinerseits.

So etwas passiert oft. So oft tatsächlich, dass ich manchmal eine Karte in einem Kartenordner sehe, von der ich sicher bin, dass ich sie irgendwann mal entworfen habe und dann nachfragen muss, ob ich das auch wirklich gewesen bin. Ich habe außerdem noch das folgende Problem: Ich habe eine Idee für eine Karte. Irgendwer sagt, so was hätten wir schon mal gemacht, und kann sogar den Namen der Karte und das Set nennen, in dem sie erschienen ist. Woraufhin ich dann sage: „Ach ja, stimmt. Die ist ja von mir.“

Ein weiteres klassisches Beispiel für diese Art von Design war die Mirakulum-Mechanik aus Avacyns Rückkehr. Während des Designs für Sturmwind – mein erstes Set als Chefdesigner – hatte ich die Idee zu Karten, die etwas tun, wenn man sie zieht, kam aber nicht recht dahinter, wie das letztlich funktionieren könnte, und ließ die Idee am Ende wieder fallen. Fünfzehn Jahre später versuchte sich Brian Tinsman – nichts von meinem Sturmwind-Design ahnend – an derselben Mechanik. Allerdings fand er eine Möglichkeit, sie tatsächlich zum Laufen zu bringen. (Es half sicher auch, dass es eben fünfzehn Jahre später war und Magic sich in Hinsicht auf das, was auf schwarzrandigen Karten möglich war, wesentlich weiterentwickelt hatte.)

Der Schlüssel zu dieser Art von Paralleldesign ist, dass einige Ideen einfach gute, starke und solide Designarbeit sind, über die aufgrund ihrer Offensichtlichkeit einfach mehrere Designer stolpern müssen.

Paralleldesign 3: Wiederholte Prozesse

Die Jeskai brauchten in Khane von Tarkir eine Mechanik. Und wie wir es immer tun, legten wir eine Reihe von Parametern fest. Blau und Rot sind die Farben mit dem höchsten Anteil an Zaubersprüchen, weshalb wir wahrscheinlich nach etwas suchten, was man für Spontanzauber oder Hexereien verwenden konnte oder zumindest für diese wichtig war. Die Jeskai waren an die Shaolinmönche angelehnt. Also wollten wir, dass sie kämpfen können. Außerdem waren sie die Fraktion der Listigkeit. Demzufolge wollten wir eine Mechanik, die etwas knifflig sein konnte. Unter Berücksichtigung all dieser Vorgaben schlug ich eine neue Mechanik vor.

Die Mechanik verlieh Kreaturen +1/+1 für jeden Zauber, den man wirkte. Zu stark. Dann stärkte sie Kreaturen für jeden Spontanzauber und jede Hexerei, die man wirkte. Zu schwach. Wie wäre es mit jedem Nichtkreaturen-Zauber? Eine Zeit lang spielten wir sogar mit dem Gedanken, dass in Khane von Tarkir Nichtkreatur-Zauber wichtig sein würden, während in Drachen von Tarkir Kreaturenzauber im Fokus stehen sollten. Jedenfalls spielten so lange mit dieser Mechanik herum, bis wir schließlich auf die Bravour-Mechanik kamen.

Jeskai-Weiser | Bild von Craig J Spearing

Eines Tages dann testete Jon Loucks Khane von Tarkir in der Grube und kommentierte, wie sehr er sich darüber freute, dass wir seine Energetisieren-Mechanik verwendeten, die er für die zweite Great Designer Search eingereicht hatte. Das Interessante daran war, dass wir gar nicht mit dieser Mechanik angefangen, sondern uns gewissermaßen zu ihr hin entwickelt hatten. Tatsächlich gingen wir noch einen Schritt weiter und lösten ein Problem, das mir aufgefallen war, als ich die Mechanik im Zuge der GDS2 bewertet hatte.

Der Grund, aus dem diese Kategorie so anders ist als die davor, ist der, dass zumindest eine oder mehrere jener Personen, die die neueren Karten gemacht haben, mit den älteren interagierten. Das heißt, hier gab es – zumindest unbewusst – einen gewissen Einfluss. Ich beispielsweise habe an so vielen Sets gearbeitet, dass ich mich unmöglich an alle Einzelheiten erinnern kann. Wenn ich jedoch über einzelnen Mechaniken oder Karten brüte, dann wird mir häufig klar, dass ich mich in einem Bereich bewege, den wir schon ausgelotet haben.

In vielerlei Hinsicht ist diese Kategorie weniger „parallel“ als die anderen, die sich eher wechselseitig bedingen. Die daraus entstehenden Situationen laufen jedoch häufig auf diese letzte Kategorie hinaus, bei der man neue Dinge erschafft, nur um später zu erkennen, dass man schon zuvor mit ihnen experimentiert hat.

Paralleldesign 4: Verschiedene Ansätze

Im Rahmen der Ausschlachten-Woche erscheint es mir nur richtig, über die Erschaffung der Ausschlachten-Mechanik zu sprechen. Lasst mich damit beginnen, euch die beiden unterschiedlichen Entwürfe vorzustellen, die zu dieser Mechanik führten: Der erste entstand im Jahr 2000, als wir an Aufmarsch arbeiteten. Das Design des Aufmarsch-Blocks hatte jede Menge Ecken und Kanten – eines Tages werde ich auch sicher einen Artikel darüber schreiben. Es gibt jedoch bereits einen Podcast dazu, den ihr euch hier anhören könnt. Der wichtigste Punkt für diese Geschichte ist aber, wie sehr ich mich dafür eingesetzt hatte, dass dieser Block ein Stammesmotiv bekommt.

Das war, bevor das Stammesthema sich bereits bewährt hatte. Daher suchte ich nach Argumenten, weshalb ich glaubte, dass die Spieler daran Spaß haben würden. Ein Teil dieser Argumentation bestand darin, genug Karten und Mechaniken zu entwerfen, die auf diesem Motiv aufbauten, um dem Thema Relevanz zu verleihen. Ich begann damit, die offensichtlichsten Ansätze auszuloten. Ich machte Kreaturenfürsten, Karten, die bestimmte Kreaturentypen als Ziel hatten, und Karten, die eine bestimmte Anzahl dieses Kreaturentyps benötigten, um zu funktionieren. Ich entwarf eine Menge cooler Dinge, doch ich fand, dass die Effekte, die ich erzeugte, generell ein bisschen zu komplex wurden.

Die Zaubersprüche beispielsweise mussten entweder die Anzahl eines bestimmten Kreaturentyps zählen, konnten nur einen bestimmten Kreaturentyp als Ziel haben oder machten schlicht Dinge, die sehr wortreicher Erklärungen bedurften. Ich war versessen darauf, eine Mechanik zu finden, die einfache Grundeffekte hervorrief, aber auf eine Art und Weise, die in einer Stammesumgebung wichtig war. Und so kam ich an einen Punkt, an dem ich einen anderen Ansatz ausprobierte: eine geteilte Karte, die ein Spontanzauber oder eine Hexerei war, während die andere Hälfte eine Kreatur eines der unterstützten Kreaturentypen sein sollte. Die Idee war, dass man entweder einen Zombie oder einen zombiehaften Zauberspruch hatte. Es gab da nur ein kleines Problem: Geteilte Karten können keine bleibenden Karten unterstützen.

Verderbenbringender Zombie | Bild von Min Yum

Daher tat ich das, was ich immer tue, wenn eine Idee nicht innerhalb der Regeln funktioniert: Ich suchte nach einer anderen Lösung. Okay, ich wollte also eine Karte, die entweder eine Kreatur oder ein Zauberspruch war. Es konnte auch ein modaler Zauberspruch sein, bei dem einer der Modi einen Spielstein erzeugte, doch das würde die Anzahl der Designs für diese Mechanik drastisch beschneiden. Dann probierte ich Kreaturenkarten aus, für die man Mana bezahlen und die man abwerfen konnte, um einen Effekt zu erzeugen. Wir hatten uns schon mit der Blutzoll-Mechanik aus Retter von Kamigawa in diesem Bereich herumgetrieben, und ich war so gar nicht glücklich damit, wie das dort funktioniert hatte.

Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Was, wenn man die Kreatur, sobald sie ins Spiel kam, opfern könnte, um einen Effekt zu erzeugen? Das sorgte zwar für den modalen Aspekt, der mir vorschwebte, doch ich war noch nicht ganz zufrieden, weil ich ja eigentlich eine modale Mechanik erschaffen wollte. Was, wenn man anstelle der Kreatur einen bestimmten Kreaturentyp opfern konnte, dem diese Kreatur angehörte? Hier ist ein Beispiel (auf die modernen Vorlagen übertragen):

Pestverseuchter Zombie

3B

Kreatur — Zombie

3/3

Wenn KARTENNAME ins Spiel kommt, kannst du einen Zombie opfern: Eine nicht-schwarze Kreatur deiner Wahl erhält -4/-4 bis zum Ende des Zuges.

Die Idee war, dass es diese Mechanik einem erlaubte, einen Zombie in einen Tötungszauber zu verwandeln. Wir spielten auch mit der Idee herum, dass man eine beliebige Anzahl von Zombies opfern und für jeden von ihnen den Effekt auslösen konnte. Was also ist aus dieser Mechanik geworden? Aufmarsch  brauchte sie nicht. In jedem Designprozess entstehen mehr Dinge als nötig sind, und Ideen werden – je nach den genauen Anforderungen für das Set – wieder gestrichen.

Springen wir nun vorwärts ins Jahr 2013. Drachen von Tarkir brauchte eine blau-schwarze Mechanik, die gut mit Wühlen zusammenpasste. Daher konzentrierten wir uns auf Mechaniken, die Karten in den Friedhof beförderten. Wir schauten uns Abwerfen und Selbstmillen an, aber am Ende wollten wir lieber eine Form des Opferns. Die große Frage war: „Warum erforderte diese Mechanik, dass man Kreaturen opfern musste?“ Wir gingen verschiedenen Antworten darauf nach, doch die überzeugendste war, dass dadurch ein zauberartiger Effekt erzeugt wurde. Das Opfern einer Kreatur ist zwar eine große Sache, doch wenn man etwas davon hat, was beinahe einer Karte entspricht, lohnt es sich unter gewissen Umständen.

Letzten Endes packten wir die Mechanik auf Kreaturen, damit man immer noch diese opfern konnte, falls man keine anderen mehr hatte. Diese Kreaturen fielen dabei absichtlich eine Winzigkeit größer aus, um die Spieler zu ermutigen, doch lieber eine andere Kreatur zu opfern. Außerdem entwarfen wir kleinere Kreaturen, durch deren Opferung man Vorteile erhielt, und zwar meistens dadurch, dass bei ihrem Tod ein Effekt ausgelöst wurde. Anders als in Aufmarsch wurde die Mechanik dieses Mal veröffentlicht.

Diese letzte Kategorie ist die stärkste, führen hier doch verschiedene Herangehensweisen zum selben Ergebnis. Wie das Beispiel „Ausschlachten“ zeigt, kam jede Partei auf die gleiche Mechanik, wenn auch auf einem gänzlich anderen Weg. Aufmarsch erhielt die Mechanik wegen einer Stammesanforderung; Drachen von Tarkir erhielt sie, weil es eine Mechanik zum Opfern benötigte. Sie kamen buchstäblich aus zwei entgegengesetzten Richtungen. Aufmarsch sagte: „Oh, das könnte eine Kreatur sein.“ Drachen von Tarkir sagte hingegen: „Oh, das könnte auch ein Zauber sein.“

Es kommt viel häufiger zu solchen unterschiedlichen Designansätzen, als man meinen möchte. Meine Vermutung, warum das so ist, ist schlicht und ergreifend, dass bestimmte Konzepte gut zum Spielverhalten von Magic passen und man mit ihnen ungeachtet des anfangs gewählten Ansatzes stets in einem ähnlichen Designraum landet. Mit anderen Worten: Wenn man beginnt, bestimmte Designaspekte auszuloten, führen sie unabhängig vom Ausgangspunkt dank Iteration immer in dieselbe Richtung.


Was also bedeutet das nun alles?

Die Gründe, aus denen es wichtig ist, das Phänomen Paralleldesign zu verstehen, sind folgende:

1) Beim Design geht es in erster Linie um Eleganz und weniger um Innovation

Je länger ich an Magic mitarbeite, desto besser verstehe ich, dass es beim Design nicht darum geht, etwas zu entdecken, was noch nie jemand gemacht hat, sondern vielmehr darum, herauszufinden, wo die Eleganz des Spiels liegt. Die Metapher, die ich hier gern verwende, ist die Bildhauerei. Oft steht ein Designer vor einem großen Steinblock. Unsere Aufgabe ist es nun, in diesem Steinblock die Statue zu finden. Wir erschaffen die Statue also nicht, sondern wir bringen sie nur ans Tageslicht. Nach zweiundzwanzig Jahren ist das Design von Magic so sehr zum Handwerk geworden, dass es mehr darum geht, den Rhythmus des Spiels zu verstehen als noch irgendwelches Neuland zu entdecken.

2) Um die Zukunft zu erschaffen, gilt es, die Vergangenheit zu verstehen

Eine der größten Ressourcen, die ich dem Designteam zur Verfügung stellen kann, ist meine zwanzigjährige Erfahrung. Es ist selten, dass wir uns beim Design auf vollkommen neues Terrain begeben, auf das wir nicht zumindest schon mal vorsichtig den einen oder anderen Fuß gesetzt hätten. Und manchmal investieren wir eine Menge Zeit und Energie darauf, eine Designader zu erschließen, auch wenn wir dann am Ende nie etwas aus ihr zutage fördern. Und beim Erkunden solcher Gebiete lasse ich mein Team oft nachforschen, was wir bei unseren vorherigen Annäherungen an das Thema bereits alles angestellt haben. Die lange Geschichte von Magic ist ein derart nützliches Werkzeug, dass wir töricht wären, es nicht zum Einsatz zu bringen.

3) Um Antworten zu finden, müssen Parameter festgelegt werden

Paralleldesign ist ein Beleg für die These, dass gute Designs dazu neigen, in dieselbe Richtung zu gehen. Das heißt, dass der Schlüssel zum Finden von Antworten im besseren Verständnis dessen liegt, wonach man eigentlich genau sucht. Die Umsetzung dieses Konzepts hat unsere Problemlösungsstrategien im Design stark beeinflusst. Anstatt gleich zum Brainstorming vorzupreschen, verbringen wir mehr Zeit damit, zunächst einmal Parameter festzulegen.

4) Die Qualität einer Idee hängt von der Umgebung ab, in der sie existiert

Eine weitere wichtige Lektion des Paralleldesigns ist, dass eine Idee nie in einem Vakuum existiert. Um sie zu bewerten, muss man auch die Umgebung berücksichtigen, für die sie gedacht ist. Es gibt Mechaniken, die in einem bestimmten Block glänzen können, in einem anderen jedoch vollkommen fehl am Platz wären. Kontext ist wichtig. Synergien sind wichtig. Atmosphäre ist wichtig. Eine Mechanik kommt nicht deshalb in ein bestimmtes Set, weil sie eine tolle Mechanik ist, sondern deshalb, weil sie eine tolle Mechanik für dieses eine Set ist.

5) Im Design gibt es kein Richtig oder Falsch

Die letzte Erkenntnis aus dem Paralleldesign ist, dass der Weg zu einem guten Design nicht nur in eine Richtung führt. Für jedes gute Design gibt es unzählige Möglichkeiten, wie man dorthin gelangt. Es ist nicht wichtig, von wo aus man losläuft, sondern nur, wo man ankommt.


Parallel einparken

Ich hoffe, der heutige Artikel hat euch einen Einblick in einen Designaspekt gewährt, der im finalen Produkt kaum deutlich sichtbar wird. Wie immer freue ich mich auf eure Rückmeldungen zur heutigen Kolumne. Ihr könnt mir eine E-Mail schreiben oder mich über eines meiner Social-Media-Profile (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram) kontaktieren.

Schaut auch nächste Woche wieder vorbei, wenn ich ganz zum Anfang zurückgehe.

Mögen euch bis dahin die Paralleldesigns in eurem eigenen Leben auffallen.


„Drive to Work #218 – Innistrad Cards, Part 3“

Dies ist Teil Drei meiner fünfteiligen Reihe mit Geschichten über einzelne Karten aus Innistrad.

„Drive to Work #219 – Green-White“

Dies ist der fünfte Teil einer zehnteiligen Serie über die zweifarbigen Paarungen, ihre Philosophien und ihre mechanischen Überschneidungen. Heute geht es um das letzte der verbündeten Farbpaare, nämlich Grün-Weiß.