Na schön. Ihr fühlt euch also bereit dazu, bei einem Turnier anzutreten. Ihr habt auch schon ein Deck gefunden, das euch gefällt. Es gibt da nur noch ein kleines Problem: Ihr habt noch nicht alle Karten, die ihr dafür braucht.

Und was nun? Welche Möglichkeiten habt ihr jetzt?

In den mehr als zehn Jahren, in denen ich nun schon über Magic schreibe, lautet eine der häufigsten Fragen, die man mir stellt: „Wie kann ich mit knappen Ressourcen gewinnen?“

Klären wir doch zunächst die Begrifflichkeiten. Wenn wir in diesem Artikel über „Knappheit“ oder „knappe Ressourcen“ sprechen, meinen wir damit die Verfügbarkeit von Karten. Seltene Karten sind schwieriger zu beschaffen als Uncommons, und sagenhaft seltene Karten sind schwerer zu beschaffen als Rares.

Die gute Nachricht ist, dass unser gestecktes Ziel in der heutigen Zeit definitiv machbar ist. Ihr müsst nur methodisch vorgehen und wissen, was ihr bauen wollt.

Wie also kann man denn nun mit knappen Ressourcen gewinnen? Lasst uns heute diese Frage endlich beantworten!

1. Entscheidet euch, welches Deck ihr bauen wollt

Das mag sehr offensichtlich klingen, ist aber in Wahrheit ein immens wichtiger Schritt! Als Allererstes solltet ihr genau festlegen, welches Deck ihr spielen wollt. Ich habe schon zu viele Spieler gesehen, die einfach wie ein wild gewordener Dreschflegel mit den Armen wedeln und sich ins Blaue hinein irgendwelche Standardkarten schnappen, weil sie hoffen, dass ihnen dann urplötzlich das gesamte Standardformat offensteht.

Mit knappen Ressourcen zu bauen, bedeutet – wie bei allem anderen in Magic auch –, seine Ressourcen sinnvoll einzusetzen. Beim Tauschen von Karten ist es doch so, dass man nur eine begrenzte Menge an Karten tauschen kann. Daher sollte man schon eine gewisse Idee haben, was man eigentlich bauen möchte.

Dank dieses Ziels kann man eine realistische Erwartung entwickeln, was mit dem jeweils vorhandenen Kartenpool überhaupt möglich ist. Schaut man sich zum Beispiel die Decklisten der Top 8 der aktuellen Pro Tour an und findet darunter drei Decks, die man gern spielen möchte, nur um festzustellen, dass man etwa die Hälfte der Karten für das erste Deck, für die anderen aber fast keine hat, dann ist es sehr viel leichter, mit dem Deck anzufangen, für das man zumindest schon etwas hat.

Nehmen wir als Beispiel für den Rest des Artikels einfach an, ihr wollt euch auf Luis Scott-Vargas‘ schwarz-grünes Aristokraten-Deck konzentrieren.

LSVs Schwarz-Grüne Aristokraten

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Okay. Ihr habt also euer Deck gefunden. Ihr habt sicherlich auch schon ein bisschen was darüber gelesen, wie es funktioniert, habt das auch verstanden und seid euch sicher, dass das tatsächlich das richtige Deck für euch ist.

Und was nun?

2. Findet das, was unersetzlich ist

Mit knappen Ressourcen bauen ist die eine Sache. Mit knappen Ressourcen ein Deck bauen, das auch gewinnen kann, ist eine ganz andere.

Unser Ziel sollte sein, trotz unserer Einschränkungen ein Deck zu bauen, das so gut mit der Konkurrenz mithalten kann wie irgend möglich. Das mag zwar ein paar kleine Anpassungen nach unten oder Abweichungen bei einigen Karten nach sich ziehen, aber eine Sache ist ausgesprochen wichtig: die Karten zu ergattern, die sich nicht durch andere ersetzen lassen.

Manche Decks haben integrale Bestandteile, für die sich kein guter Ersatz finden lässt, und dies sind genau die Karten, auf deren Beschaffung ihr eure Zeit und Energie konzentrieren solltet.

Schauen wir uns beispielsweise die drei seltenen und sagenhaft seltenen Karten in dem zuvor erwähnten schwarz-grünen Aristokraten-Deck an, die keine Länder sind. (Zu den Ländern und zum Sideboard komme ich später.)

Okay, gehen wir sie mal einzeln durch. Bei jeder davon solltet ihr euch zwei Fragen stellen: Ist sie für das Deck entscheidend und gibt es einen möglichen Ersatz?

Die Truppensammlung ist aus dem Standard nicht mehr wegzudenken und eine sehr mächtige Karte. Es gibt nichts, was auch nur annähernd so mächtig ist, wie eine Reihe von Kreaturen ins Spiel zu bringen. Sie ist zudem wichtig für die Strategie des Decks, denn immerhin sorgt sie als Spontanzauber ruckzuck für einen ganzen Haufen Kreaturen. Diese Karte solltet ihr euch unbedingt irgendwie besorgen.

Auch für den Kryptolith-Ritus gibt es kaum einen Ersatz. Es gibt einfach keine andere Karte im Standard mit dem gleichen Effekt. Ist er jedoch entscheidend? Nun, er ist auf jeden Fall ziemlich wichtig, aber das Deck funktioniert auch ohne ihn. Hätte ich ihn, würde ich ihn spielen, und ich würde ihn auch zu besorgen versuchen, aber er ist deutlich weniger wichtig als die Truppensammlung. Falls ihr ihn also nicht habt, dann ist das auch okay.

Liliana, die ketzerische Heilerin ist nicht entscheidend für das Deck, sodass ihr auch eine andere Karte für drei Mana an ihrer Stelle spielen könnt. Falls ihr sie habt, dann solltet ihr sie natürlich auch einsetzen, aber wenn ihr sie gegen eine andere Karte für drei wie etwa den Marodierenden Fleischsack oder die Unermüdliche Spurensucherin eintauscht, ist hinterher immer noch alles gut. Das ist vielleicht nicht hundertprozentig optimal, aber es ist mehr eine Abweichung als eine Herabstufung.

Die beste Möglichkeit, um herauszufinden, wie wichtig eine Karte ist, ist definitiv die, darüber nachzudenken, wie sich das Deck spielt, und sich dann anzuschauen, wie es tatsächlich gespielt wird. Sucht ihr jedoch nach einem schnellen Weg, die Wichtigkeit einer Karte zu bestimmen, ist es eine gute Faustregel, sich einfach nur anzusehen, wie häufig sie im Deck vorkommt. Das ist ein guter Indikator, für wie entscheidend der Erschaffer des Decks es hält, sie zu ziehen.

Das ist natürlich weit davon entfernt, eine präzise Methode zu sein. Viele der wichtigen und mächtigen Karten werden weniger als viermal gespielt – legendäre Kreaturen etwa, einzelne Ziele für Lehrmeister (versucht mal, das Verstrichene Jahre-Deck ohne zwei Exemplare der namensgebenden Karte zu spielen!) und so weiter. Aber es ist noch immer ein guter Hinweis, der in eure Analyse einfließen sollte.

3. Stürzt euch auf die Manabasis

Die spektakulären Zauber stehen zwar während des eigentlichen Spiels im Rampenlicht, aber der wohl entscheidendste Teil eines Decks ist zweifellos seine Manabasis.

Eure Länder helfen euch dabei, dass ihr all eure Zauber effektiv und zur richtigen Zeit ausspielen könnt. Ohne die richtigen Länder wird euer Deck einfach auseinanderfallen.

Aus diesem Grund empfehle ich, sich immer mindestens alle Doppelländer für jedes Set zu beschaffen. Sie übertreffen beinahe alles andere, denn man bekommt schlichtweg mehr aus ihnen heraus. Baut ihr beispielsweise irgendwann in den achtzehn Monaten, in denen Schatten über Innistrad legal ist, ein blau-weißes Deck, dann werdet ihr mit fast absoluter Sicherheit die Hafenstadt in euer Deck tun.

Manchmal jedoch habt ihr einfach nicht alles, was ihr braucht, um euer Deck vollständig zum Laufen zu bringen. Ihr habt vielleicht beispielsweise nur ein paar der Doppelländer, aber eben nicht alle.

In diesem Fall würde ich danach Ausschau halten, welche Ersatzmöglichkeiten es im jeweiligen Format gibt. Zum Beispiel sind die nicht ganz so häufigen Länder aus Eid der Wächter und Schatten über Innistrad eine gute Option. Sicher, der Fauchende Pfuhl kann zu einer Kreatur werden, aber in vielen, vielen Partien ist der Faulige Obstgarten genauso gut. Im Lauf der Zeit solltet ihr schon versuchen, auf den Pfuhl umzusteigen, aber der Obstgarten wird seine Aufgabe fürs Erste zuverlässig erledigen.

Wenn wir nun zu unserer Beispiel-Deckliste zurückkehren, so kann ich mir gut vorstellen, die seltenen Doppelländer gegen den Fauligen Obstgarten und die Sich entfaltende Wildnis auszutauschen.

Etwas schwieriger zu ersetzen ist jedoch die Abtei im Westtal. Dieses putzige Land wird zu einer gewaltigen, bedrohlichen Kreatur. Es ist nicht entscheidend für dieses Deck, aber es ist zweifellos stark und erzeugt einen Effekt, den man sonst so nirgends findet. Ich würde versuchen, es zu besorgen, aber fürs Erste lässt es sich auch durch ein Standardland ersetzen.

Eine letzte Anmerkung noch dazu: Manchmal gibt es Decks mit einer sehr komplexen Manabasis aus drei oder mehr Farben. Ich wäre sehr vorsichtig damit, solche Decks ohne die entsprechende Manabasis zu spielen. Man kann nur eine begrenzte Menge an Karten ersetzen, bevor diese Decks auseinanderfallen, und die gesamte Power dahinter, Karten mit so vielen unterschiedlichen Farben zu spielen, wird durch eine schwächere Manabasis nur ausgehebelt. Das solltet ihr daher beim Bauen im Auge behalten.

4. Findet den richtigen Ersatz

Ihr habt euch also für ein Deck entschieden, wisst, welche Karten ihr vorrangig besorgen müsst, und habt euch vergewissert, dass eure Manabasis steht. Und nun?

Nun ist es an der Zeit, herauszufinden, welche Ersatzkarten ihr ins Deck nehmt!

Idealerweise wollt ihr, dass euer Ersatz eine Abweichung auf vergleichbarem Niveau darstellt. Das bedeutet, dass die Karten, die ihr spielt, immer noch gut sind, aber in einigen Situationen besser und in anderen schlechter funktionieren. Zunächst sucht ihr nach ähnlichen Effekten. Habt ihr beispielsweise keinen Verhängnisvollen Pfad, dann erfüllt ein Äußerster Preis dessen Aufgabe ebenso gut – und gelegentlich sogar besser.

Manchmal sind die Anpassungen, die ihr vornehmen könnt, aber nicht so klar vorgegeben. In diesem Fall ist der Ort, an dem ich zuerst nach Inspiration suche, das Sideboard des Ursprungsdecks.

Sideboards bestehen in der Regel aus zwei Arten von Karten: Hasskarten gegen ganz konkrete Decks und Karten, die am besten gegen eine bestimmte Klasse von Decks funktionieren. Die Verheerende Seuche ist beispielsweise nur gut gegen Spielstein-Decks, während so etwas wie die Gedankenübertretung oder ein Äußerster Preis am besten gegen bestimmte Strategien funktionieren und dabei gleichzeitig noch ziemlich effektiv gegen eine große Bandbreite anderer Decks sind. Üblicherweise ist es nie falsch, solche Karten als Lösung heranzuziehen.

Gleichermaßen könnt ihr nach Karten Ausschau halten, von denen weniger als vier im Hauptdeck vorhanden sind und deren Anzahl erhöhen. Sie sind ganz offensichtlich stark genug fürs Hauptdeck, um sie ab und zu ziehen zu wollen. Ein drittes oder viertes Exemplar einer Karte zu spielen, die bereits vorhanden ist, ist im Allgemeinen nie so richtig verkehrt. Ebenso könnt ihr Karten spielen, die den bereits im Deck enthaltenen Karten ähnlich sind. Der Brutknecht beispielsweise passt ziemlich gut in das Aristokraten-Deck.

Eine weitere gute Methode, nach Ersatz zu suchen, besteht darin, Karten zu finden, die in den gleichen Manaslot passen. Oft ist es für ein Deck ausgesprochen wichtig, dass seine Kurve unverändert bleibt. Ich bin sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, die Kurve anzuheben. Deshalb würde ich nach Karten suchen, die das Gleiche oder weniger kosten.

5. Vergesst das Sideboard nicht

Es ist leicht, das Sideboard links liegen zu lassen und zu glauben, es wäre nicht so wichtig wie das Hauptdeck. Damit solltet ihr jedoch vorsichtig sein. Bedenkt bitte, dass ihr in einem Turnier mehr Partien mit einer Einwechslung aus dem Sideboard als ohne eine spielen werdet!

Das Wichtigste beim Zusammenstellen eines Sideboards für ein Deck mit knappen Ressourcen ist, dass ihr es so anpasst, dass es jene Lücken in eurem Hauptdeck ausgleicht, die eure Anpassungen dort hinterlassen.

Nehmen wir am Beispiel unseres schwarz-grünen Aristokraten-Decks an, dass ihr Liliana rausnehmen müsst. Plötzlich fehlt euch eine Quelle in Sachen Unvermeidbarkeit und Kartenvorteil. Daher wollt ihr vielleicht, dass euer Sideboard eine Verzauberung wie den Evolutionssprung oder einen anderen Planeswalker als Ausgleich enthält. Ihr könntet sogar Aus den Knochen lesen zum Füllen dieser Lücke verwenden.

Wenn ihr Karten aus dem Sideboard ersetzen müsst, dann denkt darüber nach, welche Aufgabe eine bestimmte Karte hatte. Müsst ihr die Unermüdliche Spurensucherin austauschen, weil ihr sie nicht habt, dann versucht, eine andere Quelle für einen Kartenvorteil zu finden. Habt ihr keine Gedankenübertretung, sucht nach einem anderen Zauber zum Abwerfen – und so weiter.

Kalkuliert auf den Sieg

Es ist ohne jeden Zweifel möglich, mit knappen Ressourcen zu gewinnen – es erfordert jedoch sorgfältige Planung. Wenn ihr euch an den hier vorgestellten Ablauf haltet, solltet ihr in der Lage sein, ein Deck zu finden, dass ihr auch realistisch betrachtet wirklich bauen und euch zu eigen machen könnt, um es dann im Lauf der Zeit in die Form zu bringen, die euch am besten gefällt. Und wer weiß, worauf ihr dabei stoßt! Ich habe beim Versuch, ein günstiges Deck zu bauen, schon oft erstaunliche Karten gefunden, die sogar besser waren als die Karten, die ich nicht hatte!

Hier ist nun meine Fassung des Aristokraten-Decks, die ich für diesen Artikel erarbeitet habe. Sie enthält nur acht seltene Karten insgesamt und keine einzige sagenhaft seltene Karte im gesamten Hauptdeck und Sideboard!

Gavin Verheys Günstige Aristokraten

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Baut dieses Deck gern nach und führt es ins Feld. Oder besser noch: Folgt den oben beschriebenen Schritten und erschafft euren eigenen sparsamen Ansatz, um ein mächtiges Deck im Standard zu erstellen.

Solltet ihr irgendwelche Fragen hierzu haben oder euch einfach nur unterhalten wollen, dann findet ihr mich am leichtesten in den sozialen Netzwerken! Ich bin sehr aktiv auf Twitter und Tumblr. Ich würde sehr gern wissen, welche Themen ihr noch gern in dieser Kolumne behandelt sehen würdet oder ob ihr sogar eine konkrete Idee für einen zukünftigen Artikel habt.

Ihr seid nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs? Schreibt mir doch einfach eine E-Mail an beyondbasicsmagic@gmail.com.

Ich wünsche euch eine tolle Woche und dass euer Deck eure Konkurrenz zerschmettern möge!

Wir sehen uns

Gavin

@GavinVerhey

GavInsight

beyondbasicsmagic@gmail.com