Jedes Jahr schreibe ich einen Artikel, der die Designbemühungen der letzten zwölf Monate näher bewertet. Ich nenne diese Reihe „State of Design“, da sie sich an der jährlichen Ansprache orientiert, in der der US-Präsident seine Einschätzung zur Lage der Nation abgibt. Dies hier ist mein zwölfter „State of Design“-Artikel. Unten stehend seht ihr die ersten elf:

Das vergangene Jahr war das erste mit unserem neuen Zwei-Block-Modell. Wir fingen also an, zwei Blocks pro Jahr zu machen, was ich zum Anlass nehmen möchte, die grundlegende Struktur dieses Artikels erstmals seit Beginn dieser Reihe zu ändern. Damit ich jeden Block separat in den Blick nehmen kann, unterteile ich meinen Artikel in drei Abschnitte: einen für das Magic-Design als Ganzes, um das gesamte Jahr zu betrachten, einen für den Kampf um Zendikar-Block und einen für den Schatten über Innistrad-Block. In jedem Abschnitt gehe ich das durch, was für mich die Höhepunkte des entsprechenden Blocks waren, um anschließend darüber zu sprechen, welche Lehren ich aus ihm ziehe.

Noch schnell ein paar Dinge vorweg. Zum einen behandelt diese Kolumne überwiegend Designthemen, weshalb ich mich auch darauf konzentrieren werde, wohin sich das Design meiner Meinung nach entwickelt hat. Es gibt noch viele andere tolle Abteilungen bei uns, die sehr gute Arbeit abliefern. Mein Kommentar hier befasst sich jedoch mit keiner von ihnen, sondern vielmehr mit jenem Teil des Gesamtvorgangs, für den mein Team und ich die Verantwortung tragen. Zum anderen findet natürlich nicht nur bei den vier Hauptsets Designarbeit statt, doch aufgrund von akutem Platzmangel werde ich das heute nicht weiter ansprechen können.

Ehe ich mich den Blöcken zuwende, befasse ich mich immer erst mit der Frage: Wie lief das letzte Jahr im Magic-Design? Es war ein Übergangsjahr. Wir wechselten zu einem völlig neuen Modell, und dieser Übergang erwies sich als komplizierter, als es uns damals überhaupt klar war. Es gab zahlreiche Höhepunkte, auf die ich auch gleich noch eingehen werde, aber ich glaube, dass dieses zurückliegende Jahr ein Jahr der wichtigen Lektionen war – und zwar noch mehr als das Jahr davor. Wir stehen vor einer weiteren wichtigen Neuerung, was unsere vorhandenen Möglichkeiten für das Magic-Design anbelangt, und das zurückliegende Jahr hat uns in dieser Hinsicht viele wertvolle Lernerfahrungen beschert.

Tauchen wir nach dieser Vorrede nun doch gemeinsam ins Magic-Design des vergangenen Jahres ein.

Das Magic-Design als Ganzes

HÖHEPUNKTE

  • Zwei Blocks pro Jahr sind ein Erfolg

Ich schrieb vor zwei Jahren einen Artikel darüber, wieMagic sich einer Metamorphose unterziehen würde. Da wir diese nun hinter uns haben, verfügen wir über die Möglichkeit, auf die vielen Veränderungen zurückzublicken, die sich ereignet haben. Fangen wir gleich mit der größten an. Magic wechselte von seinem Modell mit einem Drei-Set-Block plus einem Hauptset pro Jahr zu einem mit zwei Zwei-Set-Blocks ohne Hauptset. Obwohl wir eine Menge Probleme bei der Umsetzung dieses Wandels hatten, fiel die öffentliche Reaktion darauf nahezu durchgehend positiv aus. Zwei Blocks im Jahr machen einfach mehr Spaß als nur einer.

Die Verdichtung von drei Sets zu zweien hat es uns ermöglicht, unsere Bemühungen besser zu bündeln und stärkere Designs zu entwickeln. Ich glaube außerdem, dass wir nun einen Block schneller hinter uns lassen, bevor er die Spieler ein bisschen anödet – etwas, was bei Drei-Set-Blocks leider häufiger mal vorkam. Außerdem bestand die Sorge, dass die Spieler das Frühjahrsset nicht als neuen Block behandeln würden, da dies ja von ihrem gewohnten Muster abwich. Ihr habt euch aber alle sehr leicht an diese Neuerung angepasst, und Schatten über Innistrad fühlte sich definitiv wie ein neuer Block und nicht einfach nur wie ein Frühjahrsset an.

  • Es gelingt uns zunehmend besser, die Handlung zu integrieren

Eine andere große Veränderung war unsere Umgangsweise mit der Handlung. Unsere Zielsetzung hatte zwei Stoßrichtungen. Erstens wollten wir mehr Kontinuität. Wir wollten ein deutlicheres Gefühl erzeugen, dass die Handlung sich weiterentwickelt und ihre einzelnen Elemente miteinander in Verbindung stehen. Um das zu erreichen, erschufen wir ein festes Ensemble an Figuren (die Wächter) und begannen damit, die Handlung der Blöcke enger miteinander zu verflechten. Zweitens wollten wir, dass die Handlung besser in die Karten und ins Design integriert wird. Wir mussten es schaffen, dass die Handlung Teil des Spielgeschehens wurde, um es den Spielern so zu erlauben, bestimmte Elemente der Handlung mitzuerleben, während sie Magic spielten. Dies erreichten wir über mehrere Ansätze. Vom Design her haben wir uns große Mühe gegeben, dass das, was ihr Spieler so treibt, wenn ihr mit einem Set spielt, sich mit dem überschneidet, was die Figuren tun.

Diese Integrierung war ebenfalls sehr erfolgreich. Mir haben viele Spieler erzählt, dass sie zum ersten Mal nach Jahren, in denen sie schon dabei sind, ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, wie die Handlung überhaupt aussieht. Es gefällt ihnen, wie sie über das Spielen mit den Karten zumindest eine ungefähre Vorstellung davon erhalten, was storytechnisch gerade vor sich geht. In dieser Kategorie können wir zwar noch immer einiges tun, aber ich bin jedenfalls sehr zufrieden damit, was wir allein schon nach unserem ersten Jahr erreicht haben.

LEKTIONEN

  • Die Komplexität ist zu hoch

Kampf um Zendikar und Schatten über Innistrad waren beide überdurchschnittlich komplex – vor allem dahingehend, was die häufigen Karten anbelangt. Manche Sets liegen manchmal eben über dem Durchschnitt, doch da das nun schon der dritte Block hintereinander war, bei dem dies so gewesen ist, stellt das eine Sache dar, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Ich weiß, dass sich viele Leute Sorgen machen, sobald ich auch nur davon rede, die Komplexität herunterzufahren, da sie meinen, dies würde dem Spiel etwas von seiner strategischen Tiefe nehmen. Das Verhältnis dieser beiden Faktoren zueinander ist allerdings wesentlich facettenreicher.

Ich erwähne oft die Bedeutung von Lentikular- oder Wackelbild-Design. Damit meine ich, dass man Dinge erschafft, die oberflächlich betrachtet simpel aussehen, aber mehr Tiefe gewinnen, sobald man mehr Aspekte des Spiels zu begreifen beginnt. Früher habe ich dieses Prinzip eher auf das Design von Einzelkarten angewandt, doch im zurückliegenden Jahr habe ich mich wesentlich intensiver damit beschäftigt, es umfassender und ganzheitlicher zu betrachten, um herauszufinden, wie man es auf ganze Blocks übertragen kann.

Die Erkenntnis hier lautet: Dort draußen warten noch viele Antworten auf uns, die wir erkunden können, aber das derzeitige Anhäufen von Mechaniken zur Schaffung von mehr Tiefe ist im Grunde der falsche Ansatz. Insbesondere der Kampf um Zendikar-Block hatte schwer hierunter zu leiden.

  • Wir machen zu viele Mechaniken mit Schlüsselworten/Fähigkeitsworten

Diese Lektion ist gewissermaßen ein Ableger der vorangegangenen. Warum die Komplexität der Sets gestiegen ist, liegt zum Teil an der schieren Zahl mit eigenen Namen versehener Mechaniken, die wir ihnen gegeben haben. Ich werde hierauf noch einmal detaillierter eingehen, wenn ich auf die Blocks zu sprechen komme, aber diese Sache war in jedem Fall eine übergeordnete Lektion, die beide Blocks dieses Jahres betrifft. Wir hätten jedes Set wohl problemlos um eine Mechanik verschlanken können, ohne dass irgendwem aufgefallen wäre, dass sie fehlt.

  • Von den großen zu den kleinen Sets ändert sich zu viel

Ich glaube, dass zwischen dem großen Set eines Blocks und dem kleinen Set, das sich ihm anschließt, Veränderungen stattfinden müssen. Ich glaube aber auch, dass sich sowohl in Eid der Wächter als auch in Düstermond mehr geändert hat, als nötig gewesen wäre, um sie gegenüber ihren großen Vorgängern abzugrenzen. Das soll nicht heißen, dass die beiden kleinen Sets kein unterhaltsames Design hätten (das haben sie auf jeden Fall), doch als Chefdesigner, der Rückschau betreibt, wird mir klar, dass wir die kleinen Sets genauso spannend hätten hinbekommen können, ohne dafür so große Veränderungen vornehmen zu müssen. Das ist in erster Linie eine interne Angelegenheit, denn das, was ich hier im Wesentlichen gerade sage, ist: Wir hätten die kleineren Sets für euch genauso unterhaltsam machen können, ohne auf unserer Seite gewisse kostbare und nur begrenzt verfügbare Ressourcen dafür zu verbrauchen.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir gewöhnen uns gut an unser neues Modell, wie wir Magic-Sets machen, aber wir müssen vorsichtiger werden, was und wie viel wir in sie hineinpacken.


Kampf um Zendikar-Block

HÖHEPUNKTE

  • Wir hatten zwei Knallermechaniken

Landung war sehr beliebt, als es im ursprünglichen Zendikar sein Debüt gab, und unsere Recherchen haben ergeben, dass es nach seiner Wiederkehr nicht minder beliebt war. (Die eine negative Anmerkung, die mir zu Ohren kam, war die, dass es manchen Spielern, die schon länger dabei war, nicht gefiel, dass wir das Machtniveau von Landung heruntergeschraubt hatten. Das mag zwar eher eine Bemerkung in Richtung der Entwickler und weniger in die von uns Designern sein, aber wir sind dennoch auf viele der Kritikpunkte eingegangen, die darauf abzielten, wie Landung sich im ursprünglichen Zendikar spielte.) Erwecken aus Kampf um Zendikar und Schwall aus Eid der Wächter waren neue Knaller. Ich rechne damit, dass sie beide eines Tages wieder auftauchen. Farbloses Mana – auch wenn es jetzt nicht zwingend ein Schlüsselwort ist – sorgte ebenfalls für viel Aufsehen.

  • Ihr liebt nach wie vor voll illustrierte Länder

Die voll illustrierten Länder nahmen ihren Anfang zwar in den Un-Sets, bahnten sich dann jedoch im ursprünglichen Zendikar ihren Weg in reguläre Erweiterungen, wo sie sich als echter Hit herausstellten. Daran hat sich nichts geändert. Sie waren heute genauso beliebt wie damals beim ersten Zendikar. (Ich habe übrigens den lauten Ruf nach mehr voll illustrierten Länder aus anderen Welten als Zendikar sehr wohl gehört.)

  • Zendikar Expeditions fanden viele Spieler eine tolle Idee

Wir haben im Kampf um Zendikar-Block etwas Neues ausprobiert: ältere Karten, die in einer neuen Form und mit einer noch höheren Seltenheit als sagenhaft selten auftauchen. Die überwältigende Mehrheit von euch fand sie schon ziemlich spannend.

  • Wir sehen die Gestaltung des Kartenrahmens und darauf platzierte Symbole jetzt als wichtiges Designwerkzeug

Sowohl Fahl als auch das neue Symbol für farbloses Mana waren entscheidende Aspekte des Designs, die sich massiv auf visuelle Komponenten stützten. Auf unserer Suche nach neuen reichhaltigen Adern im Designbergwerk, die wir ausbeuten können, haben sich visuelle Elemente als unabdingbare Hilfe erwiesen. Ein besonderer Dank an Liz Leo bei der Unterstützung, die richtigen visuellen Lösungen zu finden, damit diese Mechaniken richtig funktionieren.

  • Wir haben uns in Tabubereiche vorgewagt, um neue Designräume zu finden

Magic-Design umfasst auch, ständig auf der Suche nach neuen Designräumen zu sein. Wie oben bereits erwähnt gehört dazu unter anderem auch das Finden neuer Werkzeuge. Ein anderer Aspekt ist die Bereitschaft, sich in Bereiche zu begeben, deren Betreten man sich zuvor selbst verboten hatte. Der Kampf um Zendikar-Block (mit Zehren und Verwertern) begab sich auf solches Neuland, indem er sich mit einer Zone auseinandersetzte, vor deren Erkundung ich bislang immer etwas zurückgeschreckt war: das Exil. Ich freute mich allerdings darüber, dass es uns gelang, einen neuen Bereich fürs Design zu erschließen, ohne dabei die Gründe zu ignorieren, weswegen ich mich eigentlich aus dem Exil hatte heraushalten wollen. Diese Bereitschaft, alte Entscheidungen noch einmal zu überprüfen, ist ungemein wichtig, um das Magic-Design auf die nächste Stufe zu heben.

LEKTIONEN

  • Wir haben uns auf den falschen Teil Zendikars konzentriert

Über diesen Umstand habe ich bereits in einem früheren Artikel aus diesem Jahr gesprochen. Die Spieler liebten die Welt Zendikar. Daher kehrten wir dorthin zurück, damit die Spieler ihr noch einen weiteren Besuch abstatten konnten, doch dabei haben wir uns leider auf die falschen Aspekte dieser Welt konzentriert. Wenn man sich die Marktforschung anschaut, gefiel den Spielern an Zendikar am allermeisten, dass es sich dabei um eine Welt mit Abenteuerflair handelte. Sie versprühte den Charme von klassischem Dungeons & Dragons und Indiana Jones und Flash Gordon und einem kompletten Genre der Popkultur.

Und dann führten wir mit den Eldrazi plötzlich neue Bösewichte ein, um die mechanischen Änderungen im letzten Set zu rechtfertigen. Auch wenn man sich oft und gern an Aufstieg der Eldrazi erinnert, weil es so eine tief reichende und spannende Draftumgebung hatte, wurde das Set selbst von den Spielern eher mittelprächtig angenommen. Als wir uns entschlossen, nach Zendikar zurückzukehren, griffen wir also erst den Cliffhanger aus dem ursprünglichen Block auf, nur um uns dann auf einen Aspekt der Welt zu konzentrieren, der den Spielern weniger gefiel. Kampf um Zendikar war zu sehr Aufstieg der Eldrazi und nicht einmal annähernd genug Zendikar. Wir haben vor, Zendikar eines Tages ein drittes Mal zu besuchen, aber ich gedenke nicht, dann denselben Fehler noch mal zu machen.

  • Es gab zu viele Eldrazi

Manche Dinge sind gut, wenn sie massenhaft auftreten, und andere nicht. Ich mag die Eldrazi als Bösewichte, aber ich glaube, sie entfalten ihre Wirkung am besten in kleinen Dosen. Riesige, unergründliche und weltenverschlingende Aliens sind coole Figuren, aber es ist sehr schwer, ansprechende Karten aus ihnen zu machen, wenn man mehr als nur eine Handvoll von ihnen braucht. Eine Menge der Probleme, vor denen wir im Design standen, drehten sich darum, Antworten auf Fragen zu finden, die wir uns eigentlich nie hätten stellen brauchen („Wie macht man ein ganzes Set voller Eldrazi?“). Ich sollte anmerken, dass es meine Idee war, einen Krieg zwischen den Eldrazi und den Zendikari zum Hauptthema des Blocks zu machen. Ich versuche hier also gerade einzugestehen, dass mir schon im Kern dieses Designs ein fundamentaler Fehler unterlaufen ist.

  • Spieler mögen keine „Markierungsmechaniken“

Eine der Herausforderungen bei der Rückkehr der Eldrazi bestand darin, eine Methode zu entwickeln, wie man sich in mechanischer Hinsicht sauber auf sie beziehen konnte. Die Kreaturen hatten allesamt den Eldrazi-Kreaturentyp, aber es gab auch viele Zauber, die wir mit einem Eldrazi-Flair ausgestattet sehen wollten. Beim letzten Mal hatten wir dazu den Stammes-Kartentyp benutzt, doch da wir uns zwischenzeitlich dazu entschlossen hatten, diesen nicht mehr zu verwenden, mussten wir eine neue Lösung finden.

Diese Lösung hieß Farblosigkeit. Das Problem war, dass wir uns aus entwicklungstechnischen Gründen nicht die Farbpalette zerschießen wollten, und so kamen wir auf Fahl. Zu Beginn war Fahl nicht einmal als Mechanik angedacht. Der Farbindikator, der Rahmen und die Manakosten sollten allesamt vermitteln, wie diese Karten funktionierten. Die Testpartien zeigten, dass dies nicht aufging, und so schufen wir letztlich die Fahl-Mechanik, um die Sache zu verdeutlichen.

Jetzt kommt der interessante Teil. Den Spielern machte das Thema „Farblosigkeit ist wichtig“ Spaß, aber sie mochten Fahl nicht – und damit genau die Sache, die dieses Thema überhaupt erst möglich machte. Ich habe mich richtig in diese Fragestellung hineingegraben, und am Ende hatte die eben genannte Abneigung wohl nur eine einzige Ursache: Fahl tat überhaupt gar nichts. Es war das, was wir eine „Markierungsmechanik“ nennen: Seine Rolle bestand größtenteils darin, eine bestimmte Teilmenge an Karten zu markieren, damit das Set sich in mechanischer Hinsicht betrachtet besonders um sie kümmern konnte. Das Problem war, dass es damit nicht den üblichen Erwartungen entsprach, was eine Mechanik eigentlich ist.

Interessanterweise hätte die korrekte Lösung meiner Ansicht nach so ausgesehen, das Schlüsselwort Fahl zu streichen und einfach nur den (je nach Regelbedarf leicht angepassten) Erinnerungstext auf jeder der fraglichen Karten stehen zu lassen. Auf diese Weise wäre nie die zu einer Mechanik gehörende Erwartungshaltung entstanden und das „Das hier tut überhaupt gar nichts“-Problem wäre gelöst gewesen. Das ist eine sehr wichtige Lektion für die weitere Entwicklung von Magic: Während wir nach und nach sämtliche Elemente einer Karte, die schon auf natürliche Weise markiert sind, nutzen und damit gewissermaßen aufbrauchen, müssen wir uns irgendwann eine „Markierungstechnik“ einfallen lassen, die nicht dieses „Das hier tut überhaupt gar nichts“-Problem mit sich bringt.

  • Der richtige Zeitpunkt für die Einführung des Symbols für farbloses Mana war eigentlich Kampf um Zendikar

Wir trafen die bewusste Entscheidung, die Einführung von farblosem Mana bis zum Erscheinen jenes Sets hinauszuzögern, das es überhaupt erst relevant machen sollte. Das Ergebnis dieser Entscheidung war, dass wir in derselben Limited-Umgebung Karten hatten, die unterschiedlich aussahen, aber ähnlich funktionierten. Ich halte diese Entscheidung mittlerweile für einen Fehler und einen der ausschlaggebenden Faktoren, weshalb es schwerer war als nötig, sich an das neue Symbol für farbloses Mana zu gewöhnen. Falls wir in der Zukunft neue andauernde Elemente für Magic einführen sollten (also solche, die wir nach ihrer Einführung anschließend in jedem Set verwenden wollen), so werden wir dies zu Beginn eines Blocks und nicht auf halber Strecke tun.

  • Unsere Trefferquote bei den Mechaniken war zu niedrig

Verrechnungs- bzw. Exilkniffe, Zehren, Zusammenkunft und Fahl aus Kampf um Zendikar schnitten in der Marktforschung okay ab, aber unsere Ziele liegen schon etwas höher als nur „okay“. Konvergenz aus Kampf um Zendikar sowie Beistand und Mitstreiter aus Eid der Wächter schnitten schlecht ab. Wir hatten definitiv auch ein paar Erfolge (die ich oben ja aufgeführt habe), aber unsere Trefferquote bei den Mechaniken lag in diesem Block niedriger, als mir das recht ist. Da die Designabteilung die Hauptverantwortung für die Mechaniken hat, nehme ich das komplett auf meine Kappe. Ich habe viel Zeit drauf verwendet, mir alle Mechaniken noch einmal einzeln anzuschauen und mir das Feedback anzusehen, das wir zu ihnen bekommen haben, um so ein Gespür dafür zu entwickeln, wo noch Luft nach oben gewesen wäre. Die Designabteilung ist fest entschlossen, die Qualität unserer Mechaniken im Schnitt auch weiter möglichst hoch zu halten.


Schatten über Innistrad-Block

HÖHEPUNKTE

  • Wir haben die Eldrazi richtig gemacht

Es ist ein befreiendes Gefühl, sich nach einem unterlaufenen Fehler selbst dabei zuschauen zu können, wie man es beim nächsten Versuch richtig macht. Im Schatten über Innistrad-Block fanden wir die passende Methode, um die Eldrazi effektiv einzusetzen. Das erste Set war im Grunde ein Krimi, bei dem nur Andeutungen über die Eldrazi fallen gelassen wurden. Düstermond fand dann einen Weg, die Eldrazi in überschaubarer Zahl und auf eine Art und Weise zu integrieren, die ihr Flair noch weiter unterstrich und von uns sauber und effizient auf Karten umzusetzen war.

  • Wir haben uns auf den richtigen Aspekt des ursprünglichen Innistrad-Blocks konzentriert

Schatten über Innistrad machte noch etwas richtig, was in Kampf um Zendikar danebengegangen war. Auch der ursprüngliche Innistrad-Block legte in seinem letzten Set eine scharfe Kurve hin, um eine Art mechanischen Neustart möglich zu machen. In diesem neuen Block nun schwenkten wir eben gerade nicht wieder zu Avacyns Rückkehr um, sondern entschieden uns korrekterweise für eine Kehrtwende in Richtung Innistrad. Die Spieler wollten sehen, wie Monster Amok liefen, und nicht, wie rechtschaffene Engel eine Welt läuterten.

  • Die Mechaniken als Ganzes wurden sehr gut angenommen

Doppelseitige Karten waren im ursprünglichen Innistrad-Block der Riesenhit, und ihre Rückkehr wurde nicht weniger gefeiert. Meinem Gefühl nach haben wir das Prinzip der Verwandlung in coolen neuen Varianten eingesetzt und mit der Mechanik Verschmelzen auch noch eine echte Innovation für die doppelseitigen Karten eingeführt. Die genauen Zahlen laufen zwar erst noch ein, aber es ist völlig klar, dass Verschmelzen ein großer Erfolg ist. (Die größte Beschwerde in Sachen Verschmelzen? Dass es nicht genug davon gab.) Andere Hits in Sachen Mechaniken waren Nachforschungen anstellen (mehr dazu gleich), Auftauchen sowie die Rückkehr von Wahnsinn. Alles in allem lag unsere Trefferquote für die Mechaniken im Schatten über Innistrad-Block in einem Bereich, wo ich sie gerne sehe.

  • Wir haben das Top-down-Design perfekt umgesetzt

Innistrad liefert sich derzeit eine heiße Schlacht mit Ravnica um die Position als beliebteste Welt. Ich glaube, ein Großteil von Innistrads Erfolg hängt damit zusammen, wie gut die Karten und die Mechaniken unserer klassischen Horrorwelt Leben einhauchen. Karten wie Triskaidekaphobie oder Harmloses Präsent oder sogar Emrakul selbst haben auf ganz wunderbare Weise eine tolle Stimmung mit inspirierenden Spielelementen verknüpft. Man brauchte sich nur das Finale der Pro Tour zu Düstermond anzuschauen, um zu sehen, wie das im tatsächlichen Spiel seinen absoluten Höhepunkt fand. (Und ja, Liliana und Gideon arbeiteten tatsächlich zusammen, um Emrakul besiegen zu helfen.) Ein Top-down-Design ist immer knifflig, aber meiner Meinung nach trug es entscheidend zum Erfolg des Schatten über Innistrad-Blocks bei, dass die Designer (und die Entwickler) eine absolute Spitzenleistung gezeigt haben.

LEKTIONEN

  • Wir hätten „Nachforschungen anstellen“ nicht rausnehmen sollen

Diese Lektion ist in Wahrheit die Zusammenführung einer Reihe von Lektionen weiter oben. Ich glaube, wir machen zu viele Mechaniken und nehmen von den großen Sets zu den kleinen, die nach ihnen kommen, zu weitreichende Veränderungen vor. Den Spielern gefiel die Mechanik Nachforschungen anstellen sehr. Sie hatte das passende Flair und spielte sich gut. Wir nahmen sie aus Düstermond raus, weil wir drei neue Mechaniken – Verschmelzen, Auftauchen und Eskalieren – hinzufügten und schlichtweg den Platz für sie brauchten. Wir redeten uns die Streichung dieser Mechanik schön, indem wir uns sagten, dass der Krimiteil der Handlung ja nun vorbei war – und genau diesen Teil hatte Nachforschungen anstellen doch so schön atmosphärisch dicht vermittelt.

Wenn ich jetzt so zurückschaue, wünsche ich mir, wir hätten Nachforschungen anstellen beibehalten und Eskalieren nicht eingeführt. Verschmelzen und Auftauchen waren wichtig, weil sie den Einfluss Emrakuls und damit das Hauptthema des Sets darstellten, aber Eskalieren war tendenziell nur dabei, damit wir noch etwas Neues am Start hatten. Ich hätte Eskalieren wohl lieber für ein späteres Set zurückgehalten, bei dem es mehr Bedeutung gehabt und mehr Synergien geschaffen hätte, und an seiner Statt einfach weiter Nachforschungen anstellen eingesetzt. Ich denke, da hätte es noch genug Designraum für ein paar Varianten und Kniffe gegeben. Ich glaube, das hätte die Spieler glücklicher gemacht und weniger Komplexität erzeugt.

Ganz generell stelle ich es für die Zukunft infrage, ob es sich überhaupt lohnt, Mechaniken aus dem großen Set für das kleine zu streichen. In den meisten Fällen, in denen wir das getan haben, haben wir damit nur für mehr Unzufriedenheit gesorgt. Das passt überdies gut zu meinem Wunsch, die Gesamtzahl an neuen Mechaniken zu reduzieren, die wir im Zuge eines Blocks einführen.

  • Wir haben die Eldrazi zu schnell zurückgebracht

Der Beweggrund für die Rückkehr Emrakuls war durchaus solide und nachvollziehbar. Wir wollten vermitteln, dass wir unsere Erzählweise der Handlung ändern, und wir wollten unbedingt, dass sich Schatten über Innistrad wie eine echte Fortsetzung der Geschichte und nicht wie eine völlig neue Episode anfühlt, die mit der aus dem vorangegangenen Block nicht das Geringste zu tun hat. Ungeachtet dessen habe ich das Gefühl, dass einiges von dem Groll, der durch den Kampf um Zendikar-Block entstanden war, auch auf den Schatten über Innistrad-Block nachwirkte. Anstatt für Nervenkitzel zu sorgen, löste die Enthüllung, dass sich Emrakul auf Innistrad befand, meiner Einschätzung nach eher eine gewisse Enttäuschung aus. Ich glaube zwar, dass wir unsere Aufgabe hervorragend umgesetzt haben und es mir zudem gelungen ist, die meisten Zyniker auf meine Seite zu ziehen, aber dennoch wäre es schier unmöglich, im Zuge dieser kritischen Rückschau sich nicht auch die Frage zu stellen, ob es womöglich besser gewesen wäre, zwischen Kampf um Zendikar und Schatten über Innistrad nicht doch erst den einen oder anderen Block verstreichen zu lassen.


Ein kleines Fazit

Fassen wir dieses Jahr doch einmal so zusammen: Ich glaube, wir haben einen Wandel durchgemacht, der größer gewesen ist, als uns das im Vorfeld klar gewesen war. Dieser Übergangsprozess erwies sich als ein ganzes Stück komplizierter als erahnt, und der erste Block unter diesen neuen Bedingungen – Kampf um Zendikar – war kein so haarfein ausgeklügeltes Design, wie ich es sonst gern aus den Händen gebe. Die Entwicklungsabteilung unter der Leitung von Erik Lauer leistete eine echte Herkulesarbeit, die ganze Sache spielbar zu machen, aber eine Menge Schwächen dieses Blocks waren schon in seiner Grundstruktur angelegt. Schatten über Innistrad gelang es danach, eine Reihe der Fehler des Kampf um Zendikar-Blocks zu beheben. Wir tappten aber trotzdem erneut in die Falle, zu viel in den Block hineinzuquetschen und zwischen den Sets mehr mechanische Fluktuationen zu erzeugen, als eigentlich nötig gewesen wären.

Wenn ich den Blick nach vorne richte, so ist die Verbesserung in der Umsetzung des Designs vom Schatten über Innistrad-Block zum Kaladesh-Block meiner Auffassung nach genauso groß, wenn nicht gar größer, als es die Veränderung vom Kampf um Zendikar-Block zum Schatten über Innistrad-Block gewesen ist. Ich bin jetzt schon recht gespannt, mir in einem Jahr an gleicher Stelle ansehen zu dürfen, wie ihr alle Kaladesh fandet.

Wie auch sonst immer im Fall meiner „State of Design“-Artikel bin ich jetzt aber erst einmal sehr begierig darauf, etwas von euch darüber zu hören, was ihr vom Design des zurückliegenden Jahres (und meiner Einschätzung dazu) haltet. Bitte schickt mir doch eine E-Mail, in der ihr mir verratet, was ihr so denkt, oder hinterlasst mir eine kurze Notiz auf einem meiner Social-Media-Profile (Twitter, Tumblr, Google+ und Instagram).

Seid auch nächste Woche wieder dabei, wenn ich endlich (endlich!) damit anfangen darf, über Kaladesh zu sprechen.

Bis dahin wünsche ich euch, dass ihr am Design des zurückliegenden Jahres genauso viel Spaß hattet wie mein Designteam und ich, als wir es für euch erstellt haben.


„Drive to Work #360 – Tweaking“

In diesem Podcast geht es darum, wie wir alte Karten im Design ein bisschen anpassen, um neue Karten zu machen, die zwar eine ähnliche Funktion wie ihre Vorgänger haben, aber sich eben doch ein wenig von ihnen unterscheiden.

„Drive to Work #361 – Twenty Lessons: Emotional Response“

Dies ist der sechste Teil meiner zwanzigteiligen Reihe „Twenty Years, Twenty Lessons“, in der ich jede Lektion, die ich in meinen zwanzig Jahren mit demselben Spiel gelernt habe, aus meinem Vortrag bei der diesjährigen GDC einzeln aufgreife. In diesem Podcast spreche ich darüber, warum und weshalb man „interessant“ nie mit „unterhaltsam“ verwechseln sollte.