Jagd auf Schatten, Teil 1
Willkommen zur ersten Preview-Woche zu Schatten über Innistrad. Wir sind im Begriff, dem Wahnsinn zu verfallen (und zwar nicht nur sprichwörtlich), und ihr dürft uns gern auf unserem Weg begleiten. Ich möchte euch das Designteam vorstellen, euch erklären, wie genau Schatten über Innistrad entstanden ist und euch natürlich auch eine coole Preview-Karte zeigen. Falls euch das alles interessiert, dann folgt mir doch einfach weiter durch diese Zeilen! Aber seid gewarnt: Dieser Weg führt in den Wahnsinn.
Schatten-Kabinett
Ich beginne meine Preview-Kolumnen üblicherweise damit, dass ich euch die Menschen vorstelle, die das jeweilige Set entworfen haben.
Mark Gottlieb (Leitung)
Im Lauf der Jahre hatte Mark schon viele Aufgaben und Posten in der Magic-R&D. Er war Redakteur, Regelmanager und Entwickler. Und jetzt ist er der Designmanager, der alle sechs Mitglieder des Designteams betreut – außer mich und sich selbst natürlich. Mark und ich haben gemeinsam Eid der Wächter geleitet – und das war auch das erste große Set, an dessen Leitung er beteiligt war. Schatten über Innistrad war das erste Mal, dass er ganz allein ein großes Set geleitet hat, und wie ihr alle bald sehen werdet, hat er ausgezeichnete Arbeit abgeliefert.
Wie seine letzten Aufgaben vielleicht erahnen lassen, ist Mark ausgesprochen detailverliebt, und in Schatten über Innistrad gab es eine Menge kleiner Details zu beachten. Es war das erste große Frühlingsset unter dem Zwei-Block-Paradigma. Es stellte die Rückkehr zu einer der beliebtesten Welten in der Geschichte von Magic dar (in meiner Kopf-an-Kopf-Abstimmung zu den Welten auf Twitter setzte sie sich im Finale bei insgesamt 4.210 abgegebenen Stimmen mit einem Vorsprung von 30 Stimmen sogar knapp gegen Ravnica durch. Es war das erste Set, das nach der Gründung der Wächter ansetzte, und es sollte unsere Geschichte weiter vorantreiben. Wie ihr sehen werdet, gab es wirklich eine Menge zu bedenken, und Mark hat diesen Balanceakt wirklich ganz wunderbar absolviert.
Adam Lee
Jedes zweite Jahr tagt die R&D außerhalb der Firma in einem Hotel hier vor Ort, um über vielerlei Aspekte des Spiels zu diskutieren. Als Teil dieses Ausflugs gibt es ein paar Stunden lang eine Reihe von Vorträgen, bei denen jedes Mitglied der R&D fünf Minuten über ein beliebiges Magic-bezogenes Thema sprechen darf. Adam beschloss, seine Idee für eine Rückkehr nach Innistrad vorzustellen. Er dachte sich eine coole Handlung aus, bei der es darum ging, dass die Bewohner Innistrads langsam wahnsinnig werden und unsere Helden herausfinden müssen, warum. Alle liebten Adams Idee, und als wir unsere zukünftigen Sets planten, bekam die Rückkehr nach Innistrad einen festen Platz auf unserer Liste.
Adam war der Vertreter des Kreativteams im Designteam. Da er derjenige gewesen war, der die komplette Recherche gemacht und schon so viel Mühe in den neuen Ansatz in Sachen Innistrad gesteckt hatte, gab es hier wirklich keine Alternative. Adam ergänzte uns wundervoll, und das Set ist dank ihm wesentlich spannender und runder.
Ken Nagle
Ken wurde die Aufgabe des leitenden Designers für Düstermond übertragen, jenem kleinen Set, das nach Schatten über Innistrad kommt. Üblicherweise haben wir den Leiter des kleinen Sets auch gern im Team für das große Set, damit er sich mit der Welt und den Mechaniken des Blocks vertraut machen kann – denn das meiste davon wird sich ja im kleinen Set fortsetzen. Ich habe schon so viele Male über Ken geschrieben, dass es eigentlich kaum noch etwas Neues über ihn zu sagen gibt. Er ist ein Kartenmonster und eine Bereicherung für jedes Designteam. Und das sollte sich auch bei Schatten über Innistrad nicht ändern.
Sam Stoddard
Sam war der Vertreter des Entwicklerteams. Wie auch Ken hat er die Leitung für Düstermond, wenngleich als Entwickler und nicht als Designer. Ihr alle kennt Sam hoffentlich durch seine Kolumne Latest Developments hier auf DailyMTG. Sam leistete tolle Arbeit als Sprecher des Entwicklerteams (indem er dabei half, Kosten für Karten festzulegen und dafür zu sorgen, dass alles, was wir uns ausdachten, auch entwickelt werden konnte), und er designte auch eine ganze Menge wunderbarer Karten. Sam hat fundierte Meinungen, die er mit Nachdruck vertritt, und ist für jedes Designteam eine echte Bereicherung.
Andrew Veen
Es stellt sich heraus, dass wir doch tatsächlich noch andere Spiele außer Magic machen. Andrew ist in der Duel Masters-R&D als Designer für das beliebte Sammelkartenspiel tätig, das wir direkt in Japan verkaufen. Hin und wieder schätzen wir frischen Wind in der R&D (und auch bei Wizards im Allgemeinen), weshalb wir gelegentlich einen Designer von Duel Masters an Magic mitarbeiten lassen. Andrew arbeitete bereits an anderen Magic-Produkten, aber ich glaube, das ist das erste Mal, dass er am Design eines standardlegalen Sets beteiligt war. Es war ein großes Vergnügen, mit Andrew zu arbeiten, der Karten im Stil von Ken Nagle ablieferte – sowohl quantitativ als auch qualitativ. Ich hoffe, dass wir in zukünftigen Magic-Designs noch mehr von ihm zu sehen bekommen.
Gavin Verhey
Ich möchte immer wieder schreiben, dass Gavin des neueste Mitglied des Designteams ist, nur um mir dann immer wieder ins Gedächtnis rufen zu müssen, dass wir zwei noch neuere Mitglieder haben (Jackie Lee und Jules Robbins). Von all den Leuten in der R&D ist Gavin wohl der größte Allrounder, dessen Fähigkeiten nicht nur im Design, sondern auch in der Entwicklung liegen. Er arbeitete sechs Monate lang im Markenteam für Magic. Er war zeitweise damit betraut, die offiziellen Magic-Veranstaltungen zu beaufsichtigen. Er macht auf Events Cosplay (oft als Jace kostümiert). Er reist mehr als jedes andere menschliche Wesen, das ich kenne. Außerdem gelingt es ihm, ständig irgendwie in die abgefahrensten Geschichten verwickelt zu werden, die man sich nur vorstellen kann (vielleicht erzähle ich euch eines Tages mal, wie er in einen Vulkan gefallen ist). Gavin ist außerdem einer der begeisterungsfähigsten Menschen, die ich je kennengelernt habe, und es war eine wahre Freude, ihn im Designteam von Schatten über Innistrad zu wissen.
Mark Rosewater
Und dann wäre da noch meine Wenigkeit. Da ich ohnehin andauernd über mich selbst rede, gibt es hier wohl wenig zu sagen. Ich bin immer beim Design dabei, um zu helfen und ein Auge darauf zu haben, was so gerade vor sich geht.
Schatten-Spiel
Wenn das Design zu einem Block beginnt, der auf eine Welt zurückkehrt, die wir schon einmal besucht haben, ist die erste Frage, die wir uns stellen, welche Mechaniken zurückkommen sollen. Und um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst alles aufschreiben, was es im vorherigen Block gab. Für den Innistrad -Block sah das so aus:
- Doppelseitige Karten (Transformieren)
- Rückblende
- Morbide
- Fluch
- „Der Friedhof ist wichtig“
- Stämme (Menschen, Geister, Vampire, Werwölfe und Zombies)
- Schicksalsstunde
- Unverwüstlich
- Mirakulum
- Seelengebunden
- „Einsamer Wolf“-Mechanik
- „Flackern“
Gehen wir unsere Überlegungen zu einer möglichen Rückkehr aller oben genannten Mechaniken noch einmal einzeln durch. Bedenkt bitte, dass wir dabei immer zu einem von drei möglichen Ergebnissen kamen: definitiv, vielleicht und definitiv nicht.
Doppelseitige Karten (Transformieren): DEFINITIV
Nichts bekam im ursprünglichen Innistrad mehr Aufmerksamkeit als die doppelseitigen Karten. Das Team war daher einhellig der Meinung, dass die Spieler sie bei einer Rückkehr nach Innistrad hundertprozentig erwarten würden. Daher stand hier auch im Grunde keinerlei Debatte an.
Rückblende: VIELLEICHT
Rückblende ist eine tolle Mechanik. Das Problem ist, dass sie ihr Debüt nicht in Innistrad gab, weshalb sie auch keine so direkte Verbindung mit dieser Welt hat wie einige andere Dinge.
Morbide: VIELLEICHT
Morbide hatte den Vorteil, für Innistrad entstanden zu sein. Daher gab es hier eine etwas engere Verbindung. Es spielte sich allerdings nicht ganz so gut wie Rückblende.
Fluch: VIELLEICHT
Fluch war im ursprünglichen Innistrad ein zweischneidigen Schwert. Eine kleine Gruppe von Spielern fand die Mechanik toll, aber der Mehrheit war sie ziemlich egal.
„Der Friedhof ist wichtig“: DEFINITIV
Es ist nicht leicht, ein Gruselsetting zu machen, ohne dass der Friedhof darin eine Rolle spielt. Dementsprechend war klar, wie die Entscheidung hier aussehen würde.
Stämme (Menschen, Geister, Vampire, Werwölfe und Zombies): DEFINITIV
Menschen und „Monster“ waren die Hauptbewohner der Welt, weshalb diese Kreaturentypen auch in jedem Fall zurückkehren würden. Wir sprachen darüber, ob die Spieler eine gewisse Menge an Stammessynergien erwarteten, und wir erkannten, dass der erste Innistrad-Block einen derart starken Fokus auf sie gelegt hatte, dass diese Erwartung tatsächlich vorhanden war und wir ihr gerecht werden sollten.
Schicksalsstunde: DEFINITIV NICHT
Diese Mechanik war wahrscheinlich diejenige mit dem unbeliebtesten Schlüsselwort des gesamten Innistrad-Blocks, weshalb wir wussten, dass sie nicht zurückkehren würde.
Unverwüstlich: VIELLEICHT
Unverwüstlich hat zwar Design- und Entwicklungsschwierigkeiten, war aber beliebt. Wir konnten also zumindest in Betracht ziehen, es zurückzubringen.
Mirakulum: DEFINITIV NICHT
Mirakulum hatte zwei Probleme. Erstens hatten wir die bewusste Entscheidung getroffen, mehr zu Innistrad im Sinne des einzelnen Sets als zu Innistrad als vollständigem Block zurückzukehren, und Mirakulum gehörte eindeutig zu Avacyns Rückkehr. Zweitens trugen sich in der Handlung von SOI gerade grauenhafteste Ereignisse zu. Das war nicht die Zeit für Wunder. So einfach kam uns niemand davon.
Seelengebunden: DEFINITIV NICHT
Das eben Gesagte traf auch auf Seelengebunden zu. Wir konzentrierten uns nicht auf Avacyns Rückkehr, und dies war nicht die Zeit, in der Kreaturen zusammenfanden.
„Einsamer Wolf“-Mechanik: DEFINITIV NICHT
Diese namenlose Mechanik war die einzige, die noch schlechter abschnitt als Schicksalsstunde, weshalb klar war, dass wir sie nicht zurückbringen würden.
„Flackern“: DEFINITIV NICHT
Es konnten zwar ein paar Flackern-Effekte im Set auftauchen („flackern“ ist Slang dafür, eine bleibende Karte ins Exil zu schicken und sie dann zurückzubringen – üblicherweise am Ende der Runde, manchmal auch sofort), aber es gab keinen Grund, dies zu einem größeren Motiv des Sets zu machen.
Und so sah unsere Liste nach unseren Überlegungen aus:
DEFINITIV
- Doppelseitige Karten (Transformieren)
- „Der Friedhof ist wichtig“
- Stämme (Menschen, Geister, Vampire, Werwölfe und Zombies)
VIELLEICHT
- Rückblende
- Morbide
- Fluch
- Unverwüstlich
DEFINITIV NICHT
- Schicksalsstunde
- Mirakulum
- Seelengebunden
- „Einsamer Wolf“-Mechanik
- „Flackern“
Nachdem wir uns das so angeschaut hatten, beschlossen wir, dass wir wahrscheinlich genug in der Spalte „Definitiv“ hatten, um auszuprobieren, ob das reichen würde, um die Stimmung Innistrads einzufangen.
Schatten-Boxen
Wenn man mit einem Design anfängt, braucht man unbedingt etwas, worauf man sich konzentrieren kann. Daher entschieden wir, unseren Schwerpunkt auf das Motiv des wachsenden Wahnsinns in Innistrad zu legen. Dieses Motiv gefiel uns aus zweierlei Gründen. Zunächst half es dabei, Innistrad eine neue Richtung zu geben. Wenn wir auf eine Welt zurückkehren, möchten wir Dinge wiedersehen, die den Spielern Spaß gemacht haben, aber wir wollen auch eine Möglichkeit finden, dem Block eine neue Perspektive zu verleihen und nicht einfach nur eine Kopie des ursprünglichen Blocks zu machen. Zudem fanden wir, dass Wahnsinn etwas war, was wir mechanisch gut aufgreifen konnten.
Ich schätze, ich sollte gar nicht lange um das offensichtliche Problem herumreden, das wir zumindest zu Beginn des Erkundungsdesigns hatten. Unser Motiv war Wahnsinn. Welche Mechaniken konnten dieses Thema nun vermitteln? Wie wäre es mit ... Wahnsinn? Ihr müsst wissen, dass Odyssee – der Block, der sich um den Friedhof drehte und vor vielen Jahren die anfängliche Idee zu Innistrad inspirierte – eine Mechanik namens Wahnsinn besaß, die es den Spielern erlaubte, Karten zu wirken, während selbige abgeworfen wurden. Wahnsinn tauchte erstmals in Qualen – dem mittleren Set des Odyssee-Blocks – auf und kehrte dann in Zeitspirale zurück.
Wahnsinn war eine mächtige Mechanik, die die Spieler im Allgemeinen sehr schätzten (hier besteht ja oft ein klarer Zusammenhang). Vor einigen Wochen sprach ich über die Sturmskala und nahm Wahnsinn als Beispiel für eine Mechanik mit einer Wertung von 8, also etwas, was wir nur zurückbringen würden, wenn die Sterne günstig stünden und wir die Schwierigkeiten lösen könnten, die sie mit sich brachte. Nun, die Sterne standen günstig. Wir machten ein Set, das Wahnsinn als Motiv hatte. Die Frage war nur: Würden wir die damit verbundenen Schwierigkeiten beheben können?
Wahnsinn hatte zwei Hauptprobleme. Eines lag in der Entwicklung: Diese Mechanik ist schwer auszubalancieren und hat das Potenzial, missbraucht zu werden. Das andere lag in den Regeln. Wahnsinn ist eine dieser Mechaniken, die nur aufgrund schierer Willenskraft der Regeln funktioniert, weil da eben steht, dass das schon irgendwie klappt. In der heutigen Zeit, in der es auch digitale Varianten des Spiels gibt, sind wir wesentlich stärker darauf bedacht, dass unsere Regeln sauber funktionieren. Wenn wir Wahnsinn einsetzen wollten, mussten wir demzufolge erst den einen oder anderen Regelkonflikt bereinigen. Welche genau das waren, ist nicht unbedingt mein Spezialgebiet, weswegen ich hier nicht so sehr in die Tiefe gehen kann.
Das Erkundungsdesignteam beschloss, Wahnsinn zu verwenden. Das Designteam stand zu Beginn seiner Arbeit vor derselben Entscheidung und beschloss ebenfalls, es zu versuchen und zu sehen, ob es funktionieren könnte. Wie sich herausstellte, waren übrigens sowohl Mark Gottlieb, der leitende Designer des Sets, als auch Dave Humpherys, der leitende Entwickler des Sets, große Fans von Wahnsinn.
Schatten-Marionetten
Die große Frage des Designs lautete: Wie genau wollten wir mechanisch abbilden, dass die Spieler wahnsinnig wurden? Die Frage war so wichtig und entscheidend fürs Design, dass sie schon im Erkundungsdesign (das von Ethan Fleischer geleitet wurde) aufkam. Wir sprachen viele Wochen lang darüber und beschlossen letzten Endes, uns auf die Metapher zu konzentrieren, dass die Bibliothek der Verstand der Spieler ist (und die Hand ihre augenblicklichen Gedanken). Verliert man Karten aus der Bibliothek, so ist das also gleichbedeutend damit, geistige Gesundheit einzubüßen.
Wir begannen mit einer recht einfachen „Mill“-Strategie („millen“ ist ein fester Begriff, der bedeutet, Karten oben von der Bibliothek eines Spielers auf seinen Friedhof zu bringen, und er stammt von der Karte Mühlstein, die als erste diesen Effekt hatte). Wir erkannten jedoch schon bald, dass wir nicht das abbildeten, worum es im Set eigentlich ging. Man versuchte nicht, die anderen wahnsinnig zu machen. Man versuchte, sich selbst davon abzuhalten, sich in den Wahnsinn zu treiben.
Die Lösung, die wir fanden, war diese: Wahnsinnsmarken. Bestimmte Karten gaben einem Spieler entweder beim Ausspielen oder beim Verwenden eine Wahnsinnsmarke. Jedes Mal wenn der Spieler Schaden erlitt, musste er Karten gleich der Anzahl seiner Wahnsinnsmarken von der Bibliothek auf den Friedhof legen. Ein Beispiel: Sagen wir, ich habe zwei verschiedene Zauber gewirkt, von denen mir jeder eine Wahnsinnsmarke beschert hat. Greift mein Gegner mich mit vier Kreaturen an, von denen zwei durchkommen, müsste ich für jede Kreatur, die mir Schaden zufügt, zwei Karten auf den Friedhof legen – also vier insgesamt. Wir hatten Karten, die einem selbst Wahnsinnsmarken verliehen, und solche, die sie einem Gegner gaben.
Da sich die Wahnsinnsmarken dafür interessierten, wie viele Dinge dem Spieler Schaden zufügten, und nicht, wie groß diese Dinge waren, erwiesen sich kleine ausweichende Kreaturen in dieser Umgebung als sehr, sehr gut. (Wenn wir in der Vergangenheit Schaden eins zu eins zum Millen umgesetzt hatten, waren die Spieler oft schon gestorben, ehe sie keine Karten mehr ziehen konnten.) Wir kamen auf eine ausweichende Mechanik namens Schleichen (im Design nannten wir sie Pirschen), die verhinderte, dass eine Kreatur, deren Stärke größer war als die der Kreatur mit Schleichen, sie blocken konnte. Die Mechanik entstand, als wir darüber diskutierten, wie wir die Kombo aus Ausweichen und Aufpumpen von Stärke verhindern konnten. Der Unsichtbare Schleicher aus dem ursprünglichen Innistrad hatte sich als sehr frustrierend erweisen, da man Ausrüstung oder Auren an ihn anlegen konnte und so eine ziemlich große, unblockbare Kreatur hatte, die die Partie in nur wenigen Runden beenden konnte. Schleichen hat nun eine eingebaute Antwort auf dieses Problem, denn wenn die Kreatur größer wird, verliert sie ihr Ausweichen. Schleichen blieb bis zum Druck erhalten.
Zu Beginn des Designprozesses spielten wir ein wenig mit den Wahnsinnsmarken herum, stellten aber fest, dass die Mechanik sich als etwas verzwickter erwies, als es uns recht war. Uns gefiel jedoch das Wachsen des Friedhofs als Zeichen für Wahnsinn. Gab es eine Möglichkeit, die Entwicklung des Friedhofs auch ohne Marken abzubilden? Was, wenn ein bestimmter Zustand des Friedhofs den beginnenden Wahnsinn repräsentierte? Wir begannen mit einer sehr einfachen Zählweise: der Anzahl an Karten auf dem Friedhof.
Interessanterweise standen wir hierbei wieder vor einer Mechanik aus Odyssee – diesmal war es Grenzwert. Grenzwert war eine Mechanik, die Karten mit dieser Fähigkeit verbesserte, wenn sich sieben oder mehr Karten auf dem Friedhof befanden. Wir spielten mit Grenzwert, doch wir stellten fest, dass es zwar näher an unserer Vorstellung dran war, aber noch immer nicht richtig stimmig. Also dachten wir über andere Dinge nach, die wir zählen konnten. Kreaturen zum Beispiel. Oder Nicht-Kreaturen. Oder farbige Karten. Oder farblose Karten.
An irgendeinem Punkt wagten wir dann den Schritt, nicht eine bestimmte Sache zu zählen, sondern eine bestimmte Kategorie von Dingen. Statt zu fragen, wie viele blaue Karten sich auf dem Friedhof befanden, fragten wir, wie viele verschiedene Farben auf dem Friedhof lagen. Farben waren jedoch problematisch, denn dieser Ansatz führte zu einem recht kniffligem Deckbau. Dann stolperten wir über Kartentypen. (Und mit „wir“ meine ich Ken Nagle.) Was war mit einer bestimmte Anzahl an Kartentypen? Jedes einfarbige Deck hatte doch schließlich Zugriff auf sämtliche Kartentypen.
Zunächst waren viele im Designteam skeptisch. Die Sorge war, dass dieser Ansatz zu schwierig nachzuverfolgen war, doch je mehr wir damit spielten, desto besser gefiel er uns, denn er hatte Einfluss auf den Deckbau und auf die Spielweise. Und er war leichter nachzuverfolgen, als wir befürchtet hatten. Das Timing passte gut, und die Entwickler fanden, dass die Kosten dafür problemlos festzulegen waren. Die Mechanik sollte letzten Endes Delirium heißen und einen zentralen Punkt des Sets bilden.
Schatten-König
Als Nächstes mussten wir herausfinden, was wir mit den doppelseitigen Karten anstellen wollten. Wir wussten, dass es welche im Set geben musste, aber wir wollten, dass sie sich von denen abhoben, die wir in Innistrad und Dunkles Erwachen gemacht hatten. Und das taten wir auf zwei Wegen. Erstens versuchten wir, ihr Design innovativer zu gestalten und in Designräume vorzustoßen, die wir bislang noch nicht erkundet hatten. Zweitens verwendeten wir viel Zeit auf die Diskussion, ob doppelseitige Karten ein Motiv darstellen sollten, das uns wichtig war.
Um die erste Frage zu beantworten, möchte ich euch die heutige Preview-Karte zeigen. Anstatt euch nur zu erzählen, dass es uns gelungen ist, kreative Ideen zu entwickeln, finde ich, dass ich euch das genauso gut einfach zeigen kann.
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Die Idee hinter dieser Karte war, die doppelseitige Technologie zu verwenden, um eine Karte zu erstellen, die zwischen zwei Zuständen hin- und herwechselt: Kreatur und Zauber. Der Zauber wurde eigens von Sam Stoddard entwickelt, um zu zeigen, welche Designräume wir mit doppelseitigen Karten bislang noch nicht erkundet hatten.
Was die zweite Idee angeht: Das Designteam stürzte sich auf die Vorstellung, ein Motiv zu haben, bei dem doppelseitige Karten wichtig sind. Anstatt einer doppelseitigen Karte pro Booster, erhöhten wir die Anzahl auf zwei und erstellten eine Reihe von Karten, die sich für Dinge interessierten, die transformiert werden oder wurden. Der grün-blaue Draft-Archetyp wurde zum „Transformation ist wichtig“-Deck. Am Ende spielte sich dieses Motiv allerdings nicht gut genug, um es so beizubehalten. Dementsprechend senkten wir den „As Fan“-Wert doppelseitiger Karten wieder auf etwa eineinhalb pro Booster, was bedeutet, dass ihr immer eine und manchmal auch zwei bekommt.
Schatten-Reich
Wir hatten also Delirium, Wahnsinn, Schleichen und doppelseitige Karten. Die Teile begannen nach und nach, immer besser zusammenzupassen, doch vor uns lag nach wie vor eine Menge Arbeit. Wodurch konnten wir Delirium aktivieren? Wie sollte Delirium mit den anderen Mechaniken verknüpft werden? Konnten wir unsere Probleme mit Wahnsinn lösen? Wie genau sollte jeder der Stämme mechanisch funktionieren?
Als wir uns all diese Fragen stellten, tauchte eine neue auf. Das Designteam hatte sich voll und ganz auf Wahnsinn konzentriert – das Schlüsselelement der Welt –, aber in der Handlung ging es um Mysterien. Jace war nach Innistrad gekommen und musste herausfinden, was vor sich ging. Ja, das Designteam hatte den Wahnsinn, über den Jace Nachforschungen anstellte, gut eingefangen, aber hatte es auch seine Nachforschungen selbst abgebildet?
Schaut auch nächste Woche wieder vorbei, wenn ich euch zeige, wie sich alles zusammenfügte und wir eine mechanische Möglichkeit fanden, auch das Motiv des Geheimnisvollen zu vermitteln.
Möget ihr euch bis dahin ganz dem Wahnsinn hingeben – also auf die gute Art, meine ich.
„Drive to Work #312 – Limited Edition, Part 5“
Dies ist der fünfte Teil meiner sechsteiligen Reihe über das Design des allerersten Magic-Sets.
„Drive to Work #313 – Limited Edition, Part 6“
Dies ist Teil Sechs meiner sechsteiligen Reihe über das Design des allerersten Magic-Sets.
- Episode 313 Limited Edition, Part 6 (16.0 MB)
- Episode 312 Limited Edition, Part 5 (15.9 MB)
- Episode 311 Limited Edition, Part 4 (16.4 MB)
- Episode 310 Traveling (20.2 MB)
- Episode 309 Limited Edition, Part 3 (14.7 MB)