Kuchenschlacht
Es ist kein Geheimnis, dass ich die Farbpalette liebe, denn immerhin ist sie das Fundament, auf dem die Mechaniken und das Flair von Magic aufbauen. Letzten Sommer schrieb ich eine fünfteilige Artikelreihe, in der ich mich erneut mit den Farbphilosophien auseinandersetzte (Weiß, Blau, Schwarz, Rot und Grün).
Heute möchte ich die Farben aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachten, indem ich mir die fünf Kernkonflikte in der Farbpalette anschaue. Dabei werde ich nicht nur erklären, worin diese genau bestehen, sondern auch, wie sie einander überschneiden.
Bevor ich auf die Konflikte eingehe, möchte ich jedoch zunächst noch einmal die Philosophien der fünf Farben (aus meinen früheren Artikeln) zusammenfassen.
Weiß
Weiß sehnt sich nach Frieden.
Weiß schaut sich um und sieht eine Welt voller Leiden. So viele müssen sich Tag für Tag durch ihr Leben quälen, doch die Welt verfügt eigentlich über die nötigen Ressourcen, um ihr Leid zu beenden. Es gibt genug von allem, damit jeder das haben könnte, was er braucht (im Gegensatz zu dem, was er will). Leiden ist ein Nebenprodukt dessen, dass für Einzelne nicht das Wohl der Gemeinschaft an erster Stelle steht.
Weiß möchte eine Welt erschaffen, in der es kein unnötiges Leid mehr gibt, eine Welt, in der das Leben jedes Einzelnen so gut wie irgend möglich ist. Der Schlüssel dazu, dies in die Tat umzusetzen, besteht darin, jedem Einzelnen die Bedeutung von Handlungen beizubringen, die der Gemeinschaft als Ganzes dienlich sind, selbst wenn diese Handlungen ihm selbst nicht persönlich nützen.
Das Problem an diesem Plan ist nur, dass er nur dann aufgehen kann, wenn wirklich jeder auf dieses Ziel hinarbeitet. Sobald Einzelne andere Dinge wichtiger nehmen – wie beispielsweise ihre eigenen Wünsche –, fällt er in sich zusammen. Das bedeutet, dass Weiß sich besonders große Mühe geben muss, der Gemeinschaft begreiflich zu machen, welche Macht in ihr ruht, und sie dazu zu bringen, sich auf das große Ganze zu besinnen.
Weiß will also, dass so viele wie möglich seine Beweggründe verstehen und sie teilen. Weiß hat allerdings auch erkannt, dass es zum Erreichen seines großen Ziels manche Individuen erst auf diesen richtigen Weg führen muss, da sie ihn nie von sich aus entdecken würden.
Blau
Blau strebt nach Perfektion.
Blau glaubt daran, dass jeder Einzelne von uns als unbeschriebenes Blatt geboren wird und über das Potenzial verfügt, all das zu werden, was er sein will. Der gesamte Sinn des Lebens besteht darin, herauszufinden, was man mit der richtigen Bildung und Erfahrung sowie den entsprechenden Werkzeugen alles erreichen kann. Hierbei handelt es sich nicht um eine Aufgabe mit einem endgültigen Ziel, sondern um eine, die ein ganzes Leben lang andauert. Es gibt immer etwas, was man an sich verbessern, anpassen oder ändern kann. Dieser Lebensweg ist von ständigen Entdeckungen geprägt, während man unablässig versucht, sich selbst zu verbessern.
Damit dies dem Einzelnen möglich wird, bedarf es einer Gesellschaft, die dieses Verhalten akzeptiert und fördert. Die Schaffung von Bildungsmöglichkeiten ist dabei entscheidend. Orte, an denen man auf Grundlage des Prinzips von Versuch und Irrtum lernen kann, sind dazu unabdingbar. Darüber hinaus muss jeder Bürger ein Anrecht auf die Verfügbarkeit der besten Werkzeuge und Lernmittel besitzen.
Zusätzlich erfordert diese Lebensweise die richtige Einstellung. Man muss für alle Möglichkeiten offen sein, darf aber dennoch nicht zu überstürzt handeln. Blau hat erkannt, dass es viele Kräfte gibt, die einen in die Irre führen können, darunter sogar solche, die aus dem eigenen Innenleben stammen. Zeit ist eine wertvolle Ressource, denn nur mit genügend Zeit lassen sich die Dinge beschaffen, die man zur eigenen Verbesserung braucht. Das bedeutet, dass man jeden Schritt sorgfältig abwägen und bewusst treffen muss. Es ist besser, erst alle Optionen gründlich zu durchdenken und danach die richtige auszuwählen, anstatt eine Entscheidung übers Knie zu brechen.
Blau ist methodisch und penibel. Wenn man sich als Individuum daranmacht, sich selbst zu optimieren, dürfen einem nämlich keine Fehler unterlaufen – es sei denn, man macht sie in einer kontrollierten Umgebung.
Sosehr Blau nach der Vervollkommnung seiner selbst strebt, sosehr möchte es auch die Welt, in der es lebt, perfekt wissen. Hierzu muss Blau unter anderem dafür sorgen, dass es Zugriff auf die Ressourcen bekommt, die es braucht. Ein anderer Schlüsselfaktor zum Erreichen dieses Ziels ist jedoch die feste Überzeugung, dass man als Einzelner in einer Welt leben muss, die ihr volles Potenzial bereits verwirklicht hat, wenn einem dies selbst irgendwann gelingen soll. Daher ist Blau auch die Farbe mit dem größten Interesse an Technologie und will immer die beste und neueste Version dessen, was sie gerade verwendet.
Schwarz
Schwarz will Macht.
Schwarz schaut sich alle anderen Farben an und findet, dass jede von ihnen die Welt nur so sieht, wie sie es gerne hätte. Schwarz hingegen ist Realist – die einzige Farbe, die die Welt so sieht, wie sie tatsächlich ist. Jedem Einzelnen steht es frei, sich all das zu nehmen, was immer er auch will, solange er nur die nötige Macht dazu hat, es sich zu beschaffen und anschließend zu behalten. Dadurch wird Macht zur alles entscheidenden Ressource: Sie ist das Einzige, was darüber bestimmt, ob man die Fähigkeit besitzt, die Kontrolle über sein Leben und somit auch über sein eigenes Glück zu erlangen.
Man sollte dabei unbedingt verstehen, dass die Welt nicht Schwarz wegen raffgierig geworden ist. Raffgierig war die Welt schon immer, und Schwarz hat nur gelernt, sich damit zu arrangieren. Es hat zwei wichtige Dinge auf seiner Seite. Erstens: Es versteht und akzeptiert das System besser als jeder andere. Und zweitens: Schwarz erlegt sich nicht selbst irgendwelche Beschränkungen auf, die es schwerer machen, erfolgreich zu sein.
Die Philosophie von Schwarz ist sehr simpel: Niemand kann besser auf einen achtgeben als man selbst. Wenn also jeder auf sich selbst achtgibt, hat man damit ein System erschaffen, in der jeder jemanden hat, der auf ihn achtgibt. Darüber hinaus räumt das System von Schwarz jedem die Chance ein, erfolgreich zu werden. Doch wird das auch jeder schaffen? Natürlich nicht – aber auch das ist nicht Schwarz anzulasten. So funktioniert die Welt nun mal.
Die Schwachen scheitern stets. Das ist es, was sie zu den Schwachen macht. Wenn man ihnen hilft, zögert dies das Unvermeidbare nur hinaus und sorgt dafür, dass man mit ihnen gemeinsam scheitert. Für Schwarz ist das nichts Persönliches. Schwarz tut, was getan werden muss, um Erfolg zu haben. Wenn andere es ihm nicht gleichtun können, tja, dann haben sie ihr Schicksal wohl genau so verdient. Andere sehen Schwarz deswegen als herzlos an, doch Schwarz selbst hat für sich erkannt, dass es eben nur sehr pragmatisch ist.
Es wird immer Leute geben, die leiden. Und wieder gilt auch hier: Das ist nicht Schwarz anzulasten. Das ist einfach nur eine unumstößliche Tatsache. Schwarz ist lediglich die Farbe, die sich dieser Wahrheit stellt und entsprechend handelt.
Rot
Rot sehnt sich nach Freiheit.
Jeder beschäftigt sich irgendwie mit dem Sinn des Lebens. Rot tut das nicht, denn es kennt die Antwort auf diese Frage bereits. Das eigene Herz wird einem nämlich schon verraten, was es braucht, um Erfüllung zu finden. Alles, was man tun muss, ist, darauf zu hören und entsprechend zu handeln. Das ist kein Hexenwerk. Man wird buchstäblich ständig von Gefühlen durchflutet, die einen den richtigen Weg entlangführen. Das Problem ist nur, dass die anderen Farben diese Botschaft ignorieren.
Das Leben ist ein Abenteuer, und es liegt an jedem Einzelnen, sich darin hineinzustürzen. Der Schlüssel ist es, sich den eigenen Gefühlen hinzugeben und sich von ihnen leiten zu lassen. Man soll lachen, wenn man glücklich ist. Man soll weinen, wenn man traurig ist. Man soll auf etwas einschlagen, wenn man wütend ist. Man soll weglaufen, wenn man sich fürchtet. Wer auf seine innere Stimme hört, wird die Gelegenheit bekommen, jede einzelne Erfahrung zu machen, die das Leben einem zu bieten hat.
Zu viele leben ihr Leben, indem sie ständig ihre einmal getroffenen Entscheidungen hinterfragen. Rot nicht. Rot lebt den Augenblick, Rot ist spontan, Rot stürzt sich in jedes Abenteuer, das ihm begegnet. Rot weiß, dass es auf dem Totenbett ohne jegliche Reue auf ein erfülltes Leben zurückblicken wird. Und das ist auch alles, was Rot will: sein Leben zu leben und die Möglichkeit zu haben, alles zu tun, was es tun möchte.
Das bedeutet nicht, dass Rot einsam wäre. Ganz im Gegenteil. Es gehört zum Leben, dass man Beziehungen eingeht. Rot kennt Leidenschaft und Loyalität und Kameradschaft und Lust. Wenn Rot sich auf jemanden einlässt, ist diese Verbindung stark und intensiv. Sei es als Liebhaber oder als Freund: Rot ist immer da, wenn man es braucht. Außer natürlich, wenn das Leben es gerade für unbestimmte Zeit woanders hingeführt hat – aber wenn es zurückkommt, dann ist es definitiv zur Stelle.
Auf Außenstehende mag Rot etwas chaotisch wirken, doch das liegt nur daran, dass andere ihm nicht ins Herz blicken können. Sie spüren nicht, wie das, was Rot empfindet, auch sie lenkt. Es erfordert ein hohes Maß an Hingabe und Beharrlichkeit, das Leben in vollen Zügen auszukosten, doch dem ist Rot stets gewachsen.
Grün
Grün sucht nach Akzeptanz.
Alle anderen Farben konzentrieren sich darauf, wie sie die Welt zu einem besseren Ort machen können. Grün hingegen will als einzige Farbe die Welt gar nicht verändern, weil es fest davon überzeugt ist, dass in der Welt bereits alles richtig läuft. Die natürliche Ordnung ist wunderschön und bietet sämtliche Antworten auf alle Herausforderungen des Lebens. Der Schlüssel ist, sich zurückzulehnen und zu erkennen, was man da eigentlich Schönes direkt vor der Nase hat.
Jeder Einzelne kommt mit genau dem Potenzial auf die Welt, das er braucht. Das Geheimnis eines glücklichen Lebens besteht darin, die Rolle zu erkennen, in die man hineingeboren wurde, und diese Rolle auch anzunehmen. Tue das, was dir bestimmt ist. Die Welt ist ein ausgefeiltes System, zu dem jeder von uns seinen Teil beitragen muss. Und welcher Teil das ist, erfordert kein großes Herumraten, denn das ist in unseren Genen verankert. Man muss einfach nur in sich hineinhorchen.
Darüber hinaus muss man lernen, wie man sich am besten in den großen Plan einfügt. Die Natur hat eine wunderschöne Struktur. Ein Teil des Lebens besteht darin, zu erkennen, welche Rolle man spielt und wie diese Rolle mit dem Netz des Lebens verwoben ist. Niemand ist allein. Vielmehr ist jeder Einzelne von uns Teil eines komplexen Systems aus Wechselwirkungen.
Das Problem ist nur: Es geschehen so viele Dinge, dass man leicht den Überblick darüber verlieren kann, was es denn alles so an Schönem bereits gibt. Zu viele sind so sehr mit den kleinen Details ihres Lebens beschäftigt, dass sie sich nicht die Mühe machen, einen Schritt zurückzutreten und das große Ganze zu betrachten. Grün glaubt aufrichtig, dass alle anderen Farben sich schlicht und ergreifend nicht die nötige Zeit nehmen, um das bereits Vorhandene zu schätzen.
Pros und Kon-flikte
Wenn ihr euch jemals die Rückseite einer Magic-Karte angeschaut habt, dann habt ihr diesen Kreis, also das Farbrad, gesehen.
Farben sind mit den beiden Farben neben sich verbündet und mit denen ihnen gegenüber verfeindet. Da wir uns nun jede der Farben einzeln angesehen haben, schauen wir uns jetzt an, was passiert, wenn wir sie mit ihren Feinden zusammenbringen. Wie ihr seht, entstehen fünf Konflikte.
Das Wohl der Gruppe vs. das Wohl des Einzelnen: Weiß vs. Schwarz
Weiß glaubt an Moral und an absolute Wahrheiten hinsichtlich der beiden Konzepte Richtig und Falsch. Eine dieser Wahrheiten ist, dass eine Gesellschaft sich um ihre schwächsten Mitglieder kümmern muss. Es kann nicht sein, dass jemand sich vollfrisst, während ein anderer verhungert. Daher ist der Kern einer jeden Gesellschaftsstruktur der, den Schutz der Hilfsbedürftigen zu maximieren.
Schwarz glaubt, dass es wichtig ist, die Menschen zu motivieren, das Beste für sich herauszuholen. Jedem sollen alle Möglichkeiten offenstehen, und wer hart an sich arbeitet, soll dafür belohnt werden. Wenn jemand eine Menge Zeit und Energie investiert, um in etwas zu brillieren, warum sollte er dann das Gleiche erhalten wie jemand, der es nicht einmal probiert hat? Wenn man will, dass Menschen über sich hinauswachsen, muss man sie nur richtig dazu ermutigen.
Kurz gesagt handelt es sich hier also um den klassischen Kampf zwischen dem Wohl der Gemeinschaft und dem Wohl des Einzelnen. Sollte eine Gesellschaft das herrschende Leid minimieren oder die vorhandenen Anreize für eine sinnvolle Betätigung maximieren? Was ist wichtiger: Wohltätigkeit oder Leistung? Ist es eine große Ungerechtigkeit oder ein wichtiger Lerneffekt, wenn man das Scheitern als Option zulässt? Werden wir als Gesellschaft danach beurteilt, wie wir die schwächsten Mitglieder behandeln oder wie wir die stärksten belohnen?
Für Weiß ist es eine Frage der sozialen Verantwortung, sich um das Wohlergehen aller zu kümmern. Weiß hält Schwarz für unmoralisch und eigennützig. Weiß betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Gut und Böse.
Für Schwarz indes ist es eine Frage von Eigenverantwortung, ein System zu erschaffen, in dem Leute ermutigt werden, über sich hinauszuwachsen. Schwarz findet, dass Weiß die Schwachen nur bekräftigt und sie zu Opfern macht, anstatt sie dazu zu ermutigen, sich zu verbessern. Schwarz betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Ermunterung und Verhätschelung.
Im Kern dreht sich dieser Konflikt darum, welche Prioritäten der Einzelne seinen Entscheidungen beimisst.
Herz vs. Verstand (Rot vs. Blau)
Blau glaubt an die Macht des Verstandes. Es erfordert mentale Festigkeit, sich selbst zu verbessern. Man muss bedacht, konzentriert, sorgfältig und geduldig sein. Jeder Schritt muss sorgsam geplant werden, um sicherzustellen, dass man sich stets in die richtige Richtung auf sein letztendliches Ziel hin weiterentwickelt. Man soll auf seinen Verstand hören, denn er wird einem immer den richtigen Weg zeigen.
Rot glaubt an die Macht der Gefühle. Der eigene Körper spricht zu einem, und es ist wichtig, dass man nicht nur auf ihn hört, sondern auch spontan und mit Leidenschaft handelt. Der Schlüssel zum Glück besteht darin, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und niemals mit dem Bedauern leben zu müssen, seine Träume nicht gelebt zu haben. Wer seinem Herzen folgt, bekommt immer den richtigen Weg gezeigt.
Kurz gesagt ist dies der klassische Kampf zwischen Herz und Verstand. Hört man auf seinen Kopf oder auf seine Gefühle? Lässt man sich von dem, was man denkt, oder von dem, was man empfindet, leiten? Sollte man vorsichtig oder leichtsinnig handeln? Was sorgt für mehr Glück: sorgfältig angewandte Logik oder leidenschaftlich verfolgte Emotionen?
Für Blau ist dies eine Frage dessen, sich die Zeit zu nehmen, die Einzelheiten des eigenen Lebens richtig zu gestalten. Blau hält Rot für unnötig keck und in gefährlicher Weise sorglos. Blau betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Sorgfalt und Leichtsinn.
Für Rot ist dies eine Frage, die sich darum dreht, ein Verständnis für jene Dinge zu entwickeln, die einem am wichtigsten sind, und dann danach zu handeln. Rot hält Blau für kühl und reserviert. Rot betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Leidenschaft und Gleichgültigkeit.
Im Kern dreht sich dieser Konflikt darum, wie man sein Leben lebt.
Freier Wille vs. Schicksal: Schwarz vs. Grün
Schwarz glaubt, dass man selbst dafür verantwortlich ist, für die Gelegenheiten zu sorgen, die einen im Leben weiterbringen. Es gibt kein Hindernis, das nicht überwunden werden kann, wenn man nur willens ist, das Nötige dafür zu tun. Der Schlüssel ist es, die Macht zur Veränderung zu begreifen, die einem innewohnt.
Grün glaubt, dass der Pfad, den man im Leben beschreitet, vorherbestimmt ist: Man hat eine Rolle zu erfüllen, für die man ausersehen ist. Die eigene Aufgabe besteht darin, herauszufinden, wie genau dieser Pfad aussieht, ihn für sich anzunehmen und die einem zugedachte Rolle getreulich zu erfüllen. Es wird Ablenkungen im Leben geben, die einen von diesem rechten Weg abbringen, doch man braucht die Willensstärke, um zu seinem Schicksal zurückzufinden.
Kurz gesagt ist dies der klassische Kampf zwischen freiem Willen und Schicksal. Wie viel Kontrolle hat man über seinen eigenen Lebensweg? Ist jede Wahl, die man trifft, die eigene oder ist sie Teil irgendeines größeren Plans? Kann man das, was das Leben für einen bereithält, ändern oder ist der Pfad bereits vorgezeichnet?
Für Schwarz ist dies eine Frage, die Stärke zu erkennen, dass man seine Zukunft selbst bestimmt. Schwarz hält Grün für einen Narren, der an Dinge glaubt, die es gar nicht gibt. Schwarz betrachtet diesen Konflikt als den zwischen unbegrenzten Möglichkeiten und Aberglauben.
Für Grün ist es eine Frage der Akzeptanz der Muster, die der Welt zu eigen sind. Grün hält Schwarz für einen Zyniker, der die Wahrheit direkt vor ihm einfach nicht erkennen kann. Grün betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Wahrheit und Skepsis.
Im Kern dreht sich dieser Konflikt um die Rolle, die man in seinem eigenen Leben spielt.
Freiheit vs. Sicherheit: Rot vs. Weiß
Rot glaubt, dass der Sinn des Lebens darin besteht, dass jeder sein Glück findet, indem er seinen Impulsen folgt.
Dazu muss man in einer Gesellschaft leben, die das Bedürfnis des Einzelnen in den Vordergrund stellt, der erkunden möchte, welchen Weg er einschlagen will. Diese Gesellschaft muss frei sein von Einschränkungen und Grenzen.
Weiß möchte eine Welt erschaffen, die das Glück der Gruppe bis aufs Äußerste mehrt. Ein entscheidender Schritt hierzu besteht darin, die Sicherheit jedes Einzelnen zu gewährleisten. Dazu braucht man Regeln und Richtlinien, die sicherstellen, dass Einzelne nicht aus Selbstversessenheit die gesamte Gruppe in Gefahr bringen.
Kurz gesagt ist dies der klassische Kampf zwischen Freiheit und Sicherheit. Was ist das Beste für eine Gesellschaft? Eine Welt, in der die Menschen in ihrem Handeln frei sind, oder eine, in der sie kein Leid zu fürchten brauchen? Ist die Fähigkeit des Einzelnen, das zu tun, was er will, wichtiger als die Fähigkeit der Gesellschaft, sich selbst zu schützen? Beschneidet ein Gesetz zum Tragen von Sicherheitsgurten die persönliche Freiheit oder rettet es Leben? Welches Maß an persönlicher Freiheit ist es wert, für den Schutz der Gesellschaft geopfert zu werden?
Für Rot ist dies eine Frage, ob andere einem vorschreiben dürfen, wie man sein Leben zu leben hat. Rot hält Weiß für einen Diktator, der anderen seinen Willen aufzwingen will. Rot betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Demokratie und Faschismus.
Für Weiß ist dies eine Frage sozialer Verantwortung und der Achtsamkeit für eine umfassendere soziale Absicherung. Weiß hält Rot für jemanden, der Anarchie gutheißt und die Gesellschaft in Gefahr bringt. Weiß betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Ordnung und Chaos.
Im Kern dreht sich dieser Konflikt um die vorteilhafteste Regierungsform.
Natur vs. Erziehung: Grün vs. Blau
Grün glaubt daran, dass jeder mit den Eigenschaften geboren wird, die ihn ausmachen, dass alle Stärken und alle Schwächen und alles, was darüber bestimmt, wer und was ein Mensch ist, aus seinem Inneren kommt und von seinen Genen, seiner Physiologie und seiner Biologie herrührt.
Blau glaubt, dass jedes Wesen gleichsam als unbeschriebenes Blatt geboren wird und das Potenzial dazu besitzt, all das zu werden, was es möchte. Mit der richtigen Erziehung, den passenden Erfahrungen und den geeigneten Hilfsmitteln hat jeder die Fähigkeit, sich die Eigenschaften, die ihn am ehesten auszeichnen, selbst auszusuchen und zu dem zu werden, was er zu werden beschließt.
Kurz gesagt ist dies der klassische Kampf zwischen Erziehung und Natur. Wodurch wird bestimmt, wer wir sind? Werden wir mit den Eigenschaften geboren, die letztlich darüber entscheiden, wer wir sein werden, oder sind wir etwas, was nach Belieben geformt werden kann? Ist unser Potenzial festgelegt oder unbegrenzt? Werden wir durch unsere Gene oder unsere Umwelt definiert? Was ist wichtiger: die Weisheit unserer Vergangenheit oder das Wissen unserer Zukunft?
Für Grün ist dies eine Frage, ob Menschen gewillt sind, sich als das zu akzeptieren, wozu sie geboren wurden. Grün hält Blau für jemanden, der nicht bereit ist, die Wahrheit dessen anzunehmen, wer er wirklich ist. Grün betrachtet diesen Konflikt als den zwischen Einsicht und Verleugnung.
Für Blau ist dies die Frage darüber, ob die Menschen gewillt sind, jene Welt voller Möglichkeiten, die vor ihnen liegt, auch tatsächlich anzunehmen. Blau hält Grün für jemanden, der nicht gewillt ist, sich zu verändern. Blau betrachtet diesen Konflikt als den zwischen unbegrenzten Möglichkeiten und Stagnation.
Im Kern dreht sich dieser Konflikt um Identität und wie wir uns selbst sehen.
Die Punkte verbinden
Einer der interessantesten Aspekte der Konflikte innerhalb der Farbpalette ist es, dass jede Farbe im Grunde für dieselbe Sache gegen ihre Feinde kämpft.
Weiß vs. Rot und Schwarz
Weiß sehnt sich nach Frieden. Weiß möchte die Lebensqualität eines jeden Einzelnen verbessern. Seine Konflikte richten sich gegen die beiden Kräfte, die dies am ehesten aufzuhalten vermögen: Selbstsucht und Leichtsinn. Weiß nutzt Ordnung als ein Mittel, einer Gesellschaft beim Treffen kluger Entscheidungen zu helfen. Es hat Moral und Gesetze geschaffen, Religion und Regierung.
Der Konflikt von Weiß mit Schwarz dreht sich um Moral. Weiß beschützt die Schwachen, indem es Leuten begreiflich macht, dass es ihre moralische Verpflichtung ist, sich um die Bedürftigen zu kümmern. Schwarz untergräbt dies, indem es fragt, ob so etwas wie Moral überhaupt existiert. Es nutzt die Selbstsucht der Menschen aus, um sie dazu zu bringen, sich nur um sich selbst zu kümmern.
Der Konflikt von Weiß mit Rot dreht sich um Hilfsbereitschaft. Weiß schützt die Schwachen, indem es Regeln aufstellt, die jene bestrafen, die sie ausnutzen. Rot untergräbt dies, indem es den Sinn dieser Regeln infrage stellt. Es spielt mit dem Missfallen der Menschen, wenn man ihnen vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben.
Der Konflikt von Weiß ist der, eine Struktur inmitten von Kräften aufrechtzuerhalten, die sie einreißen oder gar ihre Entstehung verhindern wollen.
Blau vs. Rot und Grün
Blau strebt nach Perfektion. Blau will alles tun, was in seiner Macht steht, um die beste Version seiner selbst und seiner Gesellschaft zu erschaffen. Seine Konflikte richten sich gegen die beiden Kräfte, die sich diesem Ziel entgegenstellen: Kurzsichtigkeit und der Unwille zur Veränderung. Blau setzt Wissen als Mittel ein, Einzelne über das Potenzial in Kenntnis zu setzen, das sie in sich tragen. Es macht sich für Bildung, Ausbildung und das Erschaffen von Werkzeugen stark, mittels derer die Menschen größer und besser werden können. Es hat Bildung und Technologie erschaffen.
Der Konflikt von Blau mit Rot dreht sich um Zurückhaltung. Blau lehrt, dass jemand durch sorgfältiges Abwägen und Planen seine Zukunft gestalten kann. Rot untergräbt dies, indem es stets nur kurzsichtig denkt und spontane Entscheidungen trifft, die langfristig schädlich sind. Es nutzt die impulsive Natur der Menschen aus, sofortige Belohnungen ergattern zu wollen.
Der Konflikt von Blau mit Grün dreht sich um dessen Unwillen zur Veränderung. Blau setzt auf innovative Technologien und nutzt seine Suche nach Wissen stets dazu, neue Antworten auf die Fragen des Lebens zu finden. Grün untergräbt dies, indem es die Unantastbarkeit des Prinzips eines ständigen Wandels anzweifelt. Es nutzt den Hang der Menschen aus, alte Gewohnheiten weiter zu pflegen, und sät Furcht vor dem Unbekannten.
Der Konflikt mit Blau dreht sich darum, langsame, behutsame Veränderungen vorzunehmen – im Angesicht von Kräften, die versuchen, diese zu umgehen oder gar aufzuhalten.
Schwarz vs. Grün und Weiß
Schwarz will Macht. Schwarz glaubt an Eigenverantwortung und möchte jedem dazu verhelfen, selbst über den eigenen Lebensweg zu bestimmen. Seine Konflikte richten sich auf die beiden Kräfte, die dem Einzelnen diese Wahl nehmen wollen: die falschen Konzepte von Schicksal und Moral. Schwarz möchte unbegrenzte Möglichkeiten erschaffen, indem es den Menschen eine Wahl lässt und ihnen die Verantwortung für ihre Entscheidungen überträgt. Es hat die Konzepte des freien Willens und der Selbstermächtigung erschaffen.
Der Konflikt von Schwarz mit Grün dreht sich um das Schicksal. Schwarz lehrt, dass jeder Einzelne die Kontrolle darüber hat, was er aus seinem Leben macht. Grün untergräbt dies, indem es erklärt, dass das Leben eines jeden vorherbestimmt ist und er daher auch genau jenen Pfad beschreiten muss, der ihm zugedacht wurde. Es nutzt dabei die natürliche Furcht vor der Ungewissheit aus und verspricht eine Belohnung, die nicht verdient werden muss.
Der Konflikt von Schwarz mit Weiß dreht sich um Realismus. Schwarz lehrt, dass der Einzige, auf den man sich verlassen kann, man selbst ist. Sich auf andere zu verlassen, sorgt nur für eine Anfälligkeit gegenüber Enttäuschungen oder Schlimmerem. Weiß untergräbt dies, indem es propagiert, die Starken seien verpflichtet, die Schwachen zu verhätscheln, und dass niemand mehr verdient, obwohl er schwerer arbeitet. Es nutzt die Tatsache aus, dass die Schwachen den Starken zahlenmäßig überlegen sind und verleiht ihnen ein falsches Selbstwertgefühl.
Der Konflikt von Schwarz dreht sich darum, ein System zu erschaffen, das Leistung belohnt, während andere Kräfte Schwäche begünstigen.
Rot vs. Weiß und Blau
Rot sehnt sich nach Freiheit. Rot möchte seiner Leidenschaft folgen, wohin auch immer dies führen mag. Seine Konflikte richten sich gegen die beiden Kräfte, die ihm Steine in den Weg legen wollen: Vorsicht und Gefühllosigkeit. Rot ist aufs Handeln aus und ermutigt die Menschen, ihren Impulsen nachzugeben. Es hat Begeisterung und Spontaneität erschaffen.
Der Konflikt von Rot mit Weiß dreht sich um die Aufstellung sinnloser Regeln. Rot versteht, dass das Leben Gefahren birgt, doch keine davon wiegt so schwer wie ein Leben, das nicht gelebt wird, oder das Bedauern über nie getroffene Entscheidungen. Weiß untergräbt dies, indem es die Sicherheit der Gruppe über die Rechte des Einzelnen stellt. Es nutzt den Widerwillen der Menschen dagegen aus, verletzt zu werden.
Der Konflikt von Rot mit Blau dreht sich um die Neigung zur Passivität. Rot versteht, dass unbekannte Faktoren Risiken bergen, doch mit den Unbilden des Lebens fertigzuwerden ist nun einmal Teil der Reise. Blau untergräbt dies, indem es propagiert, man müsse Probleme erst vollständig verstehen, ehe man sie angehen kann. Es nutzt den Unwillen der Menschen aus, Fehler zu machen.
Der Konflikt von Rot dreht sich darum, Handlungsbereitschaft zu fördern, während andere Kräfte die Menschen gewaltsam dazu drängen, sich zu zügeln.
Grün vs. Blau und Schwarz
Grün wünscht sich Wachstum. Grün glaubt, dass die Natur bereits perfekt ist und einfach nur ohne Einmischung von außen ihren Weg gehen will. Seine Konflikte gehen gegen die beiden Kräfte, die unnatürliche Veränderungen herbeiführen wollen: die Veränderung unserer Identität und die Veränderung unseres Schicksals. Grün wünscht sich, dass man das natürliche System für sich akzeptiert, damit man als Mensch begreift, dass man das System gar nicht zu etwas Besserem hin verändern muss, weil es nämlich bereits das bestmögliche ist. Es hat eine Wertschätzung für unsere innere Natur und unser Schicksal erschaffen.
Der Konflikt von Grün mit Blau dreht sich um die Ablehnung der Genetik und jenem falschen Irrglauben, dass wir das grundlegende Wesen unserer Natur irgendwie verändern könnten. Grün versteht, dass wir mit genau den Eigenschaften geboren wurden, die uns eben als Person ausmachen. Blau untergräbt dies, indem es den Glauben verbreitet, die Menschen könnten zu etwas anderem werden als das, was sie in Wahrheit sind. Es nutzt die Sehnsucht der Menschen nach der Vorstellung aus, dass wir etwas anderes sein können als das, wozu wir geboren wurden.
Der Konflikt von Grün mit Schwarz dreht sich um die Ablehnung des Schicksals. Grün begreift, dass man im Laufe seines Lebens zu lernen hat, welche Rolle man im größeren Netz des Lebens spielt, und dass man diese Rolle dann für sich annimmt und ausfüllt. Schwarz untergräbt dies, indem es propagiert, die Menschen könnten ihrem Schicksal entgehen und dass das Verändern der bestehenden Verbindungen zwischen allen Lebewesen zu irgendetwas anderem als einer Katastrophe führen kann. Es nutzt das menschliche Verlangen aus, die dunkle Seite der Natur zu ergründen.
Der Konflikt von Grün dreht sich darum, für eine Akzeptanz der Welt um uns herum zu sorgen, während andere Kräfte danach streben, diese Welt zu etwas zu machen, was sie nicht ist.
Hass ist dein Freund
Eines der Dinge, die man beim Erlernen des kreativen Schreibens immer wieder beigebracht bekommt, ist, dass Geschichten sich im Grunde um Konflikte drehen. Der Protagonist will etwas und der Antagonist – sei es nun ein Mensch, eine Kraft oder ein innerer Konflikt – versucht, ihn daran zu hindern, es zu bekommen. Die Farbpalette funktioniert ähnlich: Die Wünsche und Bedürfnisse einer jeden Farbe werden von ihren Feinden zu untergraben versucht. Die heutige Kolumne hat gezeigt, dass die wahre Schönheit der Farben nicht nur durch ihre einzelnen Philosophien entsteht, sondern auch durch ihre Verbundenheit miteinander.
Um die Konflikte in einer einzigen Kolumne abhandeln zu können, habe ich sie allerdings etwas vereinfacht. Beschäftigt man sich näher mit ihnen, wird man jedoch rasch feststellen, dass jeder von ihnen viele verschiedene Facetten aufweist. So könnte man aus dem Konflikt Rot gegen Weiß zwei völlig unterschiedliche Geschichten spinnen, die einander nicht ähneln würden. (The Dark Knight beispielsweise ist etwas ganz anderes als Ferris macht blau.)
Ich freue mich immer über euer Feedback, doch da die Farbpalette eine meiner großen Leidenschaften ist (hier kommt das Rot in mir zum Vorschein), bin ich besonders begierig auf eure Gedanken zum heutigen Text. Ihr könnt mir eine E-Mail schreiben oder mich über eines meiner Social-Media-Profile kontaktieren (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram).
Schaut auch nächste Woche wieder vorbei, denn dann gibt es eine weitere Sturmskala-Kolumne.
Mögen bis dahin eure Konflikte so interessant sein wie eure Philosophien.
„Drive to Work #382 – Mirrodin Showdown“
Mein „Ravnica Showdown“-Podcast war so beliebt, dass ich beschlossen habe, einen weiteren zu machen: Diesmal stellen sich die Mechaniken des ursprünglichen Mirrodin-Blocks denen des Die Narben von Mirrodin-Blocks. Wer mag wohl gewinnen? Hört einfach rein, dann werdet ihr es erfahren.
„Drive to Work #383 – 20 Lessons: Customization“
Dies ist der neunte Teil meiner zwanzigteiligen Reihe „20 Lessons, 20 Podcasts“, die auf meinem Vortrag von der GDC beruht. (Die drei dazugehörigen Artikel findet ihr hier, hier und hier.) In diesem Podcast spreche ich darüber, warum es wichtig ist, die Spieler einen Einfluss darauf haben zu lassen, was sie spielen.
- Episode 381 Card Concepting (25.0 MB)
- Episode 380 Quick Creative (24.7 MB)
- Episode 379 Replies with Rachel #2 (26.6 MB)