Die Offenbarung des Auges
Was bisher geschah: Nissas Entscheidung
Jace Beleren ist kein Kämpfer. Er ist nach Zendikar gekommen, um ein Rätsel zu lösen: die Frage, wie die schwebenden Steinpolyeder dieser Welt die Eldrazi hatten einkerkern können und wie sie sich wohl einsetzen lassen, um den Titanen Ulamog, der auf Zendikar noch immer sein Unwesen treibt, festzusetzen oder gar zu töten.
Da sämtliches Wissen zu dieser Frage mit dem Fall von Seetor vernichtet worden ist, sieht sich Jace gezwungen, eine gefährliche Reise zum Auge von Ugin, dem Zentrum des Polyedernetzwerks, anzutreten. Er ist schon einmal dort gewesen – damals, als er unabsichtlich dabei half, die Eldrazi freizulassen. Nun muss er zum Auge zurückkehren und das Rätsel um die Polyeder Zendikars lösen.
Sofern er denn lang genug überlebt.
Jace Beleren stemmte die Stiefelspitze gegen den schroffen Fels, drückte sich ab und streckte sich, um mit wunden Fingern nach dem nächsten Halt zu greifen.
Er war nicht wirklich in seinem Element. Der Wind peitschte seinen Umhang. Er sah nicht nach unten.
Er litt unter keiner heftigeren Höhenangst als jeder andere Mensch auch. Doch er wusste, wie hoch droben er an dieser Steilwand hing, und das Heruntersehen würde da keinerlei neuen Erkenntnisse liefern. Zudem schien ein gewisses Maß an Besorgnis angesichts dessen, dass ein Sturz aus dieser Höhe ihn unzweifelhaft töten und seinen Körper regelrecht zerplatzen lassen würde, durchaus vernünftig ...
Er sah nicht nach unten.
Drohende Felsspitzen | Bild von Florian de Gesincourt
Falls die geistige Karte, die er sich aus Jori Ens Gedanken gesorgt hatte, richtig war, lag oben jenseits dieser Steilwand das, was in Akoum wohl als flaches Land durchging: eine weite Ebene aus zerklüftetem Vulkangestein und trügerischen Schluchten. Der Stamm der Tuktuk-Goblins lebte irgendwo in diesem Gebiet – zumindest war das so gewesen, bevor die Eldrazi sich erhoben hatten. Als die drei Urahnen der Eldrazi inmitten jener Bergkette, die man die Zähne von Akoum nannte, körperliche Gestalt angenommen hatten, war dieser Landstrich völlig umgewälzt worden – weder Joris Erfahrung noch Jaces Wissen von seinem früheren Besuch reichten nun noch aus, um ihn sicher zu durchqueren. Er brauchte Hilfe. Er brauchte Tuktuk und dessen Stamm.
Stückchen um Stückchen, Halt um Halt hangelte Jace sich an der Felswand nach oben. Endlich zog er sich mit schmerzenden Händen über den Rand ...
... und stieß unmittelbar auf einen Eldrazi.
Im Vergleich zu den anderen Eldrazi war er klein – kaum größer als Jace selbst – und sein leeres, knochenweißes Gesicht nur ein paar Schritte entfernt. Er taumelte rückwärts und fing sich ab. Einer seiner Stiefel hing über dem Abgrund. Er rollte sich zur Seite und brachte seine Hände und Knie aus der Reichweite der Kreatur.
Bergungsdrohne | Bild von Slawomir Maniak
Der Eldrazi blickte ihn an, und der augenlose Kopf der Kreatur folgte seinen Bewegungen. Dann ging sie zum Angriff über.
Jace sprang auf die Beine und beschwor die Illusion eines Wächters herauf. Der Geist des Eldrazi war ebenso leer wie sein Gesicht, weshalb keiner von Jaces üblichen Tricks Wirkung zu zeigen schien. Schlafzauber konnten etwas, was niemals schlief, nicht das Geringste anhaben. Unsichtbarkeit war nutzlos gegen Ungeheuer ohne Augen. Selbst seine Illusionen versagten offenkundig angesichts dieser außerweltlichen Gegner.
Der Eldrazi zerfetzte die Illusion, als wäre sie aus Papier, und kam weiter näher.
Mit etwas mehr Zeit hätte Jace auch eine etwas festere Illusion herbeirufen können. Mit etwas mehr Zeit hätte er die Kreatur vielleicht lange genug verwirren können, um zu entkommen – oder mit fühlbaren oder hörbaren Illusionen versuchen können, den Eldrazi in die Irre zu führen. Doch er hatte eben keine Zeit und war außerdem noch von seinem Aufstieg erschöpft. Alles, was er tun konnte, war, sich zwischen zwei spitze Felsen zu kauern und zu hoffen, ein paar gute Tritte zu landen.
Es gab einen dumpfen Schlag und dann einen Blitz hellen, blauen Lichts. Der Eldrazi taumelte. Jace blinzelte. Was ...?
„Runter mit dir, du garstiges Ding!“, erklang eine Stimme von links.
Der Eldrazi drehte sein knöchernes Gesicht – oder vielmehr jene augenlose Fläche, die bei ihm einem Gesicht entsprach – just in dem Augenblick in Richtung der Stimme, als ein schwerer Knüppel auf seinen ungeschützten, weißen Kopf niederging. Es gab ein Geräusch wie von zersplitterndem Porzellan und einen Schwall aus zähem, stückigem Schleim. Der Eldrazi ging zu Boden.
Jace spähte um den Felsen neben sich herum und erblickte eine geduckte Goblinfrau, die über beide Ohren grinste. Wie die meisten Goblins, die er seit seiner Rückkehr gesehen hatte, hatte sie einen schweren metallenen Bewuchs auf dem Schädel. Sie trug einen schweren Korb auf dem Rücken und hielt eine Steinkeule in der Hand. Nein, das war keine Keule, erkannte er. Und auch kein Korb. Das waren ein Mörser und ein Stößel. Die Goblinfrau reichte ihm gerade bis zur Hüfte, und sie musste ungeheuer stark sein, um diese beiden schweren Dinge mit sich herumzuschleppen.
Zada, Polyederschleiferin | Bild von Chris Rallis
„Hallo!“, sagte die Grünhaut mit einer Fröhlichkeit, die Jace vollkommen unangebracht vorkam. „Allein reisen ist nicht klug.“
Sie säuberte ihren Stößel an einem Felsen und kratzte Knochensplitter und das, was wohl das Gehirn des Eldrazi sein mochte, von ihrem Werkzeug ab. Jace wollte sich zunächst noch nicht in ihren Gedanken umsehen. Das führte nämlich nur allzu oft zu einer Eintrübung eines an sich potenziell guten Verhältnisses.
„Danke für die Rettung“, sagte er. „Wie hast du das angestellt? Mit dem Eldrazi?“
„Oh, ihre Schädel brechen fast so leicht wie deiner“, sagte die Goblinfrau. Sie klopfte sich auf den Kopf, der schepperte. „Ein bisschen leichter als meiner.“
„Davor“, sagte Jace. „Der Zauber oder was auch immer das war.“
Als Antwort blickte sie sich suchend um, als hätte sie etwas verloren, und huschte dann mit einem lauten „Aha!“ los, um etwas aufzulesen, was wie ein kleiner Stein aussah. Nein, kein Stein. Ein Splitter eines der magischen Steinpolyeder Zendikars.
„Ein Polyeder speichert Magie für tausend Jahre“, sagte sie. „Oder weniger, wenn es sein muss. Dieser hier ist fast leer, aber ich schleife aus ihm heraus, was ich nur kann.“
Sie keckerte, warf den Polyeder in ihren Mörser und begann, ihn gedankenverloren zu zermahlen. Es knisterte und Funken sprühten.
„Ihre Größe verrät nicht viel“, sagte Zada. „Jeder Polyeder ist wie ein tiefes, dunkles Loch. Es könnte was Gutes drin sein. Es könnte auch leer sein. Man findet‘s nur raus, wenn man reinspringt.“
„Ich verstehe“, sagte Jace. „Oh ... ich bin übrigens Jace.“
„Zada aus der Felszuflucht“, sagte die Goblinfrau, als würde das alles erklären.
„Ich bin auf der Suche nach Tuktuk“, sagte Jace. „Kennst du ihn?“
Aus irgendeinem Grund brach Zada in schallendes Gelächter aus.
„Er ist tot“, sagte sie. „Tot wie ein Stein, könnte man sagen.“
Erst lachte sie erneut auf, doch ob Jaces verständnislosem Gesichtsausdruck stieß sie dann mühsam keuchend ein paar Worte hervor: „Er war aus Stein gemacht, weißt du.“
„Was ist geschehen?“, fragte Jace.
„Ich habe ihn gefressen“, sagte Zada.
Jace verbrachte einen entsetzlichen Augenblick damit, sich grässliche kannibalistische Riten vorzustellen, bis ihm einfiel, was sie gerade über Tuktuk gesagt hatte. Es machte aus ihrer eben noch so grauenerregenden Behauptung eine beinahe unmögliche.
„Du hast was?“
Zada grinste erneut und präsentierte dabei Reihe um Reihe unfassbar löchriger Zähne.
„Ich. Habe. Ihn. Gefressen.“
„Hattest du nicht gerade gesagt, er sei aus Stein?“, fragte Jace.
„Klar“, sagte Zada. „Du weißt wohl nicht viel über Goblins, oder?“
„Nicht wirklich, nein“, sagte Jace. „Warum hast du ihn ... gefressen?“
„Wenn wir Polyeder und andere magische Steine finden, zermahlen wir sie und essen sie auf“, sagte Zada. „Das macht uns stärker. Tuktuk hat gesagt, dass wir das machen sollen. Aber dann habe ich mir gedacht: Tuktuk ist der magischste Stein von allen ...“
Sie zuckte mit den Schultern und tätschelte sich den Bauch.
„Das ergibt auf eine ... merkwürdige Weise Sinn.“
„Danke schön!“, sagte Zada.
„Also ... wie auch immer“, sagte Jace, „das, wonach ich eigentlich suche, ist das Auge von Ugin. Ich war schon einmal dort, aber alles scheint sich verändert zu haben.“
„Warum?“, fragte Zada.
„Um die Eldrazi aufzuhalten“, sagte Jace. „Ich muss mehr über das Polyedernetzwerk herausfinden, und das Auge von Ugin bildet sein Zentrum.“
„Bildete“, sagte Zada. „Ein Haufen aus gequirltem Unrat hat kein Zentrum.“
Sie seufzte.
„Doch ich schätze, ich kann dir den Weg zeigen, wenn du meinst, dass es wichtig ist“, sagte sie und bedeutete ihm, ihr zu folgen. „Ich weiß aber nicht, was das ganze Gewese soll. Wir kommen hier oben bestens zurecht ...“
Der Marsch zum Auge dauerte mehrere anstrengende Stunden, da Zada einem recht verschlungenen Pfad durch die gefährlichen Pässe und Gipfel Akoums folgte. Zweimal mussten sie umkehren, um Eldrazi auszuweichen, und selbst Zada schien sich in der aufgewühlten Landschaft nur bedingt zurechtzufinden. Die ganze Zeit über schnatterte sie unaufhörlich über das Wesen der Polyeder. Jace hatte nicht gewusst, dass sie tatsächlich Energie speicherten oder dass sich diese Energie noch immer gegen die Eldrazi richten ließ. Wenigstens lernte er etwas.
Schließlich deutete Zada auf den Eingang einer Höhle und verabschiedete sich.
„Du kommst nicht mit?“, fragte Jace.
„Nee“, gab Zada zurück. „Niemand geht da rein. Böse Magie. Sicherer Tod. Viel Glück!“
Sie huschte über die Felsen davon, und Jace wandte sich dem düsteren, eckigen Eingang einer Höhle zu, die ohne jeden Zweifel nicht aus natürlichem Fels bestand.
Er machte sich vorsichtig an den Abstieg und bahnte sich seinen Weg durch gewaltige, herabgefallene Polyeder. Der Ort war ruhig, leblos und völlig bar jener pulsierenden Macht, die ihn bei seinem ersten Besuch hier erfüllt hatte. Jaces magisches Licht warf seltsame Schatten in den weiten und verfallenen Raum. Wenn das Auge tot war – wenn die Macht, die es am Leben erhalten hatte, nun fort war –, dann würde er hier wohl kaum etwas Nützliches erfahren.
Ugins Heiligtum | Bild von James Paick
Ein Stück voraus leuchtete ein kaltes, blauweißes Licht – oder spielten ihm seine Augen nur einen Streich? Jace löschte sein eigenes Licht. Ja. Ein Leuchten. Das bedeutete – was? Dass doch noch ein wenig Leben im Auge steckte? Oder war bereits jemand anders hier?
Er setzte seine Schritte nun ob der schlechten Lichtverhältnisse mit besonders großer Vorsicht, als er tiefer zwischen die spitzen Polyedersplitter vordrang. Je weiter vorankam, desto geordneter wurden die Steine um ihn herum – ihre Oberflächen und Runen waren instand gesetzt und ihre Ausrichtung korrigiert worden.
„Willkommen zurück“, sagte eine Stimme. Sie war sanft und mächtig und schien von den Steinen um ihn herum widerzuhallen. „Ich hoffe, du bist nicht allein gekommen. Meine Vorbereitungen sind beinahe beendet.“
Eine Gestalt löste sich aus den Schatten der gewaltigen Höhle. Hörner blitzten auf und Schwingen entfalteten sich, als ein riesiger Drache auf Jace zuglitt. Klopfenden Herzens machte er einen Schritt zurück. Bolas?
Nein, nicht Bolas. Dieser Drache leuchtete von innen heraus in jenem weichen Licht, das Jace zuvor gesehen hatte.
Die riesige Gestalt ließ sich vor ihm mit ausgebreiteten Flügeln nieder.
„Hm“, sagte der Drache mit finsterem Blick. „Dich habe ich nun nicht erwartet.“
„Ich könnte dasselbe sagen“, sagte Jace. „Wer bist du?“
Der Drache musterte ihn.
„Kennst du den Namen dieses Ortes?“
„Durchaus“, sagte Jace. „Doch ich werde dich nicht behaupten lassen, das zu sein, was ich erwartet hätte. Wie lautet dein Name?“
Der Drache lächelte, ohne seine Zähne dabei zu zeigen.
„Wie du möchtest“, sagte er. „Mein Name ist Ugin. Ich habe vor langer Zeit dabei geholfen, diesen Ort hier zu errichten.“
Jace hatte angenommen, dass Ugin längst tot war, wenn er denn überhaupt jemals wirklich existiert hatte. Und doch stand er nun vor ihm, in leuchtendem Fleisch und Blut. Jace versuchte, die Gedanken dieses großen Wesens zu lesen, um seine Behauptung zu überprüfen, doch sie waren so glatt und blendend wie eine Mauer aus Kristall.
Ugin der Geisterdrache | Bild von Chris Rahn
„Mein Name ist Jace Beleren. Ich bin hier, um etwas über das Polyedernetzwerk zu erfahren. Ich hatte jedoch nicht erwartet, einen seiner Erbauer hier vorzufinden.“
„Du bist schon einmal hier gewesen“, sagte Ugin. Unglücklicherweise war das keine Frage.
„Ah“, sagte Jace. „Ja. Einmal. Es ... endete nicht gut.“
„Du hast die Eldrazi freigelassen“, sagte Ugin.
„Ich ...“, sagte Jace. „Ja. Wir waren zu dritt. Wir kämpften. Die Kammer ...“
„Ich weiß“, sagte Ugin. „Du, eine Pyromagierin und ein Drachensprecher. Alles Planeswalker. Ihr habt das Auge geöffnet.“
Woher wusste er das?
„Es war nicht unsere Schuld“, sagte Jace. „Wir wurden ...“
„Manipuliert, ja“, sagte Ugin. „Durch einen anderen Drachen. Einen meiner Rivalen ...“
„O nein.“
„... Nicol Bolas. Kennst du ihn?“
„Wir sind miteinander bekannt, ja“, sagte Jace. „Es wäre nicht das erste Mal, dass er mich hinters Licht geführt hat.“
„Es liegt in seiner Natur“, sagte Ugin.
„Warum?“, fragte Jace. „Warum will er, dass die Eldrazi frei sind?“
„Das“, sagte Ugin, „ist eine ausgezeichnete Frage. Eine, deren Beantwortung ich eine Menge Aufmerksamkeit widmen werde. Im Augenblick jedoch müssen wir genau das tun, was Bolas aller Wahrscheinlichkeit nach von uns erwartet: uns auf die Eldrazi konzentrieren.“
„Wir beeilen uns besser“, sagte Jace. „Einer der Titanen befindet sich derzeit auf dem Weg nach Seetor.“
„Seetor?“, fragte Ugin.
Jace erstarrte.
Der mächtige Ugin, der Erschaffer des Auges ... kannte die größte Stadt auf Zendikar nicht?
„Wie lange bist du fort gewesen?“, fragte Jace.
„Ewigkeiten“, sagte Ugin mit einer Stimme, die eine sehr wörtliche Bedeutung seines Ausspruchs nahelegte. „Ich war ... verhindert. Seetor?“
„Ein Zentrum der Zivilisation und des Lernens an der Küste Tazeems. Dort gab es Wissen über die Polyeder, doch es fiel den Eldrazi zum Opfer. Nun ist Ulamog auf dem Weg dorthin, um die Überlebenden zu verschlingen, die sich dort versammelt haben.“
„Nimm bloß nicht an“, sagte Ugin, „dass du irgendetwas über die Gedanken der Eldrazi weißt. Ulamog geht dorthin, wohin er gehen muss, und er tut, was er tun muss.“
„Aber sie werden doch von Ansammlungen von Leben angezogen, oder etwa nicht? Ihre Bewegungen folgen einer gewissen Logik.“
„Das werden sie und das tun sie“, sagte Ugin. „Wenn sich in diesem Seetor Überlebende zusammengefunden haben, dann könnte er hinter ihnen her sein.“
„Wir müssen ihn aufhalten“, sagte Jace. „Ihn unschädlich machen, ihn töten – koste es, was es wolle.“
„Man kann Ulamog nicht töten“, sagte Ugin.
„Dann eben aufhalten. Was auch immer wir tun, wir müssen es jetzt tun. Menschen sterben. Wir müssen etwas unternehmen, und dank deiner Polyeder stehen uns sämtliche Leylinien der Welt zur Verfügung. Was also schlägst du vor?“
Jace begann, Mana anzusammeln – in einem kühlen, tiefen Strom, der ihm ein berauschendes Gefühl wie beim Erlangen eines großen Wissens bescherte.
„Ich habe Verbündete. Alte und mächtige Verbündete“, sagte Ugin. „Die beiden, die mir vor Tausenden von Jahren dabei halfen, die Eldrazi auf dieser Welt einzukerkern ... Sie können helfen. Du beginnst, den wahren Zweck der Polyeder zu verstehen", sagte Ugin. „Die Eldrazi können eingesperrt werden.“
„„Wir wissen ja, wie gut es das letzte Mal funktioniert hat …“
Polyederarchiv | Bild von Craig J Spearing
Der Drache rührte sich. Er richtete sich ein Stückchen auf. Auch er verspürte ihn also: diesen nagenden Zweifel, dass sie letzten Endes vielleicht doch nicht auf derselben Seite standen.
„Perfekt“, sagte Ugin. „Bis du und deinesgleichen sie freigelassen habt.“
„Du wirst mir verzeihen“, sagte Jace, „wenn ich ein wenig Trost darin finde, dass drei Menschen, die beinahe nichts über all dies wussten, in der Lage waren, deine Sicherheitsvorkehrungen durch Zufall zu überwinden.“
„Das war kein Zufall“, sagte Ugin. „Es war sorgfältig geplant. Sitze nicht dem Irrglauben auf, deine Pläne wären die einzigen, die zählen.“
„Begingst nicht du den gleichen Fehler? Du dachtest, niemand würde wollen, dass die Eldrazi aus ihrem Kerker befreit werden. Doch Bolas will das. Und wenn er will, dass sie frei sind, dann kann er ihre erneute Befreiung flugs ein weiteres Mal planen.“
„Du stellst noch immer Vermutungen an“, sagte Ugin. „Was auch immer Bolas will, er kann es ebenso gut bereits erreicht haben. Und es ist, wie du sagtest: Menschen sterben. Wir wären Narren, das Unmögliche anzustreben, nur weil du glaubst, das Erreichbare wäre nicht ganz makellos.“
„Unmöglich ist aus deinem Munde ein ziemlich starkes Wort“, sagte Jace bissig. „Du weißt so viel mehr über die Polyeder als ich, und dennoch ist alles, woran du denken kannst, das, was wir nicht schaffen können. Du musst doch noch einen besseren Einfall haben. Also? Ich höre!“
Ein Sog von Mana, ein Zauber des großen Drachen – doch kein Angriff. Eine Illusion. Ein Netzwerk aus versprengten Knoten und sanft geschwungenen Linien aus weißem, hellem Licht. Jace ließ den Drachen mit seiner Zauberei gewähren.
„Das Polyedernetzwerk“, sagte Ugin. „So, wie es einst war.“
Die Stimme des Drachen war verstärkt: Donnernd hallte sie von jedem einzelnen der eckigen Steine wider, aus denen die Wände der Kammer bestanden. Das Schaubild wurde größer und größer. Ein heller Ring ragte unheilvoll in seiner Mitte auf: das Auge von Ugin. Jace versuchte, alles in sich aufzunehmen, doch es war schlichtweg zu viel – zu groß, zu komplex. Ein Knoten, den er nicht einmal in hundert Lebzeiten hätte entwirren können. Ein Knoten, den Ugin erschaffen hatte.
Dann veränderte er sich. Knoten verlagerten sich, einige verschwanden. Der Verlauf der Leylinien – denn nichts anderes konnten sie sein – begann sich zu verändern. Binnen eines einzigen Augenblicks geriet das Netzwerk in Unordnung und fiel dem Chaos anheim.
„Die Lithomagierin, die diese Polyeder erschaffen hat, ist seit langer Zeit fort“, sagte Ugin. Weitere Illusionen gleißten um den Drachen herum auf: Bilder einer Kor mit einem breiten Lächeln und wilden Blick. Dann verschwand sie. „Fort. Oder sie ist achtlos geworden. Ohne sie trieben die Polyeder ziellos dahin. Und dann ... kamst du. Die Eldrazi wurden erweckt und ihre Brut auf Zendikar entfesselt. Doch meine Sicherheitsvorkehrungen blieben unangetastet. Noch waren die Eldrazi nicht befreit.“
Weitere Veränderungen. Ordnung. Das Netzwerk brachte sich in seinen alten Zustand zurück. Knoten richteten sich wieder erst zu Kurven und dann zu Linien aus. Was zuvor nur eine Art weiche, verschlungene Fingerfalle kosmischen Ausmaßes gewesen war, wurde nun starr und bindend und fest. Jace stand wie eingefroren da und konnte den Blick einfach nicht von dieser abstrakten Vision eines Albtraums abwenden.
Insel | Bild von Vincent Proce
„Das Netzwerk versuchte, die Eldrazi einzudämmen, und tat damit genau das, wofür es erschaffen worden war“, sagte Ugin. „Ohne weitere Einmischung wäre ihm dies auch gelungen. Doch dann öffnete jemand – oder warst das auch du? – das letzte Schloss und setzte die allerletzte Sicherheitsvorkehrung außer Kraft.“
Das Schaubild zerfiel. Die Knoten zersprangen. Die Linien wurden wirr. Das Auge im Zentrum erlosch, sodass Jace Ugin dahinter sehen konnte.
„Dies ist der augenblickliche Zustand des Polyedernetzwerks“, sagte Ugin. „Das ist es, was uns zur Verfügung steht, Beleren. Wenn drei Planeswalker auf der Höhe ihrer Macht die Titanen der Eldrazi nicht töten konnten, obwohl die Polyeder vollständig intakt waren, was sollen wir beide dann deiner Meinung nach mit diesen kläglichen Überresten ausrichten?“
Jace knirschte mit den Zähnen. Genug davon. Genug.
„Du sprichst in Abstraktionen“, sagte er.
Er wirkte einen Gegenzauber, um Ugins Illusionen aufzulösen, und erzeugte ein paar seiner eigenen. Seetor in voller Blüte, so wie Jace es kurz nach dem Erscheinen der Eldrazi besucht hatte. Das Lager der Überlebenden, wie es vor wenigen Wochen gewesen war und wo sich die gleichen Gelehrten, deren Zahl und Hoffnung nun deutlich geschrumpft war, um ihre Feuer kauerten. Gideon, wie er hoch aufgerichtet den Menschen neuen Mut schenkte. Nissa, wie sie mit dem Land Zwiesprache hielt.
Bannzauber | Bild von Chase Stone
„Zendikar ist kein Rätsel, das es zu lösen gilt“, sagte Jace. „Es ist ein Ort. Es ist jemandes Heimat. Und diese Menschen sind da draußen, genau in diesem Augenblick, und kämpfen um ihre Welt und fragen sich, ob ihnen irgendjemand dabei helfen wird, das zu töten, was sie töten will.“
Er führte dem Drachen Szenen des Leids vor: Familien, die ihre Toten betrauerten, Landschaften, die von Ulamog verwüstet worden waren, und den Himmel und die Meere, wo es von Eldrazi nur so wimmelte.
Ugin neigte den Kopf. Die Polyederarchitektur der Kammer schien zu schmelzen und zu zerfließen, um zu einem Mosaik aus Drachen werden, die Jace von den Wänden aus verspotteten.
„So selbstsicher“, sagte Ugin. „Und so jung.“
Mit einem Mal war das Schaubild wieder da und verdrängte Jaces eigene Illusionen. Dann veränderte es sich erneut: Es wurde so weit wiederhergestellt, wie sein jetziger Zustand dies zuließ. Es hatte weniger Knoten und mehr scharf geschwungene Linien. Ein Muster. Eine Glyphe – rund, mit drei Punkten in gleichen Abständen um ihren Umfang herum. Er hatte die Glyphe noch nie zuvor gesehen, doch er verstand sie sofort. Leylinien. Wenn die Leylinien Zendikars sich in diese Form bringen ließen ...
„Man kann die Eldrazi einsperren“, sagte Ugin noch einmal. „Du sprichst darüber, sie zu töten, als wären sie nur Stubenfliegen. Das solltest du nicht – und das kannst du nicht.“
„Sag mir nicht, was ich nicht tun kann“, sagte Jace. „Sag mir lieber, was ich tun werde oder eben nicht tun werde. Ob man sie nun tötet oder einsperrt ... Was spielt das für eine Rolle? Keine. Ich kam hierher, um sie aufzuhalten. Genau wie du. Oder?“
Jaces Illusionen zerflossen und veränderten sich ohne sein Zutun, um von der riesigen Abstraktion des Polyedernetzwerks umfangen zu werden.
„Dein Wissen über die Polyeder“, sagte Jace. „Mein grundlegendes Wissen über Zendikar. Über einen Ort namens Seetor. Über die Menschen hier, und warum sie es wert sind, gerettet zu werden.“
„Belehre mich nicht darüber, was es wert ist, gerettet zu werden“, donnerte Ugin. „Es steht mehr als diese Welt auf dem Spiel – und sicherlich mehr als die Menschen, die zufällig hier und jetzt gerade ihr Leben leben. Du kommst zu mir und sprichst von der Bedrohung durch Ulamog. Aber vergiss nicht: Sie waren zu dritt. Und wenn die Eldrazi auf dem Vormarsch sind, schwebt das gesamte Multiversum in Gefahr. Das ist es, was ich retten will, Beleren. Das Multiversum in all seiner Unendlichkeit. Nicht die Menschen, mit denen du um eine Feuerstelle herum gesessen hast.“
Drache und Schaubild wurden eins und ragten hoch über allem auf. Linien und Knoten, Schwingen und Hörner, die Formen der Polyedern – und aus ihrer Mitte starrte ein einziges leuchtendes Auge herab. Jace erschauderte unter seinem Blick.
„Sag mir, was ich tun soll, Ugin. Sag mir, wie ich helfen kann.“
Das Auge pulsierte. Jace spürte eine Ohnmacht drohen.
Und dann waren sie fort: Ugins Illusionen, Jaces eigene, alles. Nur die Kammer und der Drache waren noch da.
„Du möchtest wirklich helfen?“
„Deshalb kam ich hierher“, sagte Jace. „Ich war an der Befreiung der Eldrazi nicht unbeteiligt. Wenn ich dazu beitragen kann, sie aufzuhalten, dann werde ich das tun.“
„Ich sagte schon vorhin, dass du nicht derjenige bist, den ich erwartet habe“, sagte Ugin. „Meine Verbündeten, jene beiden, die mir vor Jahrtausenden dabei halfen, die Eldrazi einzukerkern ... Sie sind nicht hier. Die eine ist verschwunden. Ich sandte den anderen aus, um sie zu finden. Seither hörte ich von keinem der beiden etwas. Sie werden dringend hier gebraucht. Hast du von einem Planeswalker namens Sorin Markov gehört?“
Bild von Igor Kieryluk
„Nein“, sagte Jace. „Sollte ich?“
„Nur wegen seiner Verbindung zu diesem Ort“, sagte Ugin. „Er ist mein einstiger Verbündeter und der selbsternannte Herr und Gebieter seiner Heimatwelt Innistrad.“
Das war einer von Lilianas Lieblingsorten. Jace selbst war jedoch nie dort gewesen.
„Davon habe ich gehört“, sagte Jace. „Man könnte sagen, dass ich dort selbst eine Verbündete habe.“
Man würde sich damit zwar etwas vormachen, dachte er, aber man könnte das so sagen.
„Gut“, sagte Ugin. „Sorin ist entscheidend für unsere Bemühungen. Wenn du helfen willst, dann finde ihn und bring ihn her, aber ... vertraue ihm nicht.“
„Was soll das heißen?“
„Das heißt“, sagte Ugin, „dass er ein selbstsüchtiges Wesen bleibt, auch wenn er vom Wohle aller spricht. Er kämpft nicht aus irgendeiner Anteilnahme für Zendikar heraus gegen die Eldrazi, sondern nur aufgrund eines sehr langfristig ausgerichteten Selbsterhaltungstriebs. Falls dringendere Angelegenheiten seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollten, könnten seine Prioritäten vielleicht nicht die deinen sein.“
Jace war sich nicht sicher, ob es an ihrer Langlebigkeit oder an ihrer Macht lag, doch ihm war aufgefallen, dass uralte Planeswalker etwas gemeinsam hatten: Sie waren allesamt vollkommen wahnsinnig.
„Was ist mit deiner anderen Verbündeten?“, fragte Jace.
„Nahiri, genannt die Lithomagierin“, sagte Ugin. „Eine Kor von Zendikar und die Beschützerin dieser Welt. Ich weiß nicht, wieso sie sie verlassen sollte, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihr fernbleiben würde, wenn ihr denn eine Rückkehr möglich wäre. Irgendetwas ist ihr zugestoßen. Falls du Sorin nicht finden kannst, dann finde sie.“
„Ich lasse Zendikar nicht im Stich“, sagte Jace. „Ich habe hier Freunde.“ Freunde. Ja. Das konnte man schon so ausdrücken. „Sie verlassen sich darauf, dass ich mit neuem Wissen über das Polyedernetzwerk zurückkehre. Es sei denn, du möchtest nach Seetor gehen und es ihnen selbst überbringen?“
„Nein“, sagte Ugin. „Ich werde hier gebraucht. Am Auge. Ich muss die zentrale Kammer wiederherstellen, damit meine Verbündeten das Netzwerk instand setzen und die Eldrazi erneut einsperren können.“
„Dann fürchte ich, dass deine Verbündeten sich selbst finden müssen“, sagte Jace. „Was kann ich hier tun?“
„Das Polyedernetzwerk ist beschädigt“, sagte Ugin. „Ulamog muss in die Enge getrieben werden. Man muss ihn festsetzen, in einem Kreis aus Polyedern. Werden deine Freunde dabei helfen, einen Eldrazititanen einzusperren, anstatt zu versuchen, ihn zu töten?“
„Ich denke schon“, sagte Jace, obwohl er sich dessen alles andere als sicher war. „Aber nur, wenn ich sie davon überzeugen kann, dass es die einzige Möglichkeit ist. Sie haben jede Menge Eldrazi sterben sehen. Und du hast mir noch immer nicht verraten, warum wir Ulamog nicht töten können.“
„Die Titanen der Eldrazi halten sich nicht im körperlichen Raum auf“, sagte Ugin. „Sie sind Kreaturen der Blinden Ewigkeiten, und dort müssen sie auch verweilen.“
„Bis sie sich körperlich manifestieren, meinst du?“
„Nein“, sagte Ugin. „Ich meine das, was ich gesagt habe. Ulamog befindet sich in den Ewigkeiten.“
„Was habe ich dann auf Seetor zuhalten sehen?“
„Einen Teil von ihm“, sagte Ugin. „Einen Fortsatz. Stell dir vor, du greifst mit einer Hand in einen Teich. Der Fisch unter der Oberfläche sieht ein fünfköpfiges Ungeheuer, aber nicht den Menschen, der dazugehört. Er hält eine Fingerkuppe für ein Auge, denn die Wahrheit liegt jenseits seiner Vorstellungskraft. Verstehst du?“
„Und als ihr sie eingesperrt habt ...“
„War es, als hätten wir die Hand festgenagelt“, sagte Ugin. „Der Mensch wird nicht sterben, aber er wird auch keine anderen Teiche mehr heimsuchen. Wenn wir Ulamogs körperliche Gestalt töten, wäre das, als würden wir die Hand abschlagen. Der Mensch wäre zwar verletzt, doch er würde überleben ... und er wäre frei.“
„Aber die Polyeder steuern nicht nur die Leylinien“, sagte Jace. Seine Gedanken rasten. „Sie speichern Energie. Riesige Mengen davon. So haben sie die Eldrazi überhaupt erst hierherlocken können, oder?“
Er hatte geraten, doch es schien eine vernünftige Annahme zu sein.
„Richtig“, sagte Ugin. „Worauf willst du hinaus?“
Jaces Gedanken überschlugen sich schier.
Wenn die Polyeder eine Anziehungskraft ausübten, konnte man diesen Effekt womöglich verstärken? Konnte er nicht dafür sorgen, dass die Eldrazi vollständig auf die materielle Ebene gezogen wurden, wenn man nur genügend Energie aufwendete? Wenn man einem Menschen erst einmal einen Nagel durch die Hand getrieben hatte, konnte man damit sehr viel mehr anfangen, als das Opfer nur festzuhalten. Man konnte es in den Teich hineinziehen. Und dann ...
„Ich ... Schon gut. Nicht so wichtig“, sagte Jace. „Entschuldige bitte. Ich versuche bloß noch immer, das alles irgendwie zu verstehen.“
Der Drache hatte seinen Standpunkt hinsichtlich des Tötens von Ulamog recht klar zum Ausdruck gebracht, und Jace selbst war sich ebenfalls etwas unschlüssig, ob es überhaupt eine gute Idee war. Er begriff nun, was es mit den Polyedern auf sich hatte. Er hatte die Glyphe gesehen. Wenn Ugin ihnen helfen würde, die Eldrazi einzusperren, dann war das immerhin ein Anfang. Und sollte sich die Gelegenheit ergeben, mehr zu tun ... dann wäre er bereit. Und Ugin womöglich nicht.
„Natürlich“, sagte Ugin. „In Anbetracht deiner Unerfahrenheit schlägst du dich deutlich besser, als ich es erwartet hätte.“
Das war als Kompliment gedacht. Jace beschloss, es als solches zu nehmen.
„Diese ... Metapher mit der Hand“, sagte Jace. „Sie beschreibt die drei Titanen. Was ist mit all den anderen? Werden sie ebenfalls befreit, wenn man sie tötet? Treiben jetzt Tausende von Eldrazi in den Ewigkeiten ihr Unwesen?“
„Stell dir vor, der Mensch streckt seine andere Hand in den Teich“, sagte Ugin. „Sieht der Fisch dann ein Monster oder zwei?“
Jaces Geduld für diese Art der Vermittlung von Wissen war nicht sehr groß, doch er versuchte dennoch, die Fragen des Drachen angemessen zu würdigen.
„Der Fisch sieht zwei Wesen“, sagte er nach einer Weile. „Aber sie gehören zu einem großen Ganzen.“
„Nun stell dir vor, der Mann hat hundert Hände“, sagte Ugin. „Oder eine Million.“
In Jace dämmerte eine Erkenntnis. Eine Woge der Übelkeit überkam ihn.
„Du willst mir sagen, sie sind miteinander verbunden. Ulamogs Brut sind nicht wirklich Ausgeburten. Sie sind ... Gliedmaßen.“
„Eher Zellen“, sagte Ugin. „Im Falle der größeren Exemplare auch Organe. Doch alle von ihnen sind entbehrlich – untergeordnete Formen des Lebens, die entstehen, ihre Aufgabe erfüllen und sterben oder reabsorbiert werden, ohne dass das große Ganze dadurch Schaden nehmen würde.“
„Es bringt also nichts, sie zu töten, außer dass es sie davon abhält, uns zu töten.“
„Letzten Endes nicht, nein“, sagte Ugin.
Jace fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Na schön“, sagte er. „Mehr muss ich im Augenblick nicht wissen. Ich bespreche deinen Plan mit meinen Freunden in Seetor. Ich werde versuchen, sie davon zu überzeugen, dass es der richtige Weg ist, Ulamog einzusperren.“
Ulamog, der unermessliche Hunger | Bild von Michael Komarck
„Du musst mehr tun, als es nur zu versuchen“, sagte Ugin. „Da das Polyedernetzwerk beschädigt und die Sicherheitsvorkehrungen zerstört sind, können die Titanen diese Welt jederzeit verlassen. Wenn Ulamog verwundet wird, könnte ihn das von Zendikar vertreiben, weg vom Polyedernetzwerk und damit fort von unserer größten Chance, ihn aufzuhalten. Du verstehst doch, warum das eine Katastrophe wäre, oder? Die Bewohner Zendikars sehen das jedoch vielleicht anders. Du musst deine Freunde davon abbringen, Ulamog direkt anzugreifen – und sie nötigenfalls sogar aufhalten.“
„Ich verstehe“, sagte Jace. „Ich werde es ihnen sagen.“
„Lass nicht zu, dass sie Ulamog von Zendikar vertreiben“, sagte Ugin. „Die Folgen wären entsetzlich, und dies allein rechtfertigt schon sämtliche Mittel, die nötig sind, um es zu verhindern.“
„Du hast dich deutlich ausgedrückt“, sagte Jace. „Ich werde Ulamog nicht entkommen lassen.“
Auf die eine oder andere Weise, dachte er.
„Viel Glück, Jace Beleren. Ich werde sicherstellen, dass meine Vorbereitungen abgeschlossen sein werden.“
„Ich werde bereit sein“, sagte Jace.
Jace wandte sich um, verließ das Auge von Ugin und trat ins Sonnenlicht. Er hatte einen Plan. Er hatte ein Ziel. Er war bereit.
Auf die eine oder andere Weise.
Planeswalker-Profil: Jace Beleren