Herzlich willkommen zur Jeskai-Woche! Dies ist die zweite aus einer Reihe von fünf Themenwochen zu den Wedges, in der wir einen Blick auf jene Kombinationen der fünf Farben werfen, bei denen sich jeweils eine mit ihren beiden Feinden verbrüdert. In der ersten Wedge-Themenwoche ging es um die Abzan. Wenn ihr mehr von mir zur Farbpalette lesen möchtet, so findet ihr Ihier mehr als zwanzig Artikel darüber auf meiner entsprechenden Seite.

Und so funktionieren die Artikel in den Wedge-Wochen: Ich bringe die drei Farben des fraglichen Wedges zusammen und setze sie gemeinsam in einen Raum. Dann stelle ich ihnen ein paar Fragen und halte mich anschließend zurück, während sie diese beantworten.

Fangen wir doch gleich an.

Hallo zusammen. Beginnen wir wie immer damit, dass die Farben sich vorstellen. Gehen wir am besten der Reihenfolge nach vor, in der ihr in den Manakosten der Jeskai-Karten auftaucht.

Ich bin Blau. Ich stehe im Zentrum des Jeskai-Wedges. Ich strebe danach, Perfektion durch Wissen zu erlangen.

Ich bin Rot. Ich strebe danach, Freiheit durch Handeln zu erreichen.

Ich bin Weiß. Ich strebe danach, Frieden durch Struktur zu schaffen.

Ich beginne diese Unterhaltungen gern damit, über den bestimmten Aspekt zu sprechen, den das Wedge verkörpert. In diesem Fall ist das Listigkeit. Könnte jede von euch ein wenig dazu erzählen, was Listigkeit für euch bedeutet?

Sicher. Listigkeit bedeutet für mich, den Gegner auszutricksen, also herauszufinden, was er oder sie glaubt, was als Nächstes passieren wird, und dann stattdessen etwas ganz anderes zu tun.

Mir gefällt der Gedanke, dass du die Handlungen deines Gegners vorhersehen willst, aber ich glaube, bei der Listigkeit geht es darum, mehr zu wissen als der Gegner und dieses Wissen zum eigenen Vorteil einzusetzen.

Listigkeit impliziert doch aber eine gewisse Verschlagenheit.

Wie wäre es, wenn jeder mal zu Wort kommen dürfte?

Du bist doch nicht stumm. Leg einfach los. Das hier ist eine offene Runde.

Mir ist nur aufgefallen, dass ich es auf jedem Wedge entweder mit dir oder mit Schwarz zu tun habe, und das bedeutet, dass es nie geordnet zugehen wird.

Du tust so, als wäre das etwas Schlechtes. Das hier ist eine Diskussion am runden Tisch. Der ganze Sinn davon ist doch, dass wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen und zum Kern unser Probleme vordringen.

Oder wir könnten die Themen, die uns hier vorgeschlagen werden, ruhig und sachlich diskutieren. Ich glaube, wir können unsere Gurgeln in Ruhe lassen.

Oh, richtig, es könnte ja sonst aus Versehen unterhaltsam werden. Schauen wir mal lieber, wie wir sämtlichen Spaß im Keim ersticken können.

Vielleicht sollten wir einfach auf die Frage antworten, die man uns gestellt hat?

Hab ich doch.

Ich meinte Weiß.

Danke, Blau. Ich glaube, bei Listigkeit geht es darum, die zu erwartende Reaktion des Gegners vorherzuahnen und dann Schritte einzuleiten, um sie zu verhindern.

Ja, man trickst den Gegner aus. Genau das hab ich doch gesagt.

Du hast nicht genau zugehört, was Weiß gesagt hat. Weiß spricht sich für proaktive Maßnahmen aus. Du hingegen bist so reaktiv, wie man nur sein kann.

Horden-Lauerer | Bild von Tyler Jacobson

Ich lasse mich eben gern mitreißen, wenn es das ist, worauf du anspielst. Ich bin spontan. Listigkeit muss nicht immer etwas mit Planung zu tun haben.

Ein Großteil davon hat durchaus etwas damit zu tun. Wie sorgt man denn dafür, dass der Plan des Gegners nicht so aufgeht, wie er es beabsichtigt hat? Indem man ihm einen Schritt voraus ist.

Das bin ich doch. Aber das ist mehr so ein Bauchgefühl. Ich folge meinen Instinkten. Ich sitze nicht rum und zeichne irgendwelche Pläne und Tabellen.

Es scheint, wir stimmen alle darin überein, dass Listigkeit bedeutet, auf eine Weise zu handeln, die der Gegner nicht richtig vorhersehen kann. Wir alle tragen gewisse Anteile in uns, die genau das ermöglichen. Ich trage gern Wissen über meinen Gegner und dessen Strategie zusammen. Rot ist von Natur aus unberechenbar und versucht so, den Gegner über seine wahren Absichten im Dunkeln zu lassen. Weiß setzt lieber auf vorausschauende Maßnahmen, um Antworten auf zukünftige Bedrohungen parat zu haben. Jeder von uns hat seine eigenen Mittel, um listig zu sein.

Sprechen wir doch darüber. Über welche mechanischen Ressourcen verfügt ihr, um listig sein zu können?

Wir gehen das zwar leicht unterschiedlich an, aber sowohl Rot als auch ich plündern. Weiß und ich verfügen hingegen über jede Menge Tricks im Kampf.

Wir alle drei verfügen über eine ganze Menge interaktiver Spontanzauber. Ich lasse Karten ziehen, sortiere Karten aus oder wirke Gegenzauber.

Ich stimme dem zu, was Blau und Rot gesagt haben. Ich glaube, wir alle verfügen über die nötigen Mittel, den Gegner zu überraschen. Ich besitze eine Menge Schadensverhinderung und Schadensumleitung, und ich kann für Schutz und Unzerstörbarkeit sorgen.

Ich kann Fluchsicher gewähren. Ich kann auch die Stärke der Kreaturen meines Gegners verringern. Und natürlich kann ich Dinge zurück auf die Hand schicken.

Wegzwingen | Bild von Mark Winters

Ich kann auch meine eigenen Sachen auf die Hand zurückschicken.

Richtig.

Ich besitze Direktschaden, den Großteil davon als Spontanzauber. Und ich bringe gerne die Berechnungen im Kampf durcheinander indem ich an Stärke und Widerstandskraft drehe.

Außerdem haben wir so unsere Mittel und Wege, unsere Jungs im Kampf zum Gegner durch zu schmuggeln. Ich kann meine Leute unblockbar machen. Weiß kann das im Grunde irgendwie auch, indem es ihnen Schutz verleiht, und Rot kann Kreaturen am Blocken hindern.

Blau und ich können natürlich durch Fliegen auch ausweichen.

Ich verfüge über Eile und Blau über Aufblitzen, sodass wir den Gegner mit einem Angreifer überraschen können, den er nicht einberechnet hatte. Und Blau und ich können beide Zaubersprüche umleiten oder kopieren.

Das Meiste von dem, was wir aufgezählt haben, sind Nichtkreatur-Zaubersprüche, wodurch wir natürlich mit der Mechanik der Jeskai, nämlich Bravour, interagieren können.

Sprechen wir doch darüber, wie es sich für euch beide anfühlt, euch mit eurem gemeinsamen Feind verbünden zu müssen.

Es nervt.

Er sagte: „Euch beide.“ Er hat mit mir und Blau geredet.

Ich glaube, du warst mit „gemeinsamer Feind“ gemeint.

Nein, nein und nochmals nein. Als ich hierher gebeten wurde, wurde mir sehr deutlich gemacht, dass es keine Regeln geben würde. Es werden Fragen gestellt, und die sollen wir beantworten.

Es gibt immer Regeln.

Nein, gibt es nicht. Ich meine, klar, ihr beiden lebt ununterbrochen nach irgendwelchen Regeln, aber das ist euer Problem. Ihr seid von Regeln geradezu besessen. Im Ernst, das ist doch krank. Und irgendwie ein bisschen gruselig.

Ich sollte mich also der Anarchie hingeben? So wie du?

Du magst deine Schubladen. Ich bin also ein „Anarchist“. Ich bin „chaotisch“. Ich bin „labil“. All diese Worte beschreiben mich als etwas Zerstörerisches. Ich bin aber auch die Farbe der Leidenschaft, der Loyalität, der Empathie und der Liebe. Ich bin der Grund dafür, dass Menschen etwas füreinander empfinden.

Wohltätigkeit, Gunst, Gnade, Mitgefühl, Schuld – das bin alles ich. Du hast hier kein Monopol darauf, dich um andere zu kümmern. Du hast ja noch nicht einmal Gemeinschaftssinn. Du tust nur das, wonach dir gerade ist – und nach dir die Sintflut.

Sicher, dir liegt etwas an der Gruppe, aber nie am einzelnen Individuum. Wenn einer sterben muss, um fünfzig andere zu retten, zuckst du nicht einmal mit der Wimper. Es geht dir immer um das „größere Wohl“. Doch zu welchem Preis? Jeder braucht jemanden, dem er wichtiger ist als fünfzig Fremde.

Ende der Feindseligkeiten | Bild von Jason Rainville

Und wer genau darf darüber entscheiden, wer wichtiger ist als jemand anderes?

Das tun wir alle.

Das ist eine gefährliche Abwärtsspirale. Es beginnt damit, eine Person einer anderen vorzuziehen, und wenig später fängt man an, irgendwie rechtfertigen zu wollen, dass nur man selbst und diese eine Person mehr verdient haben als alle anderen.

Das ist das Vertrackte an Gefühlen. Sie sind irrational. Man trifft im Eifer des Gefechts Entscheidungen, und plötzlich tut man Dinge, die man besser nicht tun sollte.

Na schön, ich mache Fehler. Aber zumindest packe ich die Dinge an. Ich unternehme etwas. Ihr lebt in einer gefühlskalten Welt, in der ihr nie etwas empfindet. Natürlich magst du Weiß. Alles ist in niedliche kleine Schächtelchen verpackt und zu Tode analysiert. Keiner von euch beiden geht jemals ein Risiko ein. Du, Weiß, sprichst zwar andauernd darüber, wie wichtig die Menschen sind, gehst aber nie eine Verbindung mit ihnen ein. Und du, Blau, bist so losgelöst von allem, dass du die Sorgen und Nöte der Menschen um dich herum nicht einmal begreifst.

Und wie viele Menschen leiden unter deinem Tun? Deine Einstellung, etwas zu tun, weil „es sich richtig anfühlt“, führt dazu, dass andere leiden, doch das kommt dir nicht einmal in den Sinn, denn dann du bist schon längst mit der nächsten Aktion beschäftigt. Du bleibst nicht lange genug an einem Ort, um die Konsequenzen deines Handelns zu sehen – Konsequenzen, die oft zu Schmerz und Leid führen.

Das erscheint mir wie ein guter Zeitpunkt, um über die Ziele zu sprechen, die ihr Euch jeweils ursprünglich einmal gesteckt habt.

Mir geht es um Freiheit. Und das bedeutet ...

Augenblick mal! Erkennt hier noch jemand ein Schema? Uns wird eine Frage gestellt, und du fährst immer dazwischen und antwortest zuerst!

Ja, und?

Es wäre vielleicht besser, wenn wir abwechselnd antworten, damit jeder von uns einmal als Erster dran sein kann.

Und warum sollte ich das tun?

Genau. Warum solltest du das tun? Was springt für dich dabei heraus? Bedeutet dir das, was ich oder Blau fühlen, denn gar nichts?

Blau hat keine Gefühle.

Ich habe Gefühle. Ich lasse sie nur nicht über mein Leben bestimmen.

Blendendes Gift | Bild von Wayne Reynolds

Jede Emotion zu unterdrücken, die man hat, fühlt sich ziemlich danach an, keine zu haben.

Du wechselst schon wieder das Thema, wenn du über etwas Bestimmtes nicht sprechen willst. Können wir bitte auf deine Unhöflichkeit zurückkommen, mit der du andere nicht zu Wort kommen lässt?

Nein, so funktionieren Unterhaltungen nicht. Man kann nicht einfach „zurückspringen“. Wenn man über etwas Bestimmtes sprechen will, dann muss man das Thema darauf lenken.

Dann sprechen wir doch darüber, wie unhöflich du jetzt gerade bist.

Ich bin hier unhöflich?

Ja.

Ich stimme dem zu.

Ihr beide verbrüdert euch andauernd gegen mich, und ich bin unhöflich?

Wir verbrüdern uns nicht gegen dich. Du bist unhöflich, und wir beide stellen das nur ganz zutreffend fest.

Es ist doch immer dasselbe, wenn du und Blau beieinander sind. Ihr stellt Regeln auf, wie man sich eurer Meinung nach verhalten sollte, und – große Überraschung – alles, was ich mache, verstößt gegen diese Regeln.

Das kommt davon, weil du nie an jemand anderen denkst als dich selbst.

Jetzt verwechselst du mich aber mit Schwarz. Ich denke sehr wohl an andere. Ich suche mir nur aus, wer diese anderen sind. So gern du diese Illusion, dass alle gleich wären, auch unbedingt aufrechterhalten möchtest, sind eben nicht alle gleich. Wenn ich die Wahl habe, einem geliebten Menschen oder einem Fremden zu helfen, dann helfe ich dem geliebten Menschen. Jedes Mal. Jedes verdammte Mal!

Und was passiert, wenn jeder so handelt? Sobald man entscheidet, dass einige Menschen wichtiger sind als andere, entsteht Ungleichheit. Schau mal, du achtest immer nur darauf, wie sich deine Entscheidungen auf den Moment auswirken. Doch jede Entscheidung, die wir treffen, hat langfristig auch Einfluss auf die gesamte Gesellschaft. Wenn du zum Beispiel etwas sagen willst, dann tust du das einfach. Blau ist da wesentlich geduldiger. Was ist daher passiert? Du hast das Gespräch an dich gerissen, sodass Blau kaum eine Gelegenheit hatte, irgendetwas zu sagen. Und dabei steht Blau im Zentrum dieses Klans. Wir machen jetzt also Folgendes: Die nächste Frage geht direkt an Blau.

Na gut. Blau, kannst du dein Ziel erläutern und mit welchen Mitteln du es erreichen willst?

Sehr gern. Danke, Weiß. Ich glaube an Folgendes: Jeder kommt mit einem grenzenlosen Potenzial auf die Welt Wir werden alle gewissermaßen als unbeschriebenes Blatt geboren. Der Sinn des Lebens ist es, herauszufinden, was man gerne wäre, und dann daran zu arbeiten, sich die Dinge zu beschaffen, die dazu nötig sind. Ein wichtiger Schlüssel dazu ist Bildung. Um etwas gut zu machen, muss man alles Notwendige darüber lernen. Außerdem muss man herausfinden, welche Werkzeuge man dafür benötigt, und sich diese besorgen. Zu guter Letzt muss man Fertigkeiten meistern, was durch Erfahrung geschieht. Wissen, Werkzeuge und Erfahrung helfen einem dabei, sein Potenzial zu entfalten.

Stille Einkehr | Bild von Magali Villeneuve

Nichts davon erklärt, warum du so ein kalter Fisch bist.

Rot!

Schon gut, schon gut. Nichts davon erklärt, warum du dich weigerst, deine Gefühle zu akzeptieren.

Gefühle sind eine Falle. Um das eigene Potenzial auszuschöpfen, muss man seinen Verstand einsetzen. Jeder Einzelne besitzt nur begrenzte Ressourcen, und deshalb muss man, um erfolgreich zu sein, entsprechende Prioritäten setzen. Gefühle führen zu impulsivem Handeln, das auf biologischen Trieben beruht, die vor langer Zeit entstanden sind, um zu gewährleisten, dass wir in der Wildnis überleben können. Die Welt hat sich weitergedreht, aber unsere Triebe haben sich dem nicht angepasst. Sie halten uns von unserem langfristigen Ziel ab – zugunsten von kurzzeitigem Vergnügen. Wenn wir unseren Gefühlen nachgeben, werden wir für kurze Zeit belohnt, jedoch zu Lasten unserer längerfristigen Bemühungen. Bei jeder einfachen Kosten-Nutzen-Analyse käme heraus, dass es das einfach nicht wert ist.

Kosten-Nutzen-Analyse? Ist das Glück für dich? Traurigkeit? Zorn? Angst? Du tust gerade so, als seien unsere Gefühle so ein Höhlenmenschen-Ding, aus dem wir eigentlich rausgewachsen sind. Das sind unsere Körper, die uns sagen, was sie brauchen!

Nein. Das sind unsere Körper, die uns sagen, was sie wollen. Nicht, was sie brauchen. Müssen wir jemanden, der uns wütend macht, schlagen? Müssen wir vor einer Sache weglaufen, die uns vielleicht enttäuscht? Müssen wir weinen, weil wir nicht bekommen haben, was wir wollten? Gefühle sind einfache Antworten auf komplexe Fragen. Jemanden zu schlagen löst nicht das zugrundeliegende Problem. Durch Weglaufen überwinden wir keine Hindernisse. Durch Weinen werden wir nicht mit Enttäuschungen fertig. Allein der Verstand erlaubt es uns, unsere Impulse zu hinterfragen und den eigentlichen Weg zu finden, über den wir bekommen, was wir brauchen.

Also unterdrückst du einfach jedes Gefühl. Geht es dadurch weg?

Ich habe nie abgestritten, dass Emotionen eine gewaltige Macht besitzen. Deshalb ist Disziplin so wichtig.

Ganz richtig!

Du verwechselst das Ei mit der Henne. Warum sollte man alles bekommen wollen, was man haben möchte? Um glücklich zu sein? Tja. Rate mal! Dein Glück zu ignorieren, um eine Liste voller Dinge abzuhaken, die du unbedingt erreichen willst, ist eben nicht der beste Weg zum Glück! Du bist so auf die Zukunft konzentriert, dass du nicht in der Gegenwart lebst. Du lebst in einer Welt, in der das Morgen stets verheißungsvoll, das Heute aber immer trostlos ist.

Und du lebst in einer Welt, in der du nur von Augenblick zu Augenblick existierst. Um zu bekommen, was man will, bedarf es einiger Opfer. Es erfordert Arbeit, Hingabe, Konzentration und Zeit. Und du hast keines dieser Dinge, denn das würde ja erfordern, dass du etwas in der Gegenwart aufgibst, um in der Zukunft etwas zu bekommen. Und das ist genau das Gegenteil zu deiner Lebenseinstellung.

Rot, das erscheint mir wie eine gute Gelegenheit, uns von deinem Ziel zu erzählen, und wie du vorhast, es zu erreichen.

Jeder scheint mich als die rücksichtslose, außer Kontrolle geratene Farbe darstellen zu wollen. Ich nehme sehr wohl Rücksicht, und vielleicht sogar mehr als jede andere Farbe. Ich glaube, der Sinn des Lebens besteht darin, seine große Leidenschaft zu finden und sie auszuleben. Zu viele Leute leben einfach so vor sich hin und probieren nichts aus, wodurch sie sich lebendig fühlen könnten. Das ist doch kein Leben! Ich weiß, dass viele nicht wissen, wie sie das anstellen sollen – dabei ist die Antwort doch so simpel! Tief im Inneren weiß man, was man will. Der Trick ist es, danach lauschen zu lernen und dann einfach seinem Herzen zu folgen.

Du hast vorhin gesagt, dein Ziel wäre Freiheit.

Dazu komme ich schon noch. Es tut mir sehr leid, dass mein Ziel nicht so einfach gestrickt ist wie deins. Ich möchte also, dass jeder seine große Leidenschaft entdeckt. Dazu brauchen wir aber eine Gesellschaft, die es Leuten ermöglicht, genau das zu tun. Wenn ich sage, dass mein Ziel die Freiheit ist, dann meine ich damit, dass jeder die Freiheit besitzen sollte, das zu tun, was getan werden muss, um seine große Leidenschaft zu finden.

Und was, wenn diese Leidenschaft etwas ist, was anderen Schaden zufügt?

Flinker Tritt | Bild von Mathias Kollros

Ich möchte hier keinesfalls sinnlose Gewalt gutheißen. Aber wenn jemand versucht, dir oder jemandem, der dir wichtig ist, wehzutun, dann solltest du das Recht haben, das zu tun, was getan werden muss. Verstehst du? Ich laufe nicht durch die Welt und suche Streit, aber ich laufe auch nicht vor einem weg. Du sagst immer, ich schere mich nicht um die Konsequenzen. Ich begreife sehr wohl, dass mich jemand, den ich schlage, unter Umständen zurückschlägt. Das ist eine Konsequenz. Manchmal muss man sie aber auch schlicht und ergreifend tragen.

Du sagst, du wärst nicht leichtsinnig und zwei Sekunden später heißt du Kämpfen gut?

Ich verstehe, dass Gewalt ein Teil des Lebens ist, und – im Gegensatz zu dir – tue ich nicht so, als würde sie keine Rolle spielen, aber das ist nur ein kleiner Teil dessen, wovon ich rede. Wenn man seinem Herzen folgt, geht es dabei meistens nicht um Gewalt, sondern um Liebe. Jeder hat das Recht, glücklich zu sein. Jeder hat das Recht, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Mehr verlange ich gar nicht. Ich möchte, dass die Menschen zu eigenem Handeln fähig sind, ohne dass ihnen die Gesellschaft vorschreibt, was sie zu tun oder zu lassen haben.

Wie Verbrechen?

Könntest du bitte aufhören, auf diesem einen Teilgebiet herumzureiten? Die meiste Zeit über schaden Leute, die ihre Leidenschaften ausleben, rein gar niemandem.

Wie steht es mit ihnen selbst? Du tust so, als würden Impulse die Leute immer auf den richtigen Weg führen. Impulse führen dazu, dass Leute dumme Dinge tun.

Nein, Impulse führen zum Handeln. Impulse bringen die Leute dazu, herauszufinden, wer sie wirklich sind.

Nein, das tun sie nicht. Sie führen nur zur Befriedigung biologischer Triebe. Man wird wütend, der Adrenalinspiegel steigt und plötzlich hat man mehr Energie. Die Wut ist ein Nebenprodukt dessen, dass der Körper sich zu schützen versucht.

Nein, die Wut und das Adrenalin sind Signale deines Körper, damit du begreifst, was du tun musst. Anders als du ignoriere ich meine Impulse nicht, sondern habe zu verstehen gelernt, was sie bedeuten.

Kommen wir jetzt zu Weiß. Im letzten Interview hast du dein Ziel ja bereits erläutert. Vielleicht könntest du es heute noch mal im Kontext der anderen Farben näher ausführen?

Rot erklärt einem immerzu, wie man an sich selbst denken muss. Ich glaube, wir sind zu etwas viel Höherem berufen. Wir müssen aufeinander achtgeben. Wenn wir alle zusammenarbeiten, gibt es nichts, was wir nicht schaffen könnten. Doch dazu müssen wir unsere Gier und unseren Neid hinter uns lassen. Es gibt keinen Grund, so viel zu nehmen, wie man nur irgendwie kann. Man sollte nur so viel nehmen, wie man braucht, und wenn das jeder täte, würde es für jeden genug von allem geben. Der Grund, aus dem wir leiden, ist nicht, dass wir nicht genug Ressourcen hätten, um jeden zu versorgen, sondern weil zu viele eigennützig handeln.

Der Gedanke, wir wären alle gleich und würden einander gleich behandeln, widerspricht der menschlichen Natur. Ich werde immer mehr Ressourcen und Energie für die aufwenden, die mir nahestehen. Es ist töricht, etwas anderes zu denken.

Blutfeuer-Mentor | Bild von Chase Stone

In der Welt, die ich anstrebe, würden du und deine Lieben aber gar nicht leiden. Die Bedürfnisse jedes Einzelnen würden erfüllt werden.

Du tust so, als müsse es nur genug Nahrung geben, und alles wäre gut. Menschen brauchen mehr als die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse. Sie brauchen eine Heimat. Sie brauchen ein Ziel. Sie brauchen Leidenschaft. Deine nette, geordnete Welt scheint das alles unter den Teppich zu kehren.

Die Menschen haben schon Freiheiten, nur sind diese nicht unbegrenzt. In dem Moment, in dem deine Freiheit meine Freiheit beeinträchtigt, bist du zu weit gegangen. Gesetze existieren, um die Menschen zu beschützen und festzulegen, welches Verhalten annehmbar ist und welches nicht.

Ich verstehe, dass deine Gesetze immer in bester Absicht erschaffen werden, doch jedes Mal, wenn du eine neue Einschränkung festlegst, schränkt sie auch jemandes Freiheit ein, sich auszudrücken.

Das ist der Preis dafür, dass sich um alle gut gekümmert wird.

Und ich sage, dieser Preis ist zu hoch. Mir ist klar, wie persönliche Freiheiten es mit sich bringen können, dass manche Leute leiden müssen, aber es leiden noch viel mehr, wenn man den Leuten diese Freiheiten nimmt.

Wir haben nun eine ganze Weile über euren Konflikt mit Rot gesprochen. Weiß und Blau, habt ihr beide auch Konflikte untereinander?

Weiß und ich sind uns einig, was die Notwendigkeit einer festen Ordnung anbelangt. Ich beziehe das mehr auf mich selbst und Weiß mehr auf die Gesellschaft, aber wir stimmen überein, dass es nichts Gefährlicheres als Chaos gibt. Ich glaube, der Punkt, an dem unsere Meinungen am weitesten voneinander abweichen, ist der, wenn es darum geht, unsere Rolle in unserem eigenen Schicksal zu erkennen. Dieser Konflikt tritt am deutlichsten im Kontext unserer Konflikte mit unseren anderen Verbündeten zutage: in meinem Fall Schwarz und Grün für Weiß. Schwarz und ich sind beide der Auffassung, dass unser Schicksal nicht vorbestimmt ist, dass es so etwas wie einen freien Willen gibt und dass wir unsere Zukunft selbst gestalten können. Weiß hingegen ist mit Grün einer Meinung, dass die Dinge auf eine ganz bestimmte Weise erschaffen wurden und es sinnlos ist, gegen das Schicksal anzukämpfen.

Für mich ist der größte Unterschied zu Blau der, dass wir leicht unterschiedliche Dinge wollen. Wir streben beide danach, die perfekte Welt zu erschaffen, nur geht es Blau dabei mehr um Selbstverwirklichung, während ich auf die Entwicklung der perfekten Gesellschaft abziele. Für Blau spielt die Rolle des Einzelnen eben eine leicht größere Rolle. Abgesehen davon arbeiten wir sehr gut zusammen und können Regeln und Gesetze erstellen, die eine wahre Pracht sind.

Gut, für heute ist unsere Zeit um. Ich weiß, dass wir uns mehr auf die Konflikte zwischen euch konzentriert haben, aber ich würde gern mit etwas Versöhnlicherem abschließen. Könnte bitte jeder von euch in einem Satz erklären, warum die Spieler euren Klan spielen sollten? Machen wir das doch in der Reihenfolge, in der ihr euch auch vorgestellt habt.

Die gefährlichste Waffe ist der Verstand.

Ein zuversichtlicher Feind ist ein verwundbarer Feind.

Für jeden Plan gibt es einen Gegenplan.

Danke, dass ihr zu diesem Interview erschienen seid. Ich glaube, wir haben alle etwas gelernt.

Wie immer freue ich mich auf Feedback zu diesem Interview/Artikel per E-Mail oder über eines meiner Social-Media-Profile (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram).

Schaut auch nächste Woche wieder vorbei, wenn wir in die Vergangenheit reisen und einen Blick auf Unglued 2 werfen.

Möget ihr bis dahin euer eigenes Ziel erkennen und die Wege finden, um es zu erreichen.


„Drive to Work #170—2004“

Dies ist ein weiterer Podcast aus meiner Reihe „20 Years in 20 Podcasts“, bei der ich jedes Jahr in der Geschichte des Spiels einzeln beleuchte. In diesem Podcast geht es um das Jahr 2003.

„Drive to Work #171—Lessons Learned, Part 5“

Dieser Podcast gehört zu meiner Reihe „Lessons Learned“, in der ich über das spreche, was ich durch meine Sets gelernt habe. Dieser Podcast ist der erste von zwei Teilen, die sich ausschließlich mit meinen Lektionen während der Leitung des Designs für Die Narben Mirrodins beschäftigen.