Einstreuen oder nicht einstreuen? Das ist bei eurem Draftdeck die Frage.

Sie kann ganze Reiche aus 40 Karten mühelos zum Einsturz bringen, schwere Fälle von lähmender Verwunderung beim Deckbau auslösen und zudem auch noch den schmalen Grat zwischen Sieg oder Niederlage ausmachen.

Ich habe schon oft von den Vorzügen des Einstreuens profitiert. Ich habe definitiv auch schon in solchen Fällen zu einer Einstreuung gegriffen, in denen ich es besser hätte bleiben lassen sollen, und ich habe auch schon irrtümlicherweise auf eine Einstreuung verzichtet, wo sie sehr wohl angebracht gewesen wäre. Ich würde schätzen, dass all das an irgendeinem Punkt eurer Laufbahn als Spieler auch schon einmal auf euch zutraf, meine treuen Leser.

Einstreuen ist immer verlockend – und es ist wichtig, eine klare Vorstellung davon zu haben, wann man sich darauf einlässt und wann man lieber die Disziplin aufbringt, um den einmal eingeschlagenen Kurs beizubehalten.

Na schön. Sollen wir dann heute mal einen Blick auf die Kunst des Einstreuens werfen?

Okay, ich glaube, dass es zuallererst einmal wichtig ist, genau zu klären, was eine „Einstreuung“ bezogen auf das Gameplay im Limited überhaupt ist.

Das ist im Grunde ganz einfach: Eine Einstreuung liegt vor, wenn man sich nur einem winzigen Klecks einer Farbe bedient und nur sehr wenige Karten in ihr spielt. Grob gesprochen würde ich sagen, beim Einstreuen spielt man nur zwischen einer und drei Karten der betreffenden Farbe. In einem Limited-Deck hat man für gewöhnlich zwei Farben, und wenn man hier eine Einstreuung vornimmt, dann in einer dritten Farbe. Klar, da gibt es natürlich Ausnahmen – ich habe selbst schon völlig irre Einstreuungen mit dann insgesamt vier oder fünf Farben gespielt –, aber so kann man sich das Ganze leicht merken.

Hier ein Beispiel: Ihr draftet in Grün-Blau und streut ein paar rote Entfernungszauber ein. Euer Deck hat dann vielleicht 21 blaue und grüne Karten sowie zwei rote Karten. Das wäre dann eine Einstreuung.

Sähe die Verteilung hingegen eher so aus, dass ihr acht grüne Karten, acht blaue Karten und sechs rote Karten habt, wäre ich geneigt, weniger von einer Einstreuung und vielmehr von einem dreifarbigen Deck zu sprechen. Beim Einstreuen geht es generell immer um eine sehr kleine Anzahl an Karten. Das ist natürlich zum einen nur eine reine Frage der Nomenklatur, zum anderen hilft es uns an dieser Stelle aber dabei, dass wir durchgängig von derselben Sache reden.

Als Faustregel würde ich euch empfehlen, so ungefähr drei Manaquellen einer Farbe zu spielen, die ihr in euer Deck einstreuen wollt. Diese Zahl kann je nachdem, um welche Karten es sich bei der Einstreuung handelt, ein bisschen schwanken. Manchmal können es nur zwei Manaquellen sein, wenn ihr nur eine Karte einstreut oder falls ihr das farbige Mana wirklich dringend an anderer Stelle braucht. Drei ist und bleibt jedoch ein guter Ausgangspunkt.

Beim Einstreuen von zwei roten Karten würde ich also – um ganz auf der sicheren Seite zu sein – beispielsweise versuchen, mindestens drei Gebirge oder zwei Gebirge und eine Sich entfaltende Wildnis oder eine andere beliebige Kombination aus Karten zu spielen, die es mir im Ernstfall erlaubt, auf drei verschiedene Weisen an mein rotes Mana zu kommen. (Und ich bin ganz allgemein zögerlich, mich auf eine Einstreuung vorzulassen, wenn ich kein irgendwie geartetes Manafixing vornehmen kann.)

Okay. Nachdem wir nun also festgelegt haben, was eine Einstreuung ist, schließt sich die Frage an: Wann macht man denn eine? Und warum sollte man eine machen wollen?

Schauen wir uns dazu die fünf Gebote des Einstreuens an.

1. Ihr sollt keine Karten einstreuen, die ihr früh wirken wollt

Ihr werdet eine beliebige eingestreute Karte tendenziell erst in der späten Phase einer Partie wirken und nicht gleich zu deren Anfang. Wenn ihr für eure rote Einstreuung nur drei rote Gebirge spielt, dann müsst ihr nicht nur die Karte ziehen, die ihr wirken möchtet, sondern auch noch ein Gebirge, damit euch das überhaupt gelingen kann!

Manche Karten sind kategorisch schlecht fürs Einstreuen geeignet. Zum Beispiel sind Kreaturen, die ihr früh in der Partie wirken wollt, eine schlechte Wahl für eine Einstreuung. Bis ihr sie endlich wirken könnt, ist die Partie wahrscheinlich schon an einem Punkt angelangt, an dem es sich schon gar nicht mehr lohnt, die Kreatur eingestreut zu haben. Das Einstreuen eines Manafixings oder einer Manarampe ist eine Falle, in die man beim Versuch, ein dreifarbiges Deck bauen zu wollen, sehr leicht hineintappen kann: Das Fixing oder die Rampe in genau der Farbe zu integrieren, für die man diesen Aufwand überhaupt erst betreiben muss, bringt einen nicht wirklich viel weiter!

Das soll nicht heißen, dass ihr keine Karten einstreuen dürft, die billig zu wirken sind. Es kann billige Karten geben, die trotzdem eine große Wirkung zeigen. Oftmals handelt es sich dabei aber jedoch eher um Zaubersprüche wie Removals, von denen sich manche ganz hervorragend einstreuen lassen. In Runde Zehn büßt selbst ein Ruhmwürdiger Geweihter viel von seinem Glanz ein.

Und wo wir gerade vom Einstreuen von Entfernungszaubern sprechen . . .

2. Ihr sollt das einstreuen, was euren Schwächen entgegenwirkt und euch stärker macht

Ein Hauptziel eines jeden Einstreuens sollte darin bestehen, den Schwächen eures Decks entgegenzuwirken. Dabei dürft ihr aber natürlich nicht das erste Gebot vergessen: Man streut in der Regel selbst dann keine billigen Kreaturen ein, wenn man Probleme dabei hat, in den ersten Runden etwas Brauchbares ins Spiel zu bringen.

Ich würde sagen, wir sprechen hier größtenteils über Entfernungszauber oder extrem mächtige „Bomben“.

Entfernungszauber sind ein entscheidender Faktor beim Spielen im Limited. Eure Fähigkeit, die Kreaturen eures Gegners abzumurksen und einigen seiner stärksten Karten die Wirkung zu rauben, ist für die allermeisten Decks ein ausgesprochen wichtiger Punkt, was ihre Siegchancen anbelangt.

Das Einstreuen von Removals ist zudem eine ziemlich sichere Nummer. Wenn es um Karten geht, die bei einer langen Partie gut sind (und in denen kommen eure eingestreuten Karten auch meistens erst zum Einsatz), ist es immer schön, ein paar Entfernungszauber parat zu haben. Sie sind in jeder Form von Zermürbungsschlacht super und helfen euch dabei, dafür zu sorgen, dass am Ende eine von euren Kreaturen als Letzte noch steht.

Auch wenn es sich hierbei jetzt nicht um eine echte „Schwäche“ handelt, kann euer Deck immer die eine oder andere seltene oder nicht ganz so häufige Bombe vertragen, auf die ihr in einem geöffneten Booster stoßt. Das Einstreuen mächtiger Karten lohnt sich immer, sofern der Einfluss der Karte auf die Partie nur groß genug ist und ihr die nötigen Mittel dazu habt, ihn auch geltend machen zu können.

Eine letzte Sorte von Karten, die ich bisweilen mal einstreue, sind große Kreaturen. Manchmal spiele ich ein langsameres Deck, das einfach nur irgendeine Möglichkeit braucht, um den Sieg davonzutragen. Das muss dann nicht zwingend der effizienteste Weg sein – doch ein zusätzliches Exemplar eines teuren Fliegers oder einer riesigen Bodenkreatur kann einem schon eine gute Chance eröffnen, die laufende Partie erfolgreich abzuschließen.

Überlegt euch, was euer Deck braucht, und schaut nach, ob eure eingestreuten Karten etwas dazu beitragen können.

3. Ihr sollt farbige Manavoraussetzungen nicht ignorieren

Ihr habt also einen Ruhmbringer, ja? Ein cooler großer Drache, voll übermächtig und selten. Den will man doch wohl dringend einstreuen, oder?

Nicht so hastig.

Es kann so furchtbar verlockend sein, diese mächtige seltene Karte irgendwie einsetzen zu wollen. Allerdings gibt es eine Belastungsgrenze dafür, was ihr eurer Manabasis zumuten könnt, um sie an einen Neuzugang anzupassen. Und generell gilt: Wenn ihr etwas einstreuen wollt, was zwei Manasymbole einer unpassenden Farbe hat (wie etwa 3RR wenn ihr gerade Grün-Blau spielt), dann überschreitet ihr damit eine wichtige Linie.

Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man nur eine Karte einer bestimmten Farbe finden muss oder gleich zwei Karten. Und wenn euer Deck nicht gerade herausragend gut auf ein entsprechendes Manafixing abgestimmt ist, so handelt es sich hierbei um eine Einstreuung, die ihr lieber außen vor lassen solltet.

Nehmen wir einmal an, ihr spielt drei rote Manaquellen als Sprungbrett für euren Ruhmbringer. Damit Letzterer tatsächlich relevant wird, müsst ihr im Verlauf der Partie zwei dieser Manaquellen und auch noch den Ruhmbringer selbst ziehen. Und ihr könntet zwar sehr wohl noch weitere Manaquellen hinzufügen, doch es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass der Preis dafür sich nicht nur an der Frage „Kann ich nun diesen Ruhmbringer wirken oder nicht?“ orientiert – ihr beeinflusst damit nämlich auch eure Manabasis als Ganzes. Was ist mit den Partien, in denen ihr ein Gebirge anstelle der Insel zieht, die ihr braucht, um die meisten Karten in eurem Deck zu wirken? Das sind genau die Momente, in denen das Einstreuen euch auf die Füße fallen kann.

Falls ihr ohnehin schon Rot einstreut, könnt ihr vielleicht darüber nachdenken, diesen Ruhmbringer irgendwie in euer Deck einzufügen. Doch ihn einfach nur seiner selbst willen einzustreuen, macht euer Deck wahrscheinlich nur schwächer – und zwar wegen eurer ins Wanken gebrachten Manabasis.

Amonkhet fällt in dieser Hinsicht nun ein wenig aus der Norm, da es euch eine Möglichkeit bietet, eure überschüssigen Karten notfalls wieder loszuwerden: Umwandlung!

Der Erzdämon macht sich als eingestreute Karte viel besser. Falls ihr je an die zwei schwarzen Mana kommt, die man braucht, um ihn zu wirken, dann ist das toll – aber er wird andernfalls auch nicht auf eurer Hand versauern, da ihr ihn jederzeit umwandeln könnt. Den Erzdämon würde ich in einem Deck mit schwarzer Einstreuung liebend gern spielen, wohingegen ich bei einem Ruhmbringer in einem Deck mit roter Einstreuung wesentlich skeptischer wäre.

Doch selbst dann würde ich mich nicht einfach nur wegen des Erzdämons für eine Einstreuung entscheiden. Wenn ich sowieso bereits einige schwarze Manaquellen spielen würde und Zugang zum Erzdämon hätte, dann schon. Aber nur einer einzigen zweifarbigen Karte wegen auf eine Einstreuung zurückzugreifen, ist etwas, wovon ich abrate.

4. Ihr sollt beim Draften ans Einstreuen denken

Wenn ihr bei eurem Draft zum Deckbau kommt und euch nicht sicher seid, ob ihr etwas einstreuen sollt oder nicht, ist es womöglich schon zu spät.

Damit eure Einstreuungen funktionieren können, müsst ihr sie unbedingt schon während des eigentlichen Draftens aktiv berücksichtigen. Wenn ich mir eine mächtige seltene Karte schnappe, für die ich allerdings von meinen ausgewählten Farben abweichen müsste, halte ich besser die Augen nach allem offen, was mir dabei helfen könnte, diese Karte in mein Deck zu bekommen. So kann mir zum Beispiel ein Doppelland wie ein Geschütztes Gestrüpp sehr dabei helfen, die rote Einstreuung in meinem grün-blauen Deck hinzukriegen. Der Karte Quelle // Verstand eine etwas höhere Priorität beizumessen, kann den Unterschied bedeuten, ob man nun etwas einstreut oder nicht.

Es mag im Booster tatsächlich noch eine andere, stärkere Karte als die fürs Manafixing geben. Doch wenn ihr dank des Farbausgleichs ein paar coole eingestreute Karten spielen könnt, dann müsst ihr in Wahrheit genau diese coolen eingestreuten Karten mit der anderen Karte vergleichen, die ihr hier stattdessen nehmen könntet. Und das ist der Moment, in dem ihr euch die Frage stellen müsst: Wofür entscheide ich mich?

5. Ihr sollt nichts in Decks einstreuen, die keine Einstreuungen brauchen

Denkt zu guter Letzt auch genau über euer Deck nach. Will es diese Einstreuung? Braucht es diese Einstreuung? Nutzt ihm diese Einstreuung etwas?

Ein typisches Beispiel für etwas, wovor ich gerne warnen möchte, sind Einstreuungen in aggressiven Decks. Einstreuungen sind dann am besten, wenn die Partie sich zieht. Daher würde ich mich im Allgemeinen auch dagegen aussprechen, etwas in euer aggressives Limited-Deck einzustreuen – es sei denn, ihr habt etwas unglaublich Mächtiges oder Zugriff auf sehr gutes Manafixing. Zudem kann das Destabilisieren des Manas für aggressive Decks besonders brutale Konsequenzen haben, da man bei ihnen seine Kreaturen wirklich genau auf der Kurve erwischen muss.

Doch die Sache reicht sogar noch weiter. Manchmal ist euer Deck auch ohne die Einstreuung, über die ihr nachdenkt, schon bestens in Form. Wenn ihr zwei gute Karten einer anderen Farbe rausnehmt, um Platz für zwei marginal bessere eingestreute Karten zu machen, schadet ihr damit eurer Manabasis am Ende womöglich mehr, als dass ihr eurem Deck damit tatsächlich irgendwie weiterhelft.

Wenn ich am Ende des Draftens darüber nachdenke, ob ich etwas einstreue oder nicht, baue ich mir immer zwei Versionen meines Decks: eine mit der Einstreuung und eine ohne sie. Dann folgt ein Vergleich der beiden. Wie stark ist die Einstreuung? Braucht das Deck die Hilfe? Sich beide Versionen direkt nebeneinander anzuschauen, kann dabei helfen, diese Fragen sauber zu beantworten.

Und vergesst nicht: Man kann auch jederzeit über das Sideboard etwas einstreuen oder wieder entfernen! Wenn ihr gegen ein schnelles Beatdown-Deck spielt und keine Zeit dafür habt, euch über irgendwelche Manaprobleme den Kopf zu zerbrechen, dann wechselt ihr die Einstreuung ins Sideboard aus. Zieht sich eure Partie und ihr braucht stärkere Bedrohungen, dann wechselt ihr sie ein. Im Limited wird das Sideboard ganz allgemein viel zu wenig genutzt, und es ist ein tolles Mittel, um euch dabei zu helfen, eure Einstreuung an das anzupassen, was euch euer Gegner entgegenschleudert.

Streut ein, was das Zeug hält

Gutes Einstreuen kann euch Karten spielen lassen, die ihr ansonsten nie gespielt hättet. Schlechtes kann euch den Draft kosten. Mit den hier gebündelten Informationen gewappnet könnt ihr dort draußen in Zukunft hoffentlich fundiertere Entscheidungen in Sachen Einstreuungen treffen.

Im Zweifelsfall würde ich tendenziell dazu raten, vom Einstreuen eher Abstand zu nehmen. Ich habe mehr als genug Drafts gesehen, die wegen einer Manadestabilisierung völlig aus dem Ruder liefen, welche sich nur ergab, weil ein Spieler besonders heiß auf eine ganz bestimmte eingestreute Karte war. Wenn euer Deck auch ohne sie gut funktioniert, könnt ihr sie in aller Regel auch schön draußen lassen.

Wenn ihr andererseits eine richtig gute Manabasis mit mehreren Karten zum Farbausgleich habt und die Einstreuung so gut wie nichts kostet, wäre ich da schon erheblich aufgeschlossener, es mal mit ihr zu versuchen. Letzten Endes gilt: Schaut euch euer Deck an und überlegt euch, was für diesen einen Draft richtig aussieht.

Und wo lässt sich das alles austesten? Nun, ihr kommt gerade rechtzeitig, um ein bisschen mit Amonkhet zu draften! Bei den vielen Gelegenheiten, diese Woche zu draften, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, all diese Ratschläge einmal in die Tat umzusetzen. Gehet hin und streut ein!

Habt ihr irgendwelche Anmerkungen oder Rückmeldungen? Dann möchte ich dringend von euch hören! Man erreicht mich ganz leicht: Ihr findet mich immer auf Twitter und Tumblr. Alternativ könnt ihr mir auch eine E-Mail (bitte auf Englisch) an BeyondBasicsMagic@gmail.com schreiben.

Nächste Woche bin ich wieder mit noch mehr Beyond the Basics zurück. Viel Spaß beim Draften diese Woche! Wir sprechen uns dann wieder!

Gavin
@GavinVerhey
GavInsight