In den letzten beiden Wochen habe ich darüber gesprochen, wie Amonkhet zum Leben erweckt wurde (Teil 1 und Teil 2). Ich habe erklärt, dass es sich um ein Top-down-Design handelt, das zwei Dinge einzufangen versuchte: ägyptische Mythologie und Nicol Bolas (falls ihr mehr darüber erfahren wollt, was genau ein Top-down-Design ist, und ihr Englisch gut versteht, dann hört euch doch meinen „Drive to Work“-Podcast am Ende dieses Artikels an). Ich sprach bereits darüber, wie das Designteam versuchte, ägyptische Einflüsse abzubilden. Daher soll es heute um die andere Hälfte gehen: Wie beeinflusste Nicol Bolas das Design des Sets?

Ach, mein Drachenherz

Um herauszufinden, wie man ein Top-down-Design um Nicol Bolas herum baut, mussten wir zunächst einige Nachforschungen zu dem Drachenältesten selbst anstellen. Ethan Fleischer, der zweite Leiter des Designs neben mir, ist ein großer Fan der Hintergrundgeschichten zu Magic und kennt sich ziemlich gut mit Nicol Bolas aus. Er ließ das Team gern an seinem Wissen teilhaben. Daraufhin wählten wir fünf Adjektive aus, die Nicol Bolas am besten beschreiben:

  • Grausam
  • Manipulativ
  • Intelligent
  • Uralt
  • Mächtig

Gehen wir sie nun einzeln durch.

Grausam: Sieht man sich die Geschichte von Bolas‘ Taten an, so wird klar, dass es ihn nicht kümmert, wem er Leid zufügt, um zu bekommen, was er will. Vielmehr scheint er sogar Befriedigung daraus zu ziehen, anderen Schmerz zuzufügen. Er herrscht nicht dank Loyalität oder dank einer Vision – er herrscht durch Angst. Man tut, was er sagt, oder man trägt die Konsequenzen. Oftmals jedoch tut man, was er sagt, und trägt die Konsequenzen.

Manipulativ: Bolas lässt nie durchblicken, was er vorhat, sondern stellt einem lediglich eine ganz konkrete, klar abgegrenzte Aufgabe. Eines der großen Mysterien dieser Figur ist, dass wir bislang nur beobachten durften, was er tut, und niemals, warum er das tut. Es ist allerdings klar, dass seine Handlungen einem größeren Plan dienen, den nur Bolas selbst kennt.

Intelligent: Es gibt viele Gründe, weshalb Bolas gefährlich ist, doch der wahrscheinlich wichtigste ist, dass er sehr, sehr schlau ist. Er versteht, dass Informationen ein wertvolles Gut sind, und er brachte Jahre damit zu, sie zusammenzutragen. Jede seiner Handlungen ist sorgsam durchdacht und vorausgeplant.

Uralt: Bolas ist älter als 25.000 Jahre. Er hat sich das „Ältester“ in „Drachenältester“ redlich verdient. Ein Teil dessen, was ihn so gefährlich macht, ist die schier Menge an Weisheit und Erfahrungen, die er im Laufe der Jahre angehäuft hat. Er hat schon alles gesehen und nutzt dieses Wissen ohne jeden Zweifel zu seinem Vorteil.

Mächtig: Vor allem anderen ist Nicol Bolas ein Drache – und zwar ein ziemlich großer. Darüber hinaus ist er ein Planeswalker, ein Zauberwirker, ein Puppenspieler und ein Stratege. Über die Jahrhunderte hinweg hat er Zauber und Gegenstände aus dem ganzen Multiversum zusammengetragen. Er ist wahrscheinlich das letzte Lebewesen, dem man sich im Zweikampf gegenübersehen will.

Sobald wir die Adjektive hatten, war der nächste Schritt, herauszufinden, wie sich diese Eigenschaften in den Mechaniken darstellen ließen. Gehen wir sie erneut einzeln durch.

Grausam

Wie kann man ein Spielerlebnis grausam wirken lassen? Zufälligerweise hatten wir dieses Problem vor einigen Jahren schon gelöst – ironischerweise bei einem Versuch, das Spiel weniger grausam wirken zu lassen.

Das Set war Lorwyn und die Idee dahinter, dass wir eine Welt mit zwei gespiegelten Zuständen erschaffen wollten: eine hellen und freundlichen und eine dunklen und grausamen. Mir gefiel die Vorstellung, dass das Töten von Kreaturen nicht ganz so endgültig war. Daher spielte ich mit der Idee herum, Dinge nur zu verwunden, anstatt sie zu töten. Lorwyn war nicht die Art von Ort, an dem man einfach umgebracht wurde – eher nur ein bisschen vermöbelt.

Um dies darzustellen, machte ich folgende Karte:

Vermöbeln
1B
Hexerei
Lege zwei -1/-1-Marken auf eine Kreatur deiner Wahl.

Die Idee war, die -1/-1-Marken zu verwenden, um zu zeigen, dass eine Kreatur verwundet war. Auf diese Weise konnten wir das Gefühl vermitteln, dass Kreaturen einfach nur verletzt werden konnten, ohne dabei gleich zu sterben. Der Gedanke war, dass man die Marken wieder entfernen konnte, um zu zeigen, dass Kreaturen geheilt wurden. In den ersten Testpartien zu Lorwyn gab es ein paar Karten, die -1/-1-Marken verteilten, und schnell lernten wir etwas Wichtiges: Anstatt zu vermitteln, dass Dinge nur verwundet wurden, erzeugten die -1/-1-Marken das Gefühl, dass man Dinge unnötig quälte. „Ich könnte dich töten, aber stattdessen tue ich dir einfach nur weh.“

Wir verschoben die -1/-1-Marken letztlich zu Schattenmoor, dem Set also, das sich dunkel und grausam anfühlen sollte. Dann brachten wir sie im Die Narben von Mirrodin-Block zurück, als wir versuchten, das Flair der Phyrexianer zu vermitteln, die ebenfalls grausam wirken sollten. -1/-1-Marken hatten mechanisch das Gefühl von Grausamkeit angenommen. Zeitsprung zum Design von Amonkhet. Wir wollten Grausamkeit. Und das bedeutete, dass wir die -1/-1-Marken wieder hervorholen mussten. Beachtet bitte, dass sich dies zudem mit dem Gefühl von Strenge überschnitt, das ebenfalls ein großer Teil der ägyptischen Mythologie war. Insbesondere die Wüsten wurden als Zeichen der Grausamkeit der Götter angesehen.

Ein kurzer Schlenker: Eine der Regeln, die wir in der R&D haben, ist, die Menge der Marken auf einer Kreatur auf eine einzige Art von Marke zu begrenze (zumindest auf häufigen und nicht ganz so häufigen Karten – seltene und sagenhaft seltene Karten haben manchmal eine eigene Art von Marke). Auf diese Weise wollen wir dafür sorgen, dass im Limited unmissverständlich klar ist, welche Werte eine Kreatur gerade hat. Sieht man beispielsweise in Amonkhet eine 3/3-Kreatur mit einer Marke darauf, dann ist klar, dass sie 2/2 ist. Das heißt, dass wir -1/-1-Marken nur in solchen Blocks machen, in denen wir beschließen, sie anstelle von +1/+1-Marken zu verwenden.

Sobald wir uns entschieden hatten, -1/-1-Marken im Block zu haben, war die nächste Frage, ob es eine Mechanik geben sollte, die sie verwendete. Da wir so selten -1/-1-Marken einsetzen, eröffnet uns dies einen Designraum, auf den wir normalerweise keinen Zugriff haben. Das Allererste, was wir versuchten und was uns sogar bis in die Entwicklungsphase erhalten blieb, war Verdorren. Verdorren ist eine Kreaturenmechanik aus Schattenmoor, bei der der Schaden, den eine Kreatur einer anderen zufügt, in -1/-1-Marken umgewandelt wird.

Der Ort der Handlung auf Amonkhet ist eine Stadt namens Naktamun. Die Stadt liegt innerhalb einer Barriere, die sie vor den Gefahren aus der Wüste beschützt. (Mehr dazu gleich.) Wir beschlossen, Verdorren nur auf Kreaturen von außerhalb der Barriere einzusetzen, um die gefährliche Außenwelt darzustellen, vor der Naktamun geschützt wurde. Die meisten Kreaturen mit Verdorren waren schwarze Mumien. (Bedenkt bitte: Die weißen Mumien sind Diener innerhalb der Stadt, die schwarzen Mumien Abscheulichkeiten aus der Wüste.)

Auch spielten wir mit einer Mechanik herum, die sich die -1/-1-Marken zunutze machte. Diese sollte Bolas‘ Skrupellosigkeit verdeutlichen, kam dann aber doch nicht in Amonkhet zum Einsatz. (Mehr darüber gibt es dann in den Previews zu Stunde der Vernichtung – sie ist zwar nicht als Schlüsselwort im Set, hatte aber Einfluss aufs Design.)

Manipulativ

Einer meiner liebsten Teile der Handlung von Amonkhet passiert gleich zu Beginn. Die Wächter reisen – ohne Ajani – zur Welt Amonkhet, um Nicol Bolas aufzuhalten. Sie gehen davon aus, dass sie sich auf eine dunkle, unterdrückte Welt begeben, deren Bewohner freudig die Ankunft der Wächter begrüßen, die sie von der Tyrannei Bolas‘ befreien werden. Stattdessen finden sie sich auf einer hellen, glücklichen Welt wieder, auf der Bolas als Gott verehrt wird. Die Bewohner haben nicht das Bedürfnis, gerettet zu werden.

Als die Wächter die Stadt Naktamun erkunden, beginnen sie zu erkennen, dass sich etwas falsch anfühlt. Die Welt strahlt eine gewisse Dissonanz aus: Die bewusst vorgetragenen Botschaften an der Oberfläche scheinen nicht zu den unbewussten Botschaften aus der Tiefe zu passen. Alles sieht gut aus, fühlt sich aber nicht so an. Wir sprachen darüber, dass es in dem Film Die Frauen von Stepford und in dem Buch Die Zeitfalte Sequenzen bzw. Abschnitte gibt, in denen der Protagonist erkennt, dass das, was an der Oberfläche zu sehen ist, nach einem perfekten Ort aussieht, aber dennoch ein gewisses Unbehagen auslöst, da das, was er sieht, nicht mit dem übereinstimmt, was sein Bauchgefühl ihm sagt.

Dies führte dazu, dass wir gemeinsam mit der Kreativabteilung daran arbeiteten, eine mechanisch-kreative Dissonanz zu erzeugen. Die Mechanik sollte ein dunkleres, bösartigeres Gefühl vermitteln (wie auch die -1/-1-Marken), aber der kreative Teil sollte fröhlicher und beschwingter wirken. Deshalb wird das, was man auf den Karten sieht, nicht unbedingt zu dem passen, was im Spiel geschieht. Wie auch die Wächter werden die Spieler das Gefühl nicht loswerden, dass hier irgendetwas nicht stimmt, da die widersprüchlichen Eindrücke Unbehagen auslösen.

Damit soll die Idee, dass Bolas diese Welt manipuliert hat, für die Spieler spürbar gemacht werden.

Intelligent

Diese Eigenschaft war gleichermaßen schwierig und leicht. Es ist nicht schwer, Magic-Spieler dazu zu bringen, sich klug zu fühlen. Immerhin ist Magic ein Spiel um Entscheidungen und Interaktionen. Eine ganz normale Partie bietet dem Spieler unzählige Möglichkeiten, sich klug zu fühlen. Wir wollten jedoch etwas, was das Gefühl vermittelt, die Dinge auf einer etwas höheren Ebene kontrollieren zu können.

Unterdessen suchte das Set – wie die meisten anderen auch – nach etwas, was wir eine „Komponente zur Manaangleichung“ nennen. Man kann zwar viel Gutes über das Manasystem von Magic sagen, aber die Möglichkeit, einer „Manablockade“ zu unterliegen und nicht genug Mana zu haben, um Zauber auszuspielen, ist frustrierend. Daher geben wir den Spielern gern Mittel an die Hand, dies abzumildern. Üblicherweise geschieht das, indem wir es Spielern erleichtern, ihre Länder zu finden, oder indem wir ihnen etwas geben, worin sie ihr überschüssiges Mana investieren können, sodass sie mehr Länder spielen können.

Wie ich letzte Woche schon erklärt habe, war unser erster Versuch hierzu eine Hieroglyphen-Mechanik, die aber letztlich den Nachforschungen aus Schatten über Innistrad zu ähnlich war. Etwa um diese Zeit kam Erik Lauer auf Ethan und mich zu und fragte uns nach unserer Meinung zu Umwandlung. Diese Mechanik wurde von Richard Garfield während dem Design zu Sturmwind erschaffen und tauchte zuerst im Urzas Saga-Block auf. Sie kehrte dann zweimal zurück: einmal im Zeitspirale-Block und einmal im Fragmente von Alara-Block.

Umwandlung ist eine elegante und nützliche Mechanik, die sich toll zur Manaangleichung eignet. Ihr einziger Makel ist, dass sie nur wenig Flair hat. Erik schlug sie aus zwei Gründen vor. Zum einen fand er, dass sie gut mit den anderen Blocks im Standard und hier insbesondere mit Schatten über Innistrad zusammenarbeiten würde. Zum anderen wollte er schon immer gern einen Zyklus aus Doppelländern mit Umwandlung machen und glaubte, dass dies ein geeigneter Zeitpunkt dafür wäre.

Das Team hatte versucht, etwas zu finden, was die Voraussicht und die Intelligenz von Bolas vermittelte, und wir brauchten etwas zur Manaangleichung. Dies – neben den Vorzügen, die Erik anführte – machte Umwandlung zu einer guten Ergänzung für das Set. Wir packten Umwandlung in alle fünf Farben und auf die Doppelländer, zusammen mit einer Reihe von Karten in Blau, die mit dieser Mechanik intergieren konnten.

Uralt

Ein wichtiger Aspekt von Bolas ist sein Alter. Hat man so lange gelebt wie er, so beginnt man, in ganz anderen zeitlichen Dimensionen als andere zu denken. Bolas‘ Pläne sind nicht auf Tage oder Wochen oder gar Jahre ausgelegt. Bolas‘ Pläne erstrecken sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Und Amonkhet bildet da keine Ausnahme. Bei ihrer Ankunft finden die Wächter eine Welt mit einem in Traditionen verwurzelten System vor. Dies war kein hastig zusammengeschusterter Plan. Bolas erschuf eine Welt, in der jeder Aspekt des Lebens der Bewohner durch ein System kontrolliert wird, das seinen Vorstellungen entsprang – und das er anschließend zurückließ, während es sich selbst weitertrug.

Die Welt ist um fünf Prüfungen herum aufgebaut, die jeder ihrer Bewohner zu meistern versucht. Die fünf Prüfungen wiederum drehen sich um die fünf Farben in Magic, und eine jede repräsentiert eine Eigenschaft, die die Götter und Bolas als ihr Gott-Pharao für wichtig erachten. Dies sind die Prüfungen in der Reihenfolge, in der die Bewohner Amonkhets sie erfüllen:

  1. Die Prüfung des Zusammenhalts (weiß): Hierbei wird die Fähigkeit geprüft, mit anderen zusammenzuarbeiten.
  2. Die Prüfung des Wissens (blau): Hier werden geistige Fähigkeiten geprüft.
  3. Die Prüfung der Stärke (grün): Diese Prüfung testet körperliche Fähigkeiten.
  4. Die Prüfung des Ehrgeizes (schwarz): In dieser Prüfung wird getestet, ob jemand willens ist, das zu tun, was getan werden muss.
  5. Die Prüfung des Eifers (rot): Die letzte Prüfung ist ein Kampf auf Leben und Tod.

Bei jeder Prüfung führt ein Versagen zum Tod. Erfolg indes bringt eine Belohnung in Form einer verzierten Medaille mit sich, die man Kartusche nennt, sowie eine Einladung zur nächsten Prüfung. In der finalen Prüfung verdient man sich, wenn man sie denn besteht, seine Kartusche und wird danach durch den roten Gott Hazoret ehrenhaft getötet.

Gemeinsam mit den Kartuschen, den Göttern und den Monumenten der Götter (wo die Prüfungen stattfinden) waren die Prüfungen eine wahre Herausforderung für uns Designer. Zunächst wussten wir, dass wir einen Zyklus aus fünf Karten für jeden dieser vier Aspekte haben wollten. Wir wussten, dass jeder Zyklus die Essenz dieses Elements wiedergeben und gleichzeitig mit allen anderen zusammenarbeiten sollte. Und zu guter Letzt sollte jeder der Eigenschaft entsprechen, die im Zentrum der jeweiligen Prüfung stand.

Zuerst kam der Entwurf der Götter. Wie ich schon vor zwei Wochen erklärte, erwarteten die Spieler in einem ägyptisch angehauchten Set natürlich Götter, weswegen wir hier etwas Cooles abliefern mussten. Über das Design dazu habe ich vor zwei Wochen schon gesprochen. Es handelt sich um legendäre Kreaturen des Kreaturentyps „Gott“. Als Nächstes entwarfen wir die Monumente. Über diese sprach ich letzte Woche. Es handelt sich um legendäre Artefakte, die mit dem dazugehörigen Gott Synergien eingehen.

Die Prüfungen begannen als nicht-legendäre Verzauberungen und hatten ein Design ähnlich dem der Quests aus Zendikar: Erfülle die auf der Karte gestellte Aufgabe und erzeuge einen mächtigen Effekt. Die Kartuschen begannen als nicht-legendäre Auren und verliehen Fähigkeiten, die einem dabei halfen, die entsprechende Prüfung zu bestehen. Bald erkannten wir, dass dieses Design ein bisschen danebenlag, da die Kartusche ja die Belohnung für das Bestehen der Prüfung war und nicht ein Mittel dazu.

Also versuchten wir uns an einer anderen Variante, bei der die Belohnung für das Bestehen der Prüfung darin bestand, die Kartusche aus dem eigenen Deck herauszusuchen. Das hatte zwar mehr Flair, spielte sich aber nicht so gut. Wir (und an diesem Punkt bezieht sich „wir“ auf die Entwickler statt auf die Designer) probierten es im Anschluss mit einer Fassung, bei der jede Prüfung einen Effekt erzeugte, wenn sie ins Spiel kam, und eine ins Spiel kommende Kartusche die Prüfung auf die Hand zurückschickte, sodass ihr Effekt erneut gespielt werden konnte. Ich glaube, die früheste Variante erforderte die Kartusche in der richtigen Farbe, doch letztlich senkten wir die Voraussetzungen dergestalt, dass jede Kartusche verwendet werden konnte, was zu mehr Interaktion führte.

Die Götter, Monumente, Prüfungen und Kartuschen waren darauf ausgelegt, Synergien miteinander einzugehen. Nehmen wir den grünen Gott Rhonas zum Beispiel. In Runde Drei fange ich damit an, Rhonas‘ Monument auszuspielen. In Runde Vier dann spiele ich die Prüfung der Stärke. Wenn sie ins Spiel kommt, erhalte ich einen 4/2-Bestien-Kreaturenspielstein. In Runde Fünf kann ich sowohl Rhonas der Unbezwingbare als auch die Kartusche der Stärke ausspielen. Ich spiele Rhonas für ein Mana weniger wegen des Monuments. Rhonas ist eine Kreatur. Das Monument wird dementsprechend ausgelöst, sodass ich die 4/2-Bestie zur einer 6/4-Bestie machen und mit ihr angreifen kann. Die Bestie wendet sich zeitgleich gegen Rhonas, der nun angreifen und blocken darf.

Dann lege ich die Kartusche der Stärke auf Rhonas, was ihn zu einer 6/6-Kreatur mit Todesberührung, Unzerstörbar und Trampelschaden macht. Er kann jetzt gegen jede Kreatur kämpfen, die ich töten will. Das Ausspielen der Kartusche bringt die Prüfung auf meine Hand zurück. In der nächsten Runde spiele ich sie erneut aus und erhalte einen weiteren 4/2-Bestien-Kreaturenspielstein. Dann habe ich Mana, um Rhonas‘ Fähigkeit zu aktivieren, um meine bereits vorhandene 6/4-Bestie zu einer 8/4-Kreatur mit Trampelschaden zu machen und daraufhin mit Rhonas und der größeren Bestie anzugreifen und 14 Schaden zu machen – alles durch Trampler. Falls das aus irgendeinem Grund meinen Gegner nicht tötet, kann ich in der Runde danach Rhonas zweimal aktivieren, um meine 6/4-Bestie zu einer 8/4-Bestie zu machen und für 22 Schaden anzugreifen – erneut durch Trampler.

Mächtig

Das letzte Puzzleteil entstand, als zwei Stränge irgendwann zusammenliefen. Der erste war unser dringendes Bedürfnis, Bolas‘ Macht zu demonstrieren. Uns gefiel die Idee, dass die Spieler in der Rolle des Planeswalkers ihre Macht irgendwie auf ihre Kreaturen ausweiten konnten. Man konnte sie dazu bringen, etwas zu tun, was sie vielleicht nicht tun wollten. Dies erinnerte mich an eine Mechanik, mit der wir damals in Gildensturm für die Gruul experimentiert hatten. Wir nannten sie „Leichtsinn“, und ihr Grundgedanke war, dass Kreaturen sich für eine Runde verbessern konnten, dafür aber am Ende ebendieser Runde starben. Hier ist ein Beispiel:

Leichtsinniger Riese
3R
Kreatur – Riese
3/3
Leichtsinn: Die Kreatur erhält bis zum Ende der Runde +3/+3 und Trampelschaden.
(Wenn du Leichtsinn einsetzt, opfere die Kreatur am Ende der Runde.)

Der Leichtsinnige Riese war eine 3/3-Kreatur, die unvermittelt zu einem 6/6-Trampler werden konnte. Das bedeutete allerdings auch, dass die Kreatur starb. Wir konnten das Flair ein bisschen anpassen und sagen, dass nicht der Riese sich dazu entschied, sondern der Spieler als Manipulator hinter den Kulissen. Das fühlte sich ein bisschen finsterer an.

Der zweite Strang war, dass wir versuchten, eine für Kombos geeignete Fähigkeit zu finden. Die Prüfungen, die im Zentrum von allem auf Amonkhet standen, endeten mit einem Zweikampf bis zum Tod. Wir fanden also, dass wir ein mechanisches Element brauchten, das sich um Kampf drehte. Daher begannen wir damit, die Mechanik Edelmut zurückzubringen. (Immer wenn eine Kreatur allein angreift, erhält sie +1/+1 bis zum Ende des Zuges.) Edelmut tauchte zuerst in Weiß, Blau und Grün im Bant-Fragment im Fragmente von Alara-Block auf. In Magic 2015 kehrte er dann in Weiß und Schwarz zurück. Es handelte sich um eine solide Kampfmechanik, deren Flair zu passen schien. Somit begannen wir mit ihr als bekannte Größe.

Kleine Randnotiz: Es ist im Design üblich, einen Teil des Sets mit Bekanntem aufzufüllen, das in etwa so aussieht wie das, was man haben will. Auf diese Weise kann man Neues testen und relativ sicher sein, dass alles andere die Tests nicht beeinträchtigt.

Edelmut brachte uns auf den „erweiterten Edelmut“, bei dem wir alles mögliche andere anstelle von +1/+1 verliehen – meist Kreaturen-Schlüsselwörter. Die Testpartien zeigten, dass eine Umgebung mit -1/-1-Marken dazu führte, dass die Spieler weniger angriffen, weswegen wir sie ein bisschen mehr in Richtung Aggression manövrieren wollten. Das brachte uns darauf, eine Variante von Edelmut auszuprobieren, bei der eine Kreatur mit der Fähigkeit einer angreifenden Kreatur ein Schlüsselwort verlieh. So musste die Kreatur nicht mehr allein angreifen, sondern die Kreatur, die das Schlüsselwort erhielt, musste ebenfalls angreifen. (Und ja, sie konnte sich auch selbst auswählen.) Wir wechselten dann von einem Angriffsauslöser zu einem Todesauslöser, der nur funktionierte, wenn die Kreatur beim Angriff getötet wurde. Wir nannten die Fähigkeit „Ruhmreich“. Uns gefiel, dass sie Aggressivität belohnte, aber das Spiel damit war nicht ganz so, wie wir uns das vorgestellt hatten.

Und hier liefen unsere beiden Stränge zusammen. Wir wollten etwas, was ein Gefühl von Bolas‘ Macht vermittelte, und wir wollten eine aggressivere Kampfmechanik. Angesichts dessen, dass die Leichtsinn-Mechanik beide Ziele abdeckte, schlug ich vor, sie auszuprobieren. Jackie Lee, ein Mitglied des Designteams (und auch des Entwicklerteams), meinte, dass ihr die Idee generell zwar gefiel, aber der Tod ein zu hoher Preis war. Was, wenn der Nachteil etwas weniger endgültig war? „Hast du eine Idee?“, fragte ich. „Wie wäre es, wenn die Kreatur im nächsten Zug nicht enttappt?“

Und dies war der Ursprung der Mechanik Erschöpfen. Sie taucht auf weißen, roten und grünen Kreaturen auf, jenen drei Farben also, die am stärksten auf den Kampf konzentriert sind. Das Flair ist, dass man die Fähigkeit hat, seine Macht auf seine Kreaturen auszudehnen, um sie so zu größeren Leistungen anzuspornen, als es gut für sie ist.

Hätt‘ ich einen Nicol . . .

Und so haben wir die ägyptischen Einflüsse mit Nicol Bolas verknüpft – und das als Top-down-Design mit zwei Stoßrichtungen. Ich hoffe, ihr findet Gefallen daran, wie sich letztlich alles zusammenfügte, wenn ihr amPrerelease dieses Wochenende teilnehmt. Wie immer freue ich mich auf eure Rückmeldungen zum heutigen Artikel und zu Amonkhet. Ihr könnt mir eine E-Mail schreiben oder mich über eines meiner Social-Media-Profile kontaktieren (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram).

Schaut auch nächste Woche wieder vorbei, wenn ich meine Geschichten zum Design einzelner Karten aus Amonkhet beginne.

Möget ihr euch bis dahin ein klein wenig wie Bolas fühlen, wenn ihr beim Prerelease mitspielt.


 
#426: Fights I Lost
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I often talk about the many fights in R&D that I managed to win. Well, I didn't win them all, and this podcast talks about a bunch of the fights I lost.

 
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There was a lot of discussion online about what exactly "top-down" and "bottom-up" designs were, so I dedicate a podcast to talk all about what the terms mean.