Fröhliche Novembermitte!

Hier in den USA steht Thanksgiving kurz vor der Tür.

Doch das soll jetzt erst mal keine Rolle spielen – fröhliches Nicht-Thanksgiving!

... Aber warum denn Nicht-Thanksgiving?

Nun, heute sprechen wir über einen der am meisten geliebten oder gehassten – je nachdem, wen man fragt – Effekte in Magic. Auf diese Weise sagt Magic dem Gegner „Nein danke“ oder „Sorry“. Und es bedarf nur weniger Worte, um den Gegner das Fürchten zu lehren.

Neutralisiere. Einen. Zauberspruch. Deiner. Wahl.

Am Ende jedes meiner Artikel hinterlasse ich meine Kontaktdaten für die sozialen Medien, damit man sich mit Fragen und Vorschlägen an mich wenden kann – und das nicht einfach nur so. Ich lese mir jede Antwort durch, die ich bekomme, denn schließlich will ich über das schreiben, was euch interessiert! Und das heutige Thema entspringt dem neugierigen Geist von Zac Boone.

Die Unterhaltung über das Abwerfen heben wir uns für ein anderes Mal auf, denn das ist locker einen eigenen Artikel wert. Doch das ist wirklich ein spannendes Thema! Blaue Kontrolldecks sind traditionell als die etwas komplexeren Decks bekannt, und Gegenzauber sind ein entscheidendes Element, was das anbelangt.

Wann also sollte man einen Zauber neutralisieren? Wann sollte man ihn durchlassen? Schauen wir uns einige der wichtigeren Faktoren an, die in diese Entscheidung einfließen!

Sofortige Wirkung

Ihr seid bei einem Lebenspunkt. Euer Gegner wirkt einen Schock auf euch. Diesen Zauber solltet ihr natürlich neutralisieren.

Ihr seid bei 30 Lebenspunkten. Euer Gegner wirkt einen Schock auf euch. Sofern er nicht ein sehr spezielles Deck spielt oder eine Menge schadenverdoppelnder Effekte wie Der Schmelzofen von Rath hat, solltet ihr den Zauber wahrscheinlich durchlassen.

Dieses Beispiel ist zwar simpel, zeigt aber eine der grundlegenden Fragen auf, die es zu bedenken gilt, wenn ihr einen Gegenzauber auf der Hand habt: „Welchen sofortigen Einfluss würde das auf die Partie haben?“

Wenn ihr eine Karte ausgebt, um einen Zauber zu neutralisieren, müsst ihr sichergehen, dass das, was ihr neutralisiert, tatsächlich wichtig ist. Dabei solltet ihr nicht darüber nachdenken, wie stark oder schwach eine Karte ist oder ob sie die namensgebende Karte des Decks ist oder was auch immer. Jedes einzelne Mal solltet ihr euch einfach nur die aktuelle Situation anschauen und diese dann bewerten.

Welchen Einfluss hat die Karte auf genau diese Partie im Verlauf der nächsten paar Runden?

Nehmen wir mal an, ihr spielt Limited und habt sowohl einen Windsceada als auch ein Himmelstor des Konsulats im Spiel. Ihr seid bei 6 Lebenspunkten, euer Gegner bei 8. Euer Gegner spielt die letzte Karte auf seiner Hand: Dreiste Plagegeister.

Die letzte Karte auf eurer Hand ist ein Verschwindetrick. Solltet ihr ihn nutzen?

In dieser Situation sind die Plagegeister, auch wenn sie normalerweise sehr stark sind, kaum entscheidend. Euer Himmelstor des Konsulats kann diese Gremlins den ganzen Tag am Zoll festhalten.

Was ist in dieser Partie tatsächlich wichtig? Der Schlüssel ist es, noch vier Mal ungehindert mit dem Windsceada anzugreifen. Dazu muss er am Leben bleiben und darf durch nichts behindert werden. Würden diese Plagegeister fliegen, anstatt Eile zu haben, würde ich mit Sicherheit darüber nachdenken, sie zu neutralisieren. Doch nachdem das 0/4-Himmelstor diesen 3/3er aufhalten kann, ist es recht sicher, ihn durchzulassen.

Denkt daran: Alles, was ihr neutralisiert, kostet euch etwas anderes, was ihr nicht neutralisieren könnt. (Es sei denn natürlich, ihr verliert die Partie, während ihr euren Gegenzauber noch auf der Hand habt, was ein deutliches Zeichen ist, dass ihr eine Gelegenheit verpasst habt, etwas zu neutralisieren.) Und in diesem Fall solltet ihr lieber den nächsten Zug neutralisieren, der die Partie tatsächlich stärker beeinflusst als der 3/3er.

Denkt ihr euch das Himmelstor weg, dann müsstet ihr diese Gremlins auf jeden Fall neutralisieren. Ihr würdet nach zwei Angriffen sterben und könntet euch nicht darauf verlassen, in der nächsten Runde einen Blocker zu ziehen.

Wann immer euer Gegner einen Zauber wirkt und ihr herauszufinden versucht, ob es sich lohnt, diesen zu neutralisieren oder nicht, solltet ihr bedenken, was in den nächsten Runden wohl passiert, wenn der Zauber verrechnet wird. Welchen Einfluss hat das auf eure aktuelle Strategie? Habt ihr einen weiteren Gegenzauber für einen nachfolgenden Zauber? Was sonst wäre noch wichtig zu verhindern? Ködert der Gegner euch mit etwas Schwächerem, während er eine stärkere Option auf der Hand hat? Diese Fragen helfen euch ein ganzes Stück weiter.

Spielt ihr ein tempobasiertes Deck mit Gegenzaubern – ein Deck also, das Gegenzauber einsetzt, um Zeit zum Angreifen zu gewinnen –, ist es besonders wichtig, kurzzeitige Entscheidungen korrekt abzuwägen.

Manche Karten haben deutlich weitreichendere Effekte und manche Decks hängen massiv davon ab, was viele, viele Züge später erst passieren wird. Und an diesem Punkt wollen wir einen Blick auf das hier werfen:

Langzeitwirkung

Es ist Runde Drei. Ihr spielt ein sehr traditionelles weiß-blaues Kontrolldeck voller Gegen- und Entfernungszauber mit einer Reihe von Siegbedingungen im Lategame. In Runde Drei wirkt euer Gegner eine Mobilisierung.

Neutralisiert ihr sie?

Sofern euer Deck nicht jede Menge Antworten auf Verzauberungen oder andere Möglichkeiten hat, die Mobilisierung dauerhaft lahmzulegen, dann ist die Antwort sehr wahrscheinlich „Ja“.

Und warum?

Die Mobilisierung macht in Runde Drei gar nichts. (Abgesehen von Wachsamkeit, was euer weiß-blaues Kontrolldeck aber wahrscheinlich ohnehin nicht kümmert.) Ehe sie überhaupt irgendetwas macht, muss der Gegner weitere drei Mana ausgeben. Und dann hat er bloß einen 1/1-Spielstein. Was ist denn daran so schlimm?

Hier liegt das Problem: Wie wollt ihr das in einer lange laufenden Partie besiegen?

Die Mobilisierung wird euch in der nächsten Runde nicht töten. Die Mobilisierung wird euch auch in den nächsten fünf Runden nicht töten. Die Mobilisierung wird euch wohl auch in den nächsten zehn Runden nicht töten, wenn ihr ein paar Sweeper zieht.

Was sie allerdings tut, ist, eurem Gegner eine gewaltige Unvermeidbarkeit zu geben. Eine endlose Quelle für 1/1er, in die der Gegner, falls die Partie lange dauert und ihr euch eine ganze Hand voller Gegen- und Entfernungszauber geschnappt habt, beständig sein Mana investieren kann, um euch langsam, aber sicher mit ihnen zu zermürben. Sie liefert einen entscheidenden Kartenvorteil, der alle Aktionen, die ihr auf der Hand habt, übertrumpfen wird.

Und falls ihr keine Antwort darauf habt? Nun, dann werdet ihr wahrscheinlich verlieren.

Ein etwas moderneres Beispiel, das auch deutlich einflussreicher ist, sind Planeswalker.

Mit wiederholten Effekten, die auf eine spielentscheidende ultimative Fähigkeit hinauslaufen, kann dieser kleine Vorteil irgendwann eine Kontrollstrategie vollkommen zunichtemachen. Allein eine Reihe von 0/1-Spielsteinen, die hin und wieder eine Marke bekommen, können für Kontrolldecks zum Problem werden – ganz zu schweigen von einer ultimativen Fähigkeit, die zu einem gewaltigen Kartenvorteil führt.

Versuchen wir es mit einer anderen Frage. Ihr seid bei 5 Lebenspunkten. Euer Gegner wirkt Verkohlen auf euch. Es ist die letzte Karte auf seiner Hand. Ihr habt einen Gegenzauber. Nutzt ihr ihn?

Diese Frage ist etwas kniffliger. Es hängt stark von eurem Deck, von dem, was ihr noch auf der Hand habt, und davon ab, was ihr über das Deck des Gegners wisst. Geht ihr auf einen Lebenspunkt, könnt ihr euch schon mal darauf einstellen, für den Rest der Partie jeden Direktschadenszauber zu neutralisieren und mit jeder Kreatur fertigwerden zu müssen, die der Gegner wirkt, sofern ihr nicht über eine Möglichkeit verfügt, Lebenspunkte zurückzugewinnen.

Ist das Deck des Gegners voller Direktschadenzauber für zwei Schaden und ihr habt nur jede Menge Entfernungszauber für Kreaturen auf der Hand, solltet ihr den Zauber wohl neutralisieren. Habt ihr eine Offenbarung der Sphinx im Deck, für die ihr nur etwas Zeit gewinnen wollt, um sie endlich zu ziehen, macht das allerdings einen großen Unterschied. Habt ihr einen weiteren Gegenzauber auf der Hand, könnt ihr diesen Spruch sicher ruhig neutralisieren. Hier ist Kontext enorm wichtig.

Ungeachtet dessen ist dies eine Entscheidung, die auch dann, wenn sie nicht direkt Einfluss auf das Board hat, doch darüber bestimmt, wie der Rest des Partie verlaufen wird, und die somit durchaus den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen kann.

Okay, schauen wir uns ein weiteres Beispiel an. Ihr spielt ein Spiegelspiel gegen ein Kontrolldeck und der Gegner wirkt Jaces Findigkeit. Solltet ihr das neutralisieren?

Im Allgemeinen ist es wichtig, in einer solchen Partie Kartenziehen zu neutralisieren.

Es gab jedoch Zeiten und Paarungen, in denen es nicht entscheidend war: So gewann beispielsweise Carlos Romão die Weltmeisterschaft 2002 mit der Strategie, alle Kartenziehzauber seines Gegners durchzulassen und Gegenmagie nur für die begrenzte Anzahl von Bedrohungen im Deck seines Gegners aufzusparen –, aber ein Vorteil an Ressourcen ist üblicherweise das, was den Sieger eines langen Kontrollspiels bestimmt. Eure größten Einschränkungen sind hier meist Mana und Aktionszauber, und Kartenziehen hilft dabei, beides zu finden.

Dies ist eine langfristige Angelegenheit: Euer Gegner zieht drei Karten, die ihr nicht sofort zu Gesicht bekommt. Es kann jedoch ziemlich schnell zum Selbstläufer werden, wenn sein Kartenziehen weiteres Kartenziehen und seine eigenen Gegenzauber findet, die das, was ihr tun könntet, unterbinden.

Manaeffizienz

Eine letzte Sache, auf die ich kurz zu sprechen kommen möchte, ist der Einsatz von Mana.

Gegenzauber können gewaltige schwarze Löcher für Mana sein. Damit meine ich, dass ihr – anders als bei Abwerfenzaubern oder gezielten Entfernungszaubern – Mana für den Gegenzauber offen lassen müsst, ganz egal, ob ihr ihn nun sprecht oder nicht.

Sagen wir, ihr habt ein Luftelementar und ein Widersprechen auf der Hand und verfügt über fünf Mana. Solltet ihr das Elementarwesen spielen oder die Runde abgeben?

Es ist zwar situationsabhängig, aber ich würde lieber das Elementar spielen.

Wenn ihr es enttappt und Widersprechen auf der Hand habt, um das zu neutralisieren, was euer Gegner tun will, und so damit fertigzuwerden, ist das ein recht starker Spielzug. Zudem ist es auch die weitaus effektivere Nutzung von Mana. Gebt ihr mit Widersprechen ab und der Gegner wirkt nichts, was sich zu neutralisieren lohnt, habt ihr im Grunde fünf Mana verschwendet. In der nächsten Runde steht ihr dann vor genau der gleichen Frage. Spielt ihr das Elementar, könnt ihr beide Karten sinnvoll nutzen.

Gleichermaßen kann es manchmal richtig sein, etwas Schwächeres zu neutralisieren, als euch eigentlich lieb wäre, um sicherzugehen, dass euer nächster Zug optimal verläuft.

Sagen wir beispielsweise, ihr spielt ein Standard-Kontrolldeck gegen ein aggressives Deck. Habt ihr sowohl Zersplittern der Leere und Anflug von Genialität auf der Hand, wollt ihr wahrscheinlich das Zersplittern der Leere auf das abfeuern, was der Gegner in Runde Drei spielt, um dann in Runde Vier unbehelligt den Anflug zu spielen.

Gegenzauber mit der Nutzung eures Mana abzuwägen, ist sehr wichtig. Ihr wollt sie effektiv und auf die bestmögliche Weise einsetzen – und ohne dass sie eure anderen Spielzüge behindern, indem ihr aus Versehen mit weniger Karten spielt, als ihr habt.

Danke, kein Interesse

Und damit ist dieser Blick auf Gegenmagie auch schon beendet! Ich hoffe, ihr fandet ihn hilfreich bei der Überlegung, wie ihr eure Gegenzauber so effizient wie möglich einsetzt.

Wie immer freue ich mich darauf, von euch zu hören, was ihr so denkt. Und wie ihr am Anfang gesehen habt, gehe ich auch absolut gern auf Leserfragen ein! Wenn ihr also eine Frage habt, seid ihr damit wahrscheinlich nicht allein. Vielleicht führt ja eure Frage zu einem zukünftigen Artikel!

Wenn ihr also mit mir Kontakt aufnehmen wollt, dann findet ihr mich immer auf Twitter oder auf meinem BeyondBasicsMagic@Gmail.com.

Viel Spaß mit den Gegenzaubern und frohes Nicht-Thanksgiving! (Und solltet ihr das amerikanische Thanksgiving feiern, wünsche ich euch ein frohes, verfrühtes Thanksgiving!)

Gavin
@GavinVerhey
GavInsight